Nach Hause…

Nicolas Dupont hat bei “chessproblems.ca” ein Thematurnier ausgeschrieben für Aufgaben mit der von ihm erfundenen Bedingung Back-Home (englischer Begriff, im französischen Original Retour) — und ich schlage vor, dass wir im Deutschen den französischen Original-Begriff verwenden.

Während E.T. nach Hause telefonieren wollte, müssen bei Retour-Aufgaben Steine, wenn dies legal möglich ist, auf ihr Ursprungsfeld in der Diagrammstellung ziehen, bei mehreren möglichen Retour-Zügen hat der Ziehende freie Auswahl. Für Umwandlungsfiguren gilt die Diagrammposition des Bauern, der sich umgewandelt hat.

Nach dem Willen des Erfinders hat diese Retour-Regel sogar Vorrang vor Schachgeboten; dies will ich an einem kleinen Beispiel erläutern: wTd1, wBf6, sKe8 — Schach in einem Zug, Retour.

1.Td8? ist kein Schachgebot, sondern nur eine Verführung, denn Weiß muss ja in seinem nächsten Zug zurück nach d1. Deshalb kann Schwarz ganz ruhig z.B. 1.– Kf8 ziehen, nicht jedoch 1.– Kd7??, denn dies wäre Selbstschach, da der König dem Turm seinen Rückweg nach d1 versperren würde. Somit löst nur 1.f7+, denn der Bauer kann nicht legal wieder nach f6 ziehen.

Ein Beweispartie-Beispiel aus der Ausschreibung:

Nicolas Dupont
J.-M. Trillon Gedenkturnier 2012, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 13,5 Zügen, Retour (16+15)

Lösung: 1.e4 a5 2.e5 a5 3.e6 Ta5 4.La6 (versperrt den Rückweg) 4.– Te5+ 5.Se2 d5 6.0-0 Dd6 7.exf7+ Kd7 (die sD kann nun nicht nach Hause) 8.f4 Db6 (nicht sofort 8.– Kc6?? — und warum nun noch nicht 9.Kf2?) 9.f5 Kc6 (Und nun beginnt das Aufräumen bei Weiß.) 10.Kf2 Kb6 11.Th1 Ka7 12.Sg1 Ka8 13. Lf1 Ld7 14.Ke1.

Das Turnier ist in drei Gruppen ausgeschrieben, die dritte fordert Beweispartien, Richter hierfür ich Michel Caillaud. Die genaue Ausschreibung könnt ihr bei chessproblems.ca herunterladen, die Einsende-Formalitäten und Termine findet ihr wie üblich auch im Problemschach-Kalender.

Nun viel Spaß mit Experimenten mit dieser interessanten neuen Märchenart!

Retro der Woche 27/2013

Wenn wir hier im Blog bisher über Verteidigungsrückzüger gesprochen haben, dann quasi ausschließlich über den Typ Proca: Hier entscheidet die zurück nehmende Partei über die Art eines möglichen Entschlags.

Im Typ Høeg, der etwa gleichzeitig mit dem Proca-Typ etwa 1923/24 entstanden ist, entscheidet die Gegenseite über die Art eines möglichen Entschlages; in beiden Fällen müssen solche entschläge selbstverständlich wieder zu legalen Stellungen führen.

Der große Thomas R. Dawson meinte, der Høeg-Typ sei logischer und für Probleme besser geeignet als der Proca-Typ, doch nachdem beide Typen gut 50 Jahre mehr oder weniger im Dornröschenschlaf verbracht hatten, begannen in den späten 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mehrere Komponisten, sich intensiver mit dem Proca-Typ zu beschäftigen; hier muss ganz besonders Wolfgang Dittmann erwähnt werden, aber auch Nikita Plaksin.

Im Wolfgang-Dittmann-Geburtstagsturnier sind nun Vertreidigungsrückzüger (VRZ) mit logischem Inhalt gefordert; explizit beschränkt dies sich nicht auf den Typ Proca. Darum möchte ich hier und heute einen Høeg-VRZ vorstellen, der trotz der Zuglänge nicht allzu schwer zu durchschauen ist:

Per Grevlund
feenschach 1974, 1. ehrende Erwähnung
#1 vor 7 Zügen, VRZ Høeg (4+3)

Zieht wSh8 beliebig, so kann Schwarz auf h8 z.B. eine schwarze Dame entschlagen und damit seine Verteidigungskräfte signifikant stärken. Andererseits darf auch Schwarz nicht einfach seinen Springer ziehen, denn dann reagiert Weiß ebenfalls mit dem Entschlag einer Dame und setzt damit dann sofort matt.
Weiterlesen

StrateGems wieder im Netz

Lange Zeit war die Zeitschrift der US-amerikanischen Problemschachvereinigung “Good Companions”, StrateGems, nicht über das Internet zu erreichen; nun ist die Site wieder online: Hier ist der Link.

Hier werden im Moment die Mitarbeiter vorgestellt, es können aktuelle Preisberichte herunter geladen werden, die einzelnen Abteilungen stellen sich vor; selbstverständlich gibt es Errata- und News-Bereiche, und auch ein Buchversand ist anschlossen.

Schaut mal vorbei!

Retro der Woche 26/2013

Gerald Ettl aus Meitingen am Lech (ca. 20 Kilometer nördlich von Augsburg) ist ein sehr vielseitiger Problemist: Er hat nicht nur als Komponist ein sehr breites Spektrum von neudeutschen Aufgaben über Märchenschach bis zu Retros, sondern tut auch sehr viel für die Popularisierung des Problemschachs. Er betreibt eine eigene Website, auf der er u.a. regelmäßig hauptsächlich eigene Aufgaben mit Videos vorstellt — das lohnt sich, da einmal vorbei zu schauen.

