Retro der Woche 06/2023

Beim letzten WCCT hatte Silvio Baier ja in der Retro-Abteilung mit seinen drei Aufgaben auf den Plätzen 1, 3-4 und 6-8 (als Streichresultat, als „schwächste“ deutsche Aufgabe nicht in der Wertung) allein für den deutschen Sieg in dieser Rubrik gesorgt — und er hat hat auch anschließend gezeigt, dass er das schwierige Thema exzellent zu behandeln weiß.

Das hat sich dann auch im Preisbericht für die orthodoxen Beweispartien im letzt(jährig)en Informalturnier von StrateGems (deren Website scheint wieder aktiv zu sein!) niedergeschlagen; auch hier gewann Silvio mit einer Aufgabe zum „WCCT-11-Thema“ den ersten Preis.

Dieses Stück wollen wir uns nun gemeinsam anschauen.

Silvio Baier
StrateGems 2022, 1. Preis
Beweispartie in 26 Zügen (14+13)

 

Schnell sehen wir, dass uns das Zählen der sichtbaren Züge weder bei Weiß noch bei Schwarz weiter bringt. Also schauen wir nach sichtbaren Schlägen und versuchen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die beiden fehlenden weißen Steine wurden durch axXb6 und dxYc geschlagen. Auch bei Weiß sehen wir zwei Schläge im Diagramm — zumindest die betroffenen Reihen: bxXc und hxYg3. Damit sind bis auf einen schwarzen Stein alle fehlenden erklärt.

Es fehlen auf beiden Seiten ausschließlich Bauern, und weder konnten sich die fehlenden weißen Bauern auf b und c opfern noch die schwarzen auf c und g.

Der einzig mögliche Schluss ist natürlich, dass sich vier Bauern umgewandelt haben und entweder dann selbst geschlagen wurden oder das originale Schlagopfer ersetzten.

Und damit wissen wir, dass sich [Be7] und [Bh7] schlagfrei umwandeln mussten — [Bf7] kommt dafür nicht infrage, da er einen dritten weißen Stein schlagen müsste. Also hat sich [Be2] nach Schlag des schwarzen f-Bauern — anders kommen [Be2] und [Be7] nicht aneinander vorbei — auf f8 und [Ba2] schlagfrei auf a8 umgewandelt. Und gleichzeitig wissen wir schon, dass beide Könige ihr Ausgangsfeld temporär räumen mussten (Umwandlung auf e1, Schachgebot von f7 aus).

Drei der vier Umwandlungsfelder sind mit „Originalsteinen“ besetzt: wKe1 fällt als Pronkinstein natürlich aus, sodass wir rasch den Verdacht haben, dass Ta8 und Lf8 durch Umwandlung entstanden sind, denn der Original-Ta8 musste ja sein Feld verlassen und die a-Linie für die weiße Umwandlung freimachen.

Nun lade ich euch ein, selbst weiter zu lösen, die Ceriani-Frolkin-Steine möglicherweise vorab schon zu identifizieren: Was wären die weißen Umwandlungen, wie schaut dann die Zugfolge aus?

Lösung


Der Preisrichter spricht in seinem Kommentar Ähnlichkeiten zu Silvios Allumwandlung H49 im WCCT (3.-4. Platz) an. Ich kann euch nur empfehlen, dieses Stück (ihr findet es über den Link oben) auch noch einmal anzuschauen, um Ähnlichkeiten, aber auch die prinzipiellen Unterschiede zwischen diesen beiden großartigen Aufgaben herauszukristallisieren.

4 thoughts on “Retro der Woche 06/2023

  1. Wiederum vielen dank an Thomas fürs Zeigen. Bei der H49 sind die thematischen Elemente gleich auf beide Seiten verteilt, während hier Ceriani-Frolkin nur bei Weiß auftritt und Pronkin nur bei Schwarz; außerdem hier Dame-Ceriani-Frolkin und Läufer-Pronkin, bei der H49 umgekehrt. Wir hatten das dortige Stück wegen der ungleichen Königsbewegungen nicht im WCCT berücksichtigt. Mir gefällt die H49 vor allem deshalb besser, weil sich die Königsrückkehren wie von selbst in den Lösungsablauf integrieren. Bei obigem Stück hingegen musste ich zwei Züge anhängen, um auch noch den schwarzen König zurückkehren zu lassen.
    Im neuen Probleemblad gibt es als R530 eine interessante Vergleichsaufgabe mit CF(D,s) & PR(t,L) und wie hier mit einer zweizügen Königsrückkehr und einem dreizügigen Königsrundlauf.

  2. Another possibility is that the white captures are exdxc and hxg, then the white b-pawn could be captured on b6 and the white a-pawn promoted and was either captured or is still on the board.

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