Andernach-Treffen 2017

bernd ellinghoven teilt mit:

“Das 43. Treffen der Märchenschachfreunde in Andernach (wie immer am Himmelfahrts-Wochenende, also vom 25. bis zum 28. Mai 2017) findet wie (in den letzten Jahren) üblich im Ratskeller, Hochstrasse, in D-56626 Andernach statt.

Ausweich-Räumlichkeiten sind im benachbarten Restaurant Bellini vorhanden (z.B. für Schwalbe-Vorstandssitzung oder für kleinere Grüppchen); dort kann man natürlich auch trefflich Pizza essen.

Bitte Zimmer selbst buchen, Zdravko Maslar ist momentan nicht so belastbar.

Ansonsten wird alles seinen gewohnten Gang gehen (Komponieren, Lösen), wie Caissa es vorsieht.”

Ich freue mich drauf, viele von euch dort zu treffen!

Retro der Woche 09/2017

Feedback zu seinen Urteilen sollte jedem Preisrichter wichtig sein: Nur so kann er seine Wertungen und Reihungen selbst kritisch betrachten und womöglich hinterfragen.

Solch eine Feedback-Runde zur Diskussion der vorläufigen Bewertungen für das FIDE-Album führe ich gerade als Direktor der Retro-Abteilung mit den Richtern – nicht um die Einzelurteile anzugleichen, sondern damit wir alle die zum Teil deutlichen Abweichungen in der Bewertung gegenseitig verstehen: Jeder Richter muss natürlich zu seiner „Bepunktung“ stehen, muss sie verantworten!

Von einer anderen Art des Feedbacks berichtet in der aktuellen Schwalbe Bernd Gräfrath: Dort stellt er in seinem höchst lesenswerten Aufsatz „Nachtgedanken eines Preisrichters“ sechs Aufgaben vor, die er als Preisrichter nicht oder relativ niedrig ausgezeichnet hat, die dann aber ins FIDE-Album gelangten.

Schauen wir uns eines seiner Beispiele heute einmal an.

Nicolas Dupont & Michel Caillaud
Probleemblad 2005
Beweispartie in 20 Zügen (13+12)

 

Mit dem Zählen der sichtbaren schwarzen Züge sind wir sehr schnell fertig – wenn alle vorhandenen Steine auf ihren möglichen Ursprungsfeldern stehen, wir also eine Homebase-Position vor uns haben, ist die Summe halt stets null.

Bei Weiß schaut es anders aus: 4+3+2+4+3+4=20: Alle weißen Züge sind erklärt, auch wenn damit noch nicht alles eindeutig ist: Zum Bespiel wissen wir nur, dass der König in der minimalen Zügezahl nach g5 gelangt sein muss, aber noch nicht, auf welchem Wege.

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Werner Keym 75

Heute feiert Werner Keym in Meisenheim am Glan seinen 75. Geburtstag; dazu ganz herzliche Glückwünsche im Namen alles Retroblog-Freunde! Ich wünsche dir von Herzen alles Gute für dein neues Lebensjahr, weiterhin so viel Schaffenskraft wie gerade wieder in den letzten Jahren.

Dazu kann ich als Beispiel ja auf den neuen Beweispartie-Längenrekord verweisen – und auf meinen ausführlicheren Geburtstags-Artikel in der Februar-2017-Schwalbe.

Kein Glückwunsch ohne eine Beispielaufgabe; dafür habe ich ein nun schon 50 Jahre altes Stück herausgesucht, das eines von Werners Lieblingsgebieten (“Bosheiten” im Einzüger) behandelt:

Werner Keym
Schach-Echo 1967
#1 (15+5)

 

Die weißen Bauern haben alle fehlenden schwarzen Steine geschlagen, darunter auch [Bh7], der sich nach hxDg auf g1 umgewandelt hatte. Schwarz hat keinen letzten Zug, da R 1.– g7-g5 2.Sg5-f3+ (2. Sg5xXf3+??) zum Retropatt führt. Somit ist 1.fxg6ep#?? nicht die Lösung.

Also hat Weiß zuletzt gezogen, und der einzige Zug, der dann Schwarz einen letzten Zug ermöglicht, ist R 1.e2-e4; davor 1.– Ke4-f4.

Also ist Schwarz am Zug: 0.– dxe3ep 1.fxe3#.

Virtueller weißer ep-Schlag, realer schwarzer, und Weiß setzt matt.