Darüber hinaus stellt er die Ausgaben des Münchener Problemkreises zum Anschauen und Herunterladen zur Verfügung, und er hat eine Problemschach-Datenbank entwickelt, die er als Open Source Programm zur Verfügung stellt.

Eines seiner jüngeren Retro-Probleme möchte ich heute präsentieren:

Gerald Ettl
feenschach 2012, Andrej Kornilow in memoriam
Letzte 24 Einzelzüge? (15+12)

Beginnen wir wieder mit der Schlagbilanz: Bei Weiß fehlt nur ein Stein (der [wLc1]), daher kann Schwarz keine Bauernschläge am Damenflügel vorgenommen haben: Bei der schwarzen Bauernstruktur wären mindestens zwei Schläge erforderlich. Also erfolgten vier Schläge durch Weiß, die sofort alle fehlenden schwarzen Steine erklären: b2xa3, c5xd6, axb, b4xc5, und auch axb ist eindeutig: Da alle anderen Schläge auf schwarzen Feldern erfolgen, aber auch der [sLc8] fehlt, muss der auf b3 geschlagen worden sein. Wir können also axb durch a2xLb3 konkretisieren.
Weiterlesen

Noch ein Thematurnier

Nachdem ich in den letzten Tagen bereits die Thematurniere zum 60. Geburtstag von Marco Bonavoglia und zum 80. Geburtstag von Wolfgang Dittmann angekündigt hatte, hat feenschach nun auch ein Turnier zur Feier des 70. Geburtstags von René J. Millour ausgeschrieben. das in allen Gattungen (orthodox und Märchenschach), selbstverständlich auch in Retros Aufgaben mit Umwandlungen fordert.

Die Ausschreibung zusammen mit einem Aufsatz des Jubilars, der das Turnier richten wird, könnt ihr von der feenschach-Seite herunterladen.

Eure Einsendungen richtet bitte bis zum 18. März 2014 an Hans Gruber per E-Mail (hg.fee(AT)t-online.de). Viel Spaß und Erfolg!

Retro der Woche 25/2013

Das kürzlich erschienene FIDE-Album 2004-2006 ist mit insgesamt 1.367 Aufgaben das umfangreichste aller Zeiten, wenn man von dem retrospektiven “Elf-Jahres-Album” 1945-1955 absieht.

Bekanntlich vergeben drei Richter unabhängig voneinander in Halbschritten 0 bis 4 Punkte für jede Aufgabe, so dass maximal 12 Punkte erreicht werden können. In diesem Album gelang das nur drei Stücken — kurioserweise allesamt Hilfsmatt-Zweizüger, obgleich doch gerade diese Gattung schon lange tot gesagt wird. Aber wurden das nicht orthodoxe Zweizüger auch schon oft, wurden das nicht auch kurzzügige Selbstmatts?

Von den 77 Retros in diesem Album erhielt unser heutiges Retro der Woche als einziges 11,5 Punkte und war damit sehr nahe am Maximum.

Michel Caillaud
Kostas Prentos 40 Turnier 2006, 1. Preis
Beweispartie in 19,5 Zügen (12+12)

Auf beiden Seiten fehlen vier Steine: Bei Weiß die vier Damenflügel-Bauern, bei Schwarz neben den drei Bauern noch ein Springer. Zählen wir wie üblich die Züge, so sehen wir, dass Schwarz alle 19 benötigt, um seine Steine in die Diagrammstellung zu bringen: Egal, wie sK und die sTT gezogen haben, brauchen sie zusammen immer sieben Züge, und die anderen zwölf werden von den anderen schwarzen Steinen komplett benötigt.
Weiterlesen

WD80 – Glückwünsche von Klaus Wenda

Dass die Glückwünsche von Klaus Wenda zu Wolfgang Dittmanns 80. Geburtstag mit einem Tag Verspätung hier erscheinen, liegt nicht an Klaus, sondern ausschließlich an mir: Er hatte mir seinen Beitrag, den ihr hier herunterladen könnt, zusammen mit dem Widmungs-Urdruck schon vor einigen Wochen geschickt, nur ich habe ihn gestern vergessen hier einzustellen. Klaus, gut dass du nachgefragt hast…

Das Widmungsstück, das in Klaus’ Artikel natürlich mit Lösung erscheint, bringe ich hier ohne weitere Angaben zum Selbst-Lösen:

Klaus Wenda
Urdruck, Wolfgang Dittmann zum 80. Geburtstag gewidmet
-5 +#1, VRZ Proca Antcirce

Wolfgang Dittmann 80

Heute, am 14. Juni 2013, feiert Wolfgang Dittmann seinen 80. Geburtstag. Dazu richten übrigens Die Schwalbe und feenschach gemeinsam ein Jubiläumsturnier aus; die Ankündigung findet ihr auch hier im Blog.

Mit knappen Worten stellt Wolfgang Dittmann sich in seinem Buch Der Blick zurück selbst vor: „Geboren am 14. Juni 1933 in Hamburg, Studium der Germanistik und Theologie ebenda. Promotion in der Altgermanistik 1960. Habilitation 1968. Professor für Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Freien Universität Berlin seit 1970. Heirat 1987. Zwei Töchter. Emeritierung 1998.“

Eigentlich heißt es, Eulen nach Berlin-Zehlendorf zu tragen, aber einige der  großen Verdienste von Wolfgang Dittmann um das Problemschach in Deutschland und um die Retroanalyse müssen hier aufgeführt werden. Weiterlesen