René J. Millour 18.6.1943–18.6.2024

Wieder ein Riesenverlust für die gesamte Problemschachwelt: Gestern Abend habe ich erfahren, dass am letzten Dienstag, an seinem 81. Geburtstag, René Jean Millour verstorben ist.

In allen Bereichen des Problemschachs zuhause hat er gerade auch uns Retrofreunde mit vielen extrem eleganten, aber gleichzeitig hochkomplexen Märchenretros begeistert; besonders mit monochromem Schach, mit Alice-Schach, mit dem Imitator und Mars-Circe, seiner eigenen Erfindung (Der Schläger wird VOR seinem Schlag circensisch wiedergeboren; nur von seinem Ursprungsfeld aus kann er schlagen).

Alle, die René persönlich kennenlernen durften, sei es in Andernach, sei es bei WCCC-Treffen, werden ihn auch menschlich vermissen, und allen kann ich nur empfehlen: Vertieft euch in die eine oder andere (Retro-)Aufgabe von René, z.B. aus seinem Buch „Subtleties on 64 Squares“ (Editions FEE=NIX, Band 13, 2015). Ich werde auf das ein oder andere Retro von ihm in der nächsten Zeit sicher noch zurückkommen.

Wegen der hohen Komplexität quasi all seiner Märchenretros habe ich „Für zwischendurch“ heute einen leichten, eleganten und humorvollen orthodoxen Dreizüger (!) ausgesucht, viel Spaß damit!

René J. Millour
Thema Danicum 1989, Lob
Matt in 3 Zügen, 2 Lösungen (6+4)

 

Wie immer gibt es die Lösung in etwa einer Woche hier.

 

 

Lösung

1.Ta1! g2 2.La2 Kxa6 3.Lc4#
1.Le2! g2 2.Tad3 Kxa6 3.Ta3#

Zwei reziproke Inder mit Rückkehr des Sperrsteins im Mattzug — höchst elegant!

Bedrich Formánek

Bereits im November letzten Jahres ist Bedrich Formánek (6.6.1933 – 19.11.2023) im Alter von 90 Jahren verstorben. Er hat Problemschach in allen Facetten gelebt: Er war Präsident und Ehrenpräsident der WFCC, war die “Über-Person im slowakischen Problemschach, hat viele Artikel und Bücher verfasst, war angesehener Preisrichter und hat natürlich komponiert, darunter auch einige Retros. Die zeichnen sich alle durch Witz und Charme aus, sind alle Werbung fürs Problemschach und speziell die Retroanalyse.

Ein hübsches Stück, die wohl erste “Duplex-Beweispartie” (Duplex: Die Problemforderung muss sowohl mit weißem wie mit schwarzem Anzug erfüllt werden), möchte ich euch für zwischendurch zum Lösen anbieten:

Bedrich Formánek
Die Schwalbe 1984, 5. Lob
Beweispartie in 3 Zügen, Duplex, Circe (16+16)

 

Wie immer findet ihr hier die Lösung in etwa einer Woche.

 

Lösung

Weiß zieht an: 1. e4 a6 2. Lxa6[Ba7] Sxa6[Lf1] 3. Sf3 Sb8
Schwarz zieht an 1. f5 e3 2. f4 e4 3. f3 Sxf3[Bf7]

Der Hinweis von Joost ist natürlich berechtigt, die Forderung muss “Beweispartie in exakt 3 Zügen, Duplex” lauten, denn in zwei Zügen löst jeweils Sf3 und e4 und eine schwarze Springerrückkehr völlig ohne Circe, Witz und Eindeutigkeit.

bernd ellinghoven

Heute Nachmittag erhielt ich die erschütternde Nachricht, dass bernd ellinghoven in der letzten Nacht, knapp drei Monate nach seinem 70. Geburtstag, verstorben ist.

Wir alle wussten um seinen schlechten Gesundheitszustand, aber in den letzten Wochen hatte ich gehofft, dass bernd –auch wegen seiner wieder intensiveren Beschäftigung mit Problemschach, mit seinem feenschach — wieder neuen Lebensmut gewonnen hätte, und das hatte mich eigentlich ein wenig optimistisch für die Zukunft gemacht.

bernd hat vor 30 Jahren, nach dem Tod von Peter Kniest, seinem Lehrmeister, die Herausgabe von feenschach übernommen, die Zeitschrift zu einer einmaligen Quelle für alle Märchenschachfreunde weiterentwickelt — weit über Circe und Nachtreiter hinaus zu einer Kulturzeitschrift. Die Veröffentlichung der letzten Hefte hatte sich auch wegen bernds Erkrankung deutlich verzögert, nun aber sind sie kurz davor, fertig zu werden.

