FIDE-Album 2016 — 2018

Vorgestern fand ich im (präziser: neben dem) Briefkasten mein erstes Weihnachtsgeschenk in diesem Jahr: Das neue FIDE-Album 2016 — 2018.

Das ist wahrlich „schwere Literatur“ (beinahe 1,6 Kilogramm!), in der auf X + 899 Seiten (!) 1984 (!) Probleme aus dem Drei-Jahres-Zeitraum, darunter 112 (!) Retros, vorgestellt werden.

Mein besonderes Augenmerk liegt natürlich auf Teil H, den Retros. Dort finde ich es als besonders erfreulich, dass die Lösungen (durchgängig figurine Notation) relativ ausführlich gehalten sind und deren verständliche Wiedergabe teilweise durch Hilfsdiagramme unterstützt wird. Hierfür gilt dem „Indexer“ Thierry le Gleuher ganz besonderer Dank — ebenso wie Peter Gvozdjak, der diesen Luxus im Album umgesetzt hat. Dass der frühere Luxus dreisprachiger Lösungsangaben bei diesem Umfang schon länger nicht mehr beibehalten werden konnte (hätte sicherlich zusätzliche 150-200 Seiten eingebracht), ist völlig klar; die englischen Kommentare sind durchgängig gut verständlich.

Spannend finde ich immer, aus welchen Haupt-Quellen die aufgenommenen Stücke stammen. Bei den Retros nimmt Die Schwalbe mit 26 zitierten Aufgaben den Spitzenplatz ein, gefolgt vom leider nun eingestellten StrateGems mit 17. Aber auch vier Aufgaben aus den Retroblog-Thematurnieren haben den Weg ins Album gefunden.

Das Album ist traditionell technisch hervorragend gelungen (klare Diagramme, stabil wirkende Bindung, schweres Papier — nur ein Lesebändchen vermisse ich bei dem Umfang ein wenig) und kann zum (angemessenenen!) Preis von 54 € zzgl. Versandkosten etwa über Ralf Krätschmer, den Bücherwart der Schwalbe (ralf.kraetschmer[at]t-online.de] bezogen werden — dass es in den Fundus eines jeden Problemfreundes gehört, bedarf keiner zusätzlichen Erwähnung.

Natürlich werde ich noch auf das eine oder andere Stück aus dem Album, soweit ich es hier bisher noch nicht besprochen habe, eingehen.

Champagne-Turnier 2022

Das traditionelle Champagne-Turnier im Rahmen des diesjährigen WCCC, organisiert von Michel Caillaud, fordert in diesem Jahr zum Gedenken an den kürzlich verstorbenen Unto Heinonen Retros mit Allumwandlung. Der ausführliche Preisbericht kann über die aktuelle WFCC-Seite angeschaut werden.

Hier bringe ich “für zwischendurch” den 1. Preis der Beweispartie-Abteilung. Michel schrieb dazu u.a.: “A strike of brillancy was sufficient to place this problem before other problems with (presumably) more technical work.”

Igor Wereschtschagin
Champagne-Turnier 2022, 1. Preis, Rustam Ubaidullajew gewidmet
Beweispartie in 10,5 Zügen (11+13)

 

Fällt euch außer dem Thema und der Kürze noch etwas an der Aufgabe auf?

 

Klar, wie immer gibt es die Lösung, die ihr aber sicherlich rasch findet, in einer Woche hier.

Lösung


Noch einmal Michel: “Forgetting the stipulation, one could set a logical puzzle from the diagram: what is missing? A white Bishop on f8 of course! Bold and memorable.”

Retro der Woche 48/2022

Heute will ich schon einmal ein wenig vorgreifen und euch schon Appetit auf das Dezember-Doppelheft der Schwalbe machen.

Dort wird der erste Teil einer dreiteiligen Artikelserie von Silvio Baier erscheinen mit dem Titel „Orthodoxe Beweispartien mit je zwei Ceriani-Frolkins und Pronkins“. Der ist nicht nur extrem lesend- und studierenswert wegen der über 70 Aufgaben, die Silvio dort vorstellen wird, sondern auch, weil er uns Leser dabei einen Blick in seine Konstruktionswerkstatt werfen lässt.

Aus seiner Einführung:
„Es ist schon mehr als ein Jahrzehnt her, dass Nicolas Dupont, Roberto Osorio und ich eine syste- matische Auflistung der Future Proof Games (FPGs) vorstellten (https://www.dieschwalbe.de/hefte/schwalbe_250A_August_2011.pdf). In den Jahren 2014-2016 erschienen die FPG chronicles in StrateGems mit einigen Updates. Wenngleich ich auch viele andere FPGs (und auch andere Beweispartien) komponiert habe, galt dabei meine spezielle Liebe immer der Kombination aus Ceriani-Frolkin und Pronkin. Es handelt sich um zwei paradoxe Themen, die beide mit Umwandlungen zu tun haben (Ceriani-Frolkin-Thema = ein umgewandelter Bauer wird geschlagen; Pronkin-Thema = ein Originalstein wird geschlagen und auf dessen Ursprungsfeld durch einen in Art und Farbe gleichartigen Umwandlungsstein ersetzt) und die sich sehr gut ergänzen.“

Silvio Baier
Probleemblad 2018, nach Nicolas Dupont
Beweispartie in 27,5 Zügen (12+16)

 

Betrachten wir also das heutige Beispiel, in dem Aufsatz die Nr. 1. Vielleicht stellt ihr einfach schon mal erste Überlegungen zur Lösestrategie an? Ihr habt natürlich den Vorteil, dass ihr bereits das Thema kennt, mit diesem Wissen nach spezifischen Hinweisen für die Lösung suchen könnt. Silvio beschreibt dann auch die generelle Strategie zum Komponieren:

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Heinonen-Sonderheft

Auf den Tod von Unto Heinonen war ich hier schon eingegangen. Nun hat die finnische Problemzeitschrift Tehtäväniekka Unto das ganzes Heft 4/2022 gewidmet: Finnischer Text mir englischen Zusammenfassungen, viele Fotos, viele nachgedruckte Aufgaben, darunter auch zehn Beweispartien, zusammengestellt von Per Olin.