Ad multos annos!

Retro der Woche 08/2017

Den zweiten Platz der Retro-Abteilung des 5. FIDE Worldcups (den ersten Platz hatte ich letzte Woche hier vorgestellt) belegte Nicolas Dupont mit einer Beweispartie.

Der dritte Platz ging an Andrej Frolkin mit einer tollen klassischen Auflöse-Aufgabe, die mich ähnlich begeistert hat wie Silvio Baiers Siegerstück.

Andrej Frolkin
5. FIDE World Cup in Composing 2017, 3. Platz
Erster Zug des sBa7? (15+12)

 

Bei Weiß fehlt nur ein Stein, der auf der c-Linie geschlagen wurde: bxXc. Bei Weiß sieht man zunächst nur einen Schlag, nämlich gxXh, aber da Schwarz neben bxc keinen Schlag mehr zur Verfügung hat, kommt sBd2 schlagfrei von d7. Daher haben [Bd2] und [Be2] überkreuz geschlagen, womit zwei weitere Schläge erklärt sind.

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Februar-2017-Schwalbe

Im Zusammenhang mit dem neuen Beweispartie-Längenrekord hatte ich ja bereits auf die Februarausgabe der Schwalbe hingewiesen. aber natürlich finden sich dort auch weitere Beiträge, die für uns Retrofreunde von besonderem Interesse sind:

Es gibt wieder neun Urdrucke (übrigens: Auch die Hobbyköche kommen da auf ihre Kosten), die zum Lösen und Kommentieren einladen. Neben dem Längenrekord stellt Werner Keym  auch noch “Rochade-Paradoxien: Wer auf sein Recht verzichtet, gewinnt” vor, bevor er selbst dann Inhalt eines Geburtstagsartikels ist. Bernd Gräfrath teilt mit uns seine “Nachtgedanken eines Preisrichters”, in denen er sich kritisch mit eigenen Urteilen auseinander setzt. Auf diesen Artikel werde ich hier noch zurückkommen. Und last but not least stellt Bernd Schwarzkopf Last-Move Überlegungen zu Schach-960 an.

Ihr seht also, dieses Heft lohnt wieder eine intensive Lektüre!

 

Raymond Smullyan

Am 6. Februar ist Raymond Smullyan im Alter von 97 Jahren (* 25. Mai 1919) verstorben. Raymond war ein sehr vielseitiger Mensch: Mathematiker und Logiker (er promovierte bei Alonzo Church), Konzertpianist, Philosoph und Zauberer.

Viele von uns hat er verzaubert und vielleicht gar zur Retroanalyse gebracht durch seine beiden Bücher “Die Schachgeheimnisse des Kalifen” und “Schach mit Sherlock Holmes”; beide sind nur noch antiquarisch zu bekommen.

In ihnen stellt er, eingekleidet in Orient- bzw. Detektiv-Geschichten, retroanalytische Probleme vor, die teilweise mit verschiedenen Bedingungen und Angaben zur Geschichte der Stellung verbunden sind. Gerade durch ihre Aufbereitung in Geschichten-Form und dadurch, dass die Aufgaben teilweise nicht allzu schwer zu lösen sind, haben sie viele Leser für die Retroanalyse interessiert.

Zum Gedenken an ihn eine seiner nicht so schweren Aufgaben zum Selbstlösen “für Zwischendurch”:

Raymond Smullyan
Schach mit Sherlock Holmes, 1979
Befinden sich Umwandlungsfiguren auf dem Brett? (15+14)

 

Retro der Woche 07/2017

Sehr schnell konnte Kostas Prentos seinen Preisbericht zur Retro-Abteilung des 5. FIDE World Cups erstellen: Es gab nur zwölf Einsendungen, von denen auch noch zwei defekt waren. Trotz der dünnen Beteiligung gibt es im Turnier zumindest drei ganz hervorragende Aufgaben.

Den ersten Platz – Tusch und herzliche Glückwünsche nach Dresden – belegte Silvio Baier mit seiner Beweispartie, die ich heute vorstellen möchte; dabei orientiere ich mich an den Anmerkungen von Kostas.

