Lesestoff

Auf der Website der Schwalbe ist in den letzten Tagen sehr interessanter Lesestoff eingestellt worden:

Viel Spaß beim Schmökern!

Retro der Woche 52/2020

Kürzlich hatte ich schon auf die vielen Beiträge im Dezember-Doppelheft der Schwalbe hingewiesen, die für uns Retro-Freunde besonders interessant sind. Darunter ist „natürlich“ auch der Preisbericht der 2015er Urdrucke von Mario Richter.

Den 1. Preis von Nicolas Dupont und Silvio Baier hatte ich bereits im Retro der Woche 33/2019 vorgestellt: die volle Punktzahl hat er im FIDE-Album erhalten.

Heute soll es nun um den 3. Preis gehen, ein deutlich kürzeres Stück, das damit hoffentlich auch mehr zum Selbstlösen einlädt?!

Silvio Baier
Die Schwalbe 2015, 3. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (13+13)

 

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Retro der Woche 46/2020

Ein wichtiges Ziel beim Komponieren von Beweispartien ist für viele, in der Diagrammstellung möglichst wenig von Inhalt und Thema zu verraten; dies ist etwa der Hauptgrund für die Beliebtheit von Umwandlungsthemen, bei denen der Umwandlungsstein oder sein „originales Gegenstück“ verschwindet. Ähnlich ist es mit Platzwechseln, Rundläufen und Rückkehren, ähnlich ist es mit „Betrüger-Steinen“, die den (falschen) Anschein erwecken, als stünden sie schon ursprünglich auf diesem Feld (als Bauer: kämen sie von dieser Reihe), kommen aber von einem anderen Feld, einer anderen Reihe.

Wenn ihr die heutige Beweispartie gelöst oder durchgespielt habt, möget ihr doch für euch entscheiden, ob die Autoren beim Komponieren auch dieses Ziel vor Augen hatten — ob sie es dann erreicht haben?

Etienne Dupuis & Michel Caillaud
Probleemblad 2000
Beweispartie in 20 Zügen (13+14)

 

Zählen wir zunächst die sichtbaren Züge, so entdecken wir bei Weiß gerade einmal drei (bxc3 sowie Lf1-h3-g4). Bei Schwarz sind es einige mehr: 1+2+0+1+2+8=14.

Merkwürdige Zählerei bei Schwarz für Läufer und Bauern? Nun, [Lc8] wurde offensichtlich zu Hause geschlagen (dafür brauchen wir natürlich weitere Züge von Weiß!), Le4 ist also ein offensichtlicher Phönix, muss also durch Umwandlung entstanden sein. Und minimal hat er anschließend einen Zug gemacht, um nach e4 zu kommen.

Es fehlt nur ein schwarzer Bauer, der [Lc8] durch Umwandlung ersetzt haben kann: [Bh7].

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Retro der Woche 29/2020

Am letzten Dienstag haben wir an dieser Stelle Dmitri Pronkin zum 60. Geburtstag gratuliert, und heute möchte ich euch von ihm eine weitere Aufgabe aus der Pionierzeit der Beweispartie vorstellen, die mir auch heute noch mehr als reizvoll erscheint.

Dmitri W. Pronkin
Themes-64 1985-1986, 1. Preis
Beweispartie in 23,5 Zügen (14+16)

 

Schwarz ist noch mit allen Mann an Bord vertreten, bei Weiß fehlen zwei Bauern; da sie nicht geschlagen haben können, sind dies [Bb2] und [Bg2]. Die aber können nicht direkt geschlagen worden sein, sondern müssen umgewandelt haben, um sich entweder auf der sechsten Reihe geopfert zu haben oder den Originalstein zu ersetzen, der dort geschlagen wurde.

Mindestens ein Originalstein musste geschlagen werden, denn anders kann ja zumindest der erste Bauer nicht zur Umwandlung gekommen sein.

Zählen wir erst einmal die sichtbaren schwarzen Züge, wobei wir die schwarze lange Rochade voraussetzen, da sie das Herausspielen signifikant beschleunigt: Das sind 4+3+3+6+1+3=20 — drei Züge sind also frei?!

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Dmitri Pronkin 60

Heute feiert einer der Pioniere der Beweispartien einen runden Geburtstag: Der Ukrainier Dmitri Pronkin vollendet heute sein 60. Lebensjahr; herzlichen Glückwunsch dazu!

Schon lange habe ich keine neue Aufgabe mehr von Dmitri gesehen, und über sein Leben – er hat zumindest eine Zeitlang auch in Deutschland gelebt – ist mir quasi nichts bekannt.