Nicht nur wegen dieser Beweispartien lohnt ein Blick in das Heft: auch in den anderen Rubriken werdet ihr sehr gute Aufgaben dieses so vielseitigen und großartigen Komponisten finden; viel Freude beim Stöbern!

Retro der Woche 44/2022

In meiner Jugend habe ich regelmäßig in der Adventszeit Erich Kästners „Das fliegende Klassenzimmer“ erneut gelesen. Heute hole ich auch ziemlich regelmäßig ein paar mich immer wieder faszinierende Retro-Aufsätze hervor, um darin zu lesen, zu lösen. Einer davon ist „The Pursuit of a Retrocage“ (“Die Verfolgung eines Retro-Käfigs“ — den Titel des bekannten Buches „Pursuit of a Theme“ von Walentin Rudenko paraphrasierend) von Andrej Kornilow und Andrej Frolkin, feenschach I-III/2009.

Hieraus möchte ich euch heute eine Aufgabe vorstellen und dabei gleichzeitig den thematischen Käfig vorstellen.

Andrej Frolkin
diagrammes 1998
Letzte 25 Einzelzüge? (13+13)

 

Drei sichtbare Schläge durch Schwarz, drei fehlende weiße Steine: Schwarz muss mit der Rücknahmen von Td2-d1+ beginnen — und damit steht das Grundschema des Käfigs auf dem Brett: wKc1, wDb1, sKa3, sTd2, alles natürlich „passend“ eingeklemmt: Hier bedarf es zweimaligen Schachschutzes, um den Kern dieses Käfigs aufzulösen: auf a2, damit Da1-b1 ohne illegales Retroschach zurückgenommen werden kann sowie nach Rücknahme von Kb1-c1 ein Schild auf c1, damit Td1-d1 zurückgenommen und damit der Käfig geöffnet werden kann.

In dem erwähnten Artikel stellen die beiden Autoren 72 (!) Ausgaben mit diesem „retro scheme which in all likelihood has become the most fruitful one in the history of retroanalysis“ vor und erläutern die verschiedenen Möglichkeiten der Variationen und auch Erweiterungen — für mich immer wieder faszinierende Lektüre, die ich euch nur ans Herz legen kann.

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11. WCCT – Aufgaben

Die bereits angekündigte Broschüre mit den Aufgaben des 11. WCCT ist mittlerweile erschienen und kann auf der WFCC-Seite angeschaut / herunter geladen werden. Die Aufgaben aller acht Abteilungen gibt es auch einzeln; hier der Link zur Retro-Broschüre.

Natürlich komme ich auf dieses Turnier noch zurück!

StrateGems als pdf-Dateien

Ich hatte ja bereits darauf hingewiesen, dass StrateGems mit Heft 100, nach 25 Jahren, sein Erscheinen einstelle. Heft 100 ist nun pünktlich wie immer erschienen, und darin kündigte Herausgeber Mike Prcic an, dass alle Hefte im pdf-Format ins Netz gestellt würden.

Das ist nun schon geschehen; die Hefte sind auf der StrateGems Seite verfügbar. Wer also online in alten oder neuen Heften schmökern möchte, das eine oder andere vielleicht herunterladen mag, kann das nun tun. Lesevergnügen auch jenseits der Retroanalyse ist immer garantiert!

Längenrekorde

Dmitrij Baibikov, Alain Brobecker & Thierry Le Gleuher haben eine aktualisierte Übersicht über die “letzte Züge?” Längenrekorde veröffentlicht, die ihr z.B. hier herunterladen könnt.

Das sind 30 Seiten sehr erbauliche Lektüre; die Rekorde werden nach Steinezahl und Typ (etwa Typ A: Kein König im Schach, es wird nicht gesagt, wer am Zug ist) sortiert; neben den Lösungen finden sich noch interessante Informationen zu Computertests, Lösungen, Updates zur vorherigen Übersicht, zu Referenzen, Namensindex und Retro-Internet-sites.

Natürlich lasse ich euch eine Aufgabe zum Lösen hier: Interessant, dass dieser 15-Steiner vom Typ A gleich 17 eindeutige letzte Einzelzüge zeigt, während der Rekorsd bei 14-Steinern vom Typ A bei sechs (!) liegt. Das sollte doch euren Ehrgeiz wecken?!

Dmitrij Baibikov
Length records, April 2009
Letzte 17 Einzelzüge? (7+8)

 

Natürlich gibt es hier in etwa einer Woche hier wieder die Lösung — viel Spaß!

 

Lösung

R: 1.Sd7-b8 h4-h3 2.Sf6-d7 h5-h4 3.Sg8-f6 h6-h5 4.g7-g8=S h7-h6 5.h6:Sg7 Se6-g7 6.h5-h6 Sc5-e6 7.h4-h5 Sa4-c5 8.h3-h4 Kb5-a5 9.h2-h3