Silvio Baier
5. FIDE World Cup in Composing 2017, 1. Platz
Beweispartie in 30,5 Zügen (13+10)

 

Die drei fehlenden weißen Steine wurden von [Bd7] auf seinem Weg nach a2 geschlagen. Zählt man die weißen sichtbaren Züge 5+1+2+3+3+5=19, so stellt man fest, dass Weiß noch zwölf Züge frei hat. In denen kann er aber nicht [Bf2], [Bg2] und [Bh2] zur Umwandlung bringen, damit drei Umwandlungssteine geschlagen oder das originale Schlagopfer ersetzen können.

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Neuer Längenrekord!

Das heute erschienene Schwalbe-Februarheft wartet mit einer Sensation auf:

Andrej Frolkin und Werner Keym haben den Längenrekord eindeutiger Beweispartien verbessert!!

Sie haben dabei das Schema des bisherigen Rekords, der bei 57,5 Zügen stand (siehe PDB P0000136), genommen, und den beiden ist es in etwa achtmonatiger intensiver Arbeit gelungen, zwei weitere Halbzüge herauszukitzeln, womit sie den Rekord auf 58,5 Züge erhöhen!

Um mit Oliver Kahn zu sprechen: “Hier ist das Ding!”

Dmitri Pronkin, Andrej Frolkin, Werner Keym
Die Schwalbe 2017
Beweispartie in 58,5 Zügen (14+14)

 

In dem Schwalbe-Artikel erläutert Werner Keym die Lösung ausführlich; hier will ich sie unkommentiert wiedergeben in der Hoffnung, dass ihr euch ein wenig damit beschäftigt, um die Motivation einzelner Manöver herauszufinden. Die Autoren bitten übrigens darum, die Aufgabe intensiv zu prüfen!

1.a4 h5 2.a5 h4 3.a6 h3 4.axb7 hxg2 5.h4 d5 6.h5 d4 7.h6 d3 8.h7 dxc2 9.d4 a5 10.Lh6 c1=T 11.e4 Tc5 12.Se2 Th5 13.e5 c5 14.e6 Sc6 15.b8=T a4 16.Tb4 a3 17.Ta4 c4 18.b4 c3 19.b5 c2 20.b6 c1=T 21.b7 Tc4 22.b8=T Da5+ 23.T8b4 Lb7 24.Sbc3 O-O-O 25.exf7 e5 26.Tc1 Lc5 27.f8=T a2 28.Tf3 a1=T 29.Sa2 g1=D 30.Tfa3 Dg6 31.f4 De8 32.f5 g5 33.f6 g4 34.f7 g3 35.f8=T g2 36.Tf5 g1=T 37.Lf8 Tg7 38.Sg3 e4 39.Ld3 e3 40.O-O e2 41.T1c3 e1=T 42.Lc2 Te3 43.d5 T8d7 44.d6 Tdf7 45.d7+ Kb8 46.Dd6+ Ka8 47.Dc7 Sge7 48.d8=T+ Sc8 49.Td7 Thg8 50.h8=T Tae1 51.Th6 T1e2 52.T1f2 Tce4 53.Kf1 Ld4 54.Tfc5 Se5 55.Thb6 Sd6 56.Sf5 Sdc4 57.Sd6 Sb2 58.T3c4 Sf3 59.Db8+.

Wer nun die Geschichte der Beweispartie-Längenrekorde ein wenig nachverfolgen möchte, den lade ich zu einer Tour durch die PDB ein:

Es begann 1913 mit Thomas R. Dawson und 15,0 Zügen (P0002274), wobei er anmerkte “I expect this task to go much further.” — er sollte Recht behalten!

Nach dem 2. Weltkrieg beschäftigte sich Karl Fabel intensiv mit dem Längenrekord, und er fand ein sehr ergiebiges Schema und damit 1947 einen neuen Rekord von 41,5 Zügen (P0001427); dieses Schema haben dann Michel Caillaud 1982 auf 47,0 Züge (P0002337) und fünf Jahre später Karl-Heinz Bachmann auf 48,0 Züge (P0002277) gesteigert. Dann folgte 1989 der schon erwähnte Riesensprung auf 57,5 Züge, der nun 28 Jahre später um einen weiteren Zug überboten wurde.

Meine Frage nicht nur an Andrej und Werner: Haltet ihr 60 Züge für möglich? (Man wird doch noch träumen dürfen…)

Nachtrag 11.02.2017: Der vollständige Artikel zu dieser Aufgabe ist nun im Internet auf der Schwalbe-Seite (unter “Leseproben aus der Schwalbe”) aufrufbar.