Dafür sind seine Aufgaben allesamt auch heute noch anschauens- und lösenswert: Wer verbindet mit seinem Namen nicht ein sehr fruchtbares Beweispartien-Thema – und wer kennt nicht seinen gemeinsam mit Andrej Frolkin gebauten Längenrekord aus dem Jahr 1989 P0000136?

Den solltet ihr zur Feier das Tages sowieso genießen, und bei einem Gläschen Bier/Wein/Whisky/Mineralwasser je nach Präferenz die folgende Aufgabe lösen: ein granidioser Zwilling!

Dmitri W. Pronkin
Die Schwalbe 1985, 1. Preis
Beweispartie in 12,5 Zügen, zwei Lösungen (15+14)

 

Viel Spaß beim Lösen; wie immer findet ihr die Lösung hier in etwa einer Woche.

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Lösung

Großartig : 2x Pronkin-Thema, Homebase, einmal mit, einmal ohne Rochade. Was würde Franz Beckenbauer sagen? „It‘ a classic!“

11. WCCT

Erst hat es so lange gedauert, und dann ging es doch schneller als angekündigt: Die Ausschreibung zum 11. WCCT (World Chess Composition Tournament) ist heute veröffentlicht worden.

Der deutsche Captain Frank Reinhold wird noch eine spezielle Aufbereitung machen, worin dann auch die deutschen “Abteilungsleiter” und organisatorische Details bekannt gegeben werden. Ich kann aber bezüglich Retro schon verraten, dass ich wieder als Ansprechpartner und soweit erforderlich Koordinator zur Verfügung stehen werde. Wer also gern sich auf das Retro-Thema stürzen möchte, möge damit schon anfangen und sich gern bei mir melden.

Auch bei diesem WCCT wird Deutschland wieder die eingesandten Retros mit bewerten; wer gern mitrichten möchte, kann mir auch dazu schon Bescheid geben!

Retro der Woche 11/2020

Bleiben wir noch etwas in den 1980er Jahren, als sich die Beweispartien langsam zu einem wichtigen, die kommenden Jahre dominierenden Bereich der Retroanalyse entwickelten.

Michel Caillaud, zu der Zeit, als er das heutige Stück komponierte, erst etwas über 30 Jahre alt, war einer derjenigen, die früh das Potenzial der eindeutigen Beweispartien erkannt hatten und schon damals großartige Aufgaben damit zu bauen verstanden.

Michel Caillaud
Phénix 1988, Spezialpreis
Beweispartie in 21,5 Zügen (15+14)

 

Für heute habe ich solch ein Exemplar herausgesucht, das sicherlich auch heute noch zum Lösen reizt.

Bei Schwarz scheint nicht viel passiert zu sein: Es sind insgesamt nur vier Züge zu sehen. Bei Weiß sind schon etwas mehr Züge im Diagramm zu sehen, nämlich 3+0+4+2+1+3=13. Aber auch damit sind natürlich noch viele Züge frei!

Da verrät uns die Untersuchung der Schlagfälle schon mehr…

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Retro der Woche 07/2020

Weshalb wirkt beispielsweise eine Beweispartie mit Allumwandlung auf uns „harmo-nisch“? Weil die vier Umwandlungen einfach „zusammenpassen“, da alle möglichen Offiziere genau einmal erwandelt werden. Und dabei wirkt eine einfarbige Allumwandlung oder eine, bei der zwei weiße und zwei schwarze Umwandlungen erfolgen, harmonischer als eine mit der Farbverteilung 1:3, denn hier wird das Spiel auf die Farben verteilt ein wenig uneinheitlich sein. Das ist es bei einer einfarbigen Allumwandlung offensichtlich noch mehr -– aber da entsteht die Einheitlichkeit aus der klaren Aufgaben- und Farbverteilung.

Ähnlich erscheint es auch bei der Verbindung unterschiedlicher Themen – und dafür habe ich heute ein, wie ich finde, sehr hübsches Beispiel herausgesucht.

Silvio Baier
Die Schwalbe 2013, 2. Preis
Beweispartie in 27 Zügen (14+14)

 

Der Versuch, sich der Lösung über das übliche Abzählen er sichtbaren Züge zu nähern, könnte zu grauen Haaren (solange noch nicht vorhanden) führen: Wir sehen bei Weiß 3+0+1+1+1+6=12, bei Schwarz 2+0+3+1+0+5=11 Züge – mehr als die Hälfte der Züge sind noch frei!

Allerdings hilft uns hier die Analyse der Schlagfälle und der Bauernstruktur schon entscheidend weiter.

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