bernd hat Problemschach gelebt wie kaum ein anderer: Wie erwähnt 30 Jahre lang feenschach-Herausgeber, ähnlich lange deutscher Delegierter bei der Welt-Problemschach-Kommission, die ihn deshalb in diesem Jahr zum Ehrenmitglied der Kommission ernannt hat, ebenso lange damit Vorstandsmitglied der Schwalbe, Jahrzehnte langer Drucker und Versender für die Schwalbe und viele andere Schachzeitungen — dafür wurde er nicht nur von der WFCC geehrt, er war Herausgeber einer grandiosen Problemschach-Bücherserie (Edition FEE=NIX), er war wegen seiner riesigen Verdienste um das Problemschach schon lange Ehrenmitglied der Schwalbe und der BPCS, erhielt anlässlich seines 70. Geburtstags die silberne Ehrennadel des Deutschen Schachbundes.

bernd wird für alle, die ihn kannten, die seine Liebe für das Problemschach teilten, unvergessen, unersetzlich bleiben!

Peter van den Heuvel 28.09.1968 – 29.08.2023

Auf seiner Vor-WCCC-Urlaubstour in Georgien ist Peter van den Heuvel am 29. August ganz plötzlich verstorben. Noch am 29. hatte er morgens ein Foto des Kazbek-Berges auf Facebook gepostet, von seinem Ausflug nach Stepanzminda, Mzcheta-Mtianeti. An dem Tag wollte er weiterreisen …

Ich kannte Peter hauptsächlich von seinen diversen Andernach-Besuchen, auch beim WCCC in Dresden 2017 war er, wurde Dritter beim Retro-Löseturnier. Peter wurde nicht einmal 55 Jahre alt.

Peter war bei Probleemblad viele Jahre lang Sachbearbeiter für Märchenschach und Retros, vor allen Dingen war er aber ein hervorragender Löser (Internationaler Meister seit 2002): Er war neun Mal niederländischer Lösemeister (Gewinner der ersten Lösemeisterschaft 1995, also noch als Twen, er ist auch amtierender Meister). Als Komponist hat er sich überwiegend mit Retros und dort mit (auch märchenhaften) Beweispartien beschäftigt; “für Zwischendurch” und zu seinem Gedenken lade ich euch ein, diesen hübschen Zweispänner zu lösen:

Peter van den Heuvel
Champagne-Turnier 1998, 1.-2. Preis
Beweispartie in 9 Zügen, zwei Lösungen (14+15)

 

Wie immer findet ihr hier in der kommenden Woche die Lösung.

 

Lösung


Schöner Funktionswechsel von [Lf1] und [Sg1].

Paul Bissicks

(20.2.23: Nachtrag des Geburtsdatums)
Wie ich erst gestern erfahren habe, ist Paul Bissicks (geboren am 25. Mai 1952) bereits im Januar verstorben; die Information über sein Geburtsdatum hat mir nachträglich Rainer Kuhn gegeben.

Er war ein engagierter Mitarbeiter des Problemist, der sich als Komponist auf „fuddled men“ (Ein Stein darf im nächsten Zug nicht noch einmal ziehen) sowie „growing“ bzw. „shrinking men“ (Der Zug eines Steins darf nicht kürzer bzw. nicht länger sein als sein eigener letzter).

Die kann zu ungewöhnlichem Spiel, zu ungewöhnlichen Mattbildern führen, aber auch zu interessanten Retros (eigentlich hat jede Aufgabe mit diesen Bedingungen Retro-Charakter).

Eine Beweispartie in Co-Produktion mit Bernd Gräfrath, der sich ebenfalls intensiv mit diesen Bedingungen beschäftigt, möchte ich euch präsentieren, die sicher nicht allzu schwer zu lösen ist:

Paul Bissicks & Bernd Gräfrath
The Problemist 2019
Beweispartie in 8 Zügen, shrinking men (15+15)

 

Wie immer findet ihr die Lösung in etwa einer Woche hier.

 

Lösung

1.g4 f5 2.gxf5 e6 3.f6 Ld6 4.f7 Dg5 5.f8=T+ Kd8! (Ke7?) 6.Tf7 Dg2 7.Tf6 Dxh1 8.Lg2 Ke8

Phoenix-Turm, Rückkehr des Königs.


Marco Bonavoglia 14.5.1953 — 5.12.2022

Eine ganz traurige Nachricht fand ich eben in Facebook: Marco Bonavoglia ist heute Morgen in seiner Heimatstadt Mailand verstorben.

Gern erinnere ich mich an seine früher regelmäßigen Besuche in Andernach: Ein sehr angenehmer Gesprächspartner weit über das Problemschach hinaus; an seiner sonoren Stimme konnte man ihn sofort erkennen.

(Nicht nur Problem-)Schachlich vielseitig interessiert galt seine Liebe stark den Retros, wo er besonders gern und erfolgreich Märchen-Beweispartien komponierte — natürlich ein ideales Beschäftigungsfeld gerade für Andernach. Ein wie ich finde sehr hübsches Beispiel mit doppelter Homebase möchte ich euch zu seinem Gedenken zeigen, euch einladen, selbst zu lösen: Schwer ist es nicht!

Marco Bonavoglia
eteroscacco 1996
Beweispartie in 6,5 Zügen, Monochromes Schach (15+12)

 

Das wurde übrigens zwölf Jahre später steingetreu in Mat Plus nachempfunden.

Natürlich gibt es die Lösung hier wieder in etwa einer Woche.

Lösung


Sehr zugökonomischer Pronkin!

Heinonen-Sonderheft

Auf den Tod von Unto Heinonen war ich hier schon eingegangen. Nun hat die finnische Problemzeitschrift Tehtäväniekka Unto das ganzes Heft 4/2022 gewidmet: Finnischer Text mir englischen Zusammenfassungen, viele Fotos, viele nachgedruckte Aufgaben, darunter auch zehn Beweispartien, zusammengestellt von Per Olin.

Nicht nur wegen dieser Beweispartien lohnt ein Blick in das Heft: auch in den anderen Rubriken werdet ihr sehr gute Aufgaben dieses so vielseitigen und großartigen Komponisten finden; viel Freude beim Stöbern!

Zdravko Maslar (26.10.1932 – 24.04.2022)

Heute Morgen habe ich erfahren, dass Zdravko Maslar am Sonntag nach kurzer Krankheit in Belgrad verstorben ist. Mein tiefes Mitgefühl gilt Sohn Milan mit Familie.

Über „Pile“, wie er für alle Freunde hieß (nach seinem serbischen Geburtsort Pilatovići) muss ich sicher nicht viel Allgemeines schreiben: Viele kennen ihn als großartigen Gastgeber der Andernacher Märchenschachtage, die er 1975 zusammen mit Peter Kniest aus der Taufe gehoben und bis zur Schließung seines Balkan-Pik in Andernach so wunderbar wie ein Familien- und Freundetreffen organisiert hatte. Ich selbst kann mich noch sehr gut an meinen ersten Andernach-Besuch vor 40 Jahren (!) erinnern; für mich waren die Tage in Andernach bei Pile mit seinen/meinen Freunden immer wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen.

Darüber hinaus war Pile ein begnadeter Komponist, der großartige Hilfsmatts und Serienzüger, das waren seine wichtigsten Kompositionsgebiete, speziell mit Häufungs- und Rekordthemen gebaut hat. Immer wieder faszinierend, wie er solchen Aufgaben in bemerkenswert eleganter Form aufs Brett zaubern konnte – wodurch man leicht übersehen konnte, dass solche Aufgaben häufig monate- oder jahrelange Arbeit bereitet haben.

In Atelier 64 (EDITIONS FEE=NIX) hat er im Jahr 2016 seine 180 eigenen Lieblingsaufgaben veröffentlicht – „Ausgewählte Schachaufgaben, kommentiert von meinen Freunden“. Hieraus möchte ich – über den Zaun blickend – zur Erinnerung an Pile eine der Aufgaben zitieren, die ich für das Buch kommentieren durfte.

Viel Freude beim Lösen im Gedenken an einen großen Problemisten und Freund!

Zdravko Maslar
Die Schwalbe 2005
h#4 – b) +wSf1>g3 (2+8)

 

 

Die Lösung kommt hier wie immer in etwa einer Woche.

Lösung

a) 1.Lh3 Sxe3 2.Kh2 Sf5 3.Th1 Sg3 4.Lg1 Sf1#
b) 1.e2! Sxe2+ 2.Kf1 Sf4 3.Lg1 Sh5 4.Tf2 Sg3#

Das habe ich in Atelier 64 so kommentiert:
“Heutzutage sind wir verwöhnt und kritisch: Ein Rundlauf muss schlagfrei erfolgen! Aber auch dort darf man natürlich nicht dogmatisch sein, wie dieses hübsche Stück zeigt, denn hier ist der Schlag thematisch!
Der Bauer auf e3 stört den Weg des schwarzen Läufers und muss daher verschwinden. In a) erfolgt dies traditionell durch direktes Wegschlagen; in b) aber funktioniert das nicht, also muss er selbst ziehen. Dabei aber verstellt er seinen eigenen Turm und muss deshalb auch verschwinden! Dies verbindet dann auch die beiden Teile – neben der thematisch hervorragend passenden Zwillingsbildung durch Versetzen des Rundläufers gerade in Springerdistanz – zu einem ungewöhnlichen, hoch originellen Stück.”