Retro der Woche 43/2017

Gehen wir heute zurück in die Zeit vor dreißig Jahren. In gewisser Weise waren das die Pionierjahre der Beweispartien: Hauptsächlich Michel Caillaud, aber auch zum Beispiel Andrej Frolkin hatten sich um die Popularisierung der eindeutigen (!) kürzesten Beweispartien bemüht, und das trug nun Früchte, indem immer mehr Komponisten sich auf die Abenteuer dieser wiederentdeckten Forderung einließen.

Einer von ihnen war der Niederländer Jasper van Atten, der zu dieser Zeit um die Fünfzig war und sich intensiv mit verschiedenen Themen, da damals en vogue waren, beschäftigt hat.

Eine seiner Aufgaben möchte ich heute vorstellen.

Jasper van Atten
The Problemist 1987/88, 3.-5. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 19 Zügen (16+15)

 

Schnell sehen wir, dass der einzige fehlende Stein, die schwarze Dame, auf e3 oder e4 geschlagen worden ist.

Das Zählen der notwendigen schwarzen Züge bringt erst einmal nicht allzu viel ein: Hier sehen wir nur 4+0+0+0+s+1=5 Züge, allerdings muss ja auch noch die Dame zu ihrem Schlagfeld ziehen. Damit kommen noch einmal drei (bei Schlag auf e4) oder vier (be Schlag auf e3) Züge der Dame hinzu,

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Freitag der 13.

Zum heutigen Freitag den 13. habe ich für zwischendurch natürlich eine dreizehn-zügige Beweispartie herausgesucht, die mir recht leicht zu lösen erscheint. Ein einziger Klotz verrät schon fast alles…

Henning Müller
Die Schwalbe 1989
Beweispartie in 13 Zügen (16+13)

 

Viel Freude beim Lösen — und möge der heutige 13. euer Glückstag sein!

Retro der Woche 41/2017

Zum Feiertag in der letzten Woche hatte ich eine Zwischendurch-Beweispartie des Australiers Peter Wong vorgestellt; heute möchte ich ein deutlich komplexeres Stück von ihm demonstrieren.

Peter beschäftigt sich besonders gern mit Tempospiel – und zumindest ich empfinde solche Aufgaben häufig als recht schwer zu lösen. Das liegt auch daran, dass man meist mit dem Üblichen Züge-Zählen nicht allzu weit kommt, dass auch die Tempomanöver gelegentlich nicht ganz einfach aus der Stellung abgeleitet werden können.

Peter Wong
The Problemist 1988, 3.-5. ehr. Erwähnung
Beweispartie in 21 Zügen (15+13)

 

Hier kommen wir offensichtlich mit reinem Züge zählen nicht allzu weit: Bei Weiß „sehen“ wir nun 3+0+0+0+3+1=7 Züge – genau ein Drittel der zu erwartenden Züge. Bei Schwarz schaut es schon etwas besser aus: 1+1+2+4+4+2=14 – genau doppelt so viele Züge wie bei Weiß, aber auch nur zwei Drittel aller geschehenen schwarzen Züge.

Da müssen wir also nach anderen Indizien schauen, und das ist ja häufig die Überlegung, welche Steine denn auf dem Brett fehlen.

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Retro der Woche 22/2017

Am heutigen Sonntag endet das traditionelle (Märchen-) Schachtreffen in Andernach, und daher habe ich für heute ein Märchen-Retro, eine Märchen-Beweispartie herausgesucht. Die hier geltende Bedingung „monochromes Schach“ wird im Schwalbe-Lexikon ganz einfach definiert: „Es sind nur Züge erlaubt und legal, deren Ausgangs- und Zielfeld von gleicher Farbe sind. Das gilt auch bei der Beurteilung von Matt und Patt.“ Das ist schon alles.

René J. Millour
Springaren 2007, 2. Preis
Beweispartie in 20,5 Zügen, monochromes Schach (13+7)

 

Einige Schlussfolgerungen für mögliche und unmögliche Züge kann man direkt aus der Bedingung ableiten.

So werden die Springer zu „Immobilien“, die nie ziehen können. So können die Könige direkt auf benachbarten Feldern stehen, da sie sich gegenseitig nie „bedrohen“ können: Der weiße König bleibt immer auf schwarzen, der schwarze König immer auf weißen Feldern. Und es gibt nur kurze Rochaden, da ja bei einer langen der beteiligte Turm die Felderfarbe wechseln würde. (Das ist allerdings Vereinbarungssache, denn wenn man die Rochade als reinen Königszug betrachtet, könnte man den Felderfarbwechsel des Turmes ignorieren. Das aber hätte merkwürdige Folgen für die Turmzüge.)

Ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass Bauernzüge natürlich eingeschränkt sind: Bauern können nicht einen einfachen Schritt machen, da dabei dir Farbe gewechselt wird. Es funktionieren also nur der Bauerndoppelschritt am Anfang und anschließend nur Schläge.

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Retro der Woche 17/2017

Muss man als potenzieller Löser an der heutigen Aufgabe nicht verzweifeln? Nur zwei fehlende Steine, von denen nur einen eine Bauernspur hinterlassen hat, bei Schwarz kaum sichtbare Züge: Was soll der Schwarze eigentlich die ganze Zeit gemacht haben?

Das schauen wir uns gleich zusammen an!

Satoshi Hashimoto
Problemesis 2001, 4. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 24,0 Zügen (15+15)

 

Bei Schwarz sind im Diagramm nur vier Züge sichtbar. Nur die Dame fehlt bei Schwarz, sie muss sich also auf e3 geopfert haben, womit wir auf sechs nachgewiesene schwarze Züge kommen — genau dreiviertel aller Züge sind also noch frei.

Bei Weiß sieht es für den Löser schon besser aus; hier können wir schon einige Züge mehr sehen: 3+0+4+7+6+2=22 — “nur” zwei Züge sind noch frei!

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Retro der Woche 14/2017

Auch heute möchte ich euch wieder ein klassisches Retro vorstellen, bei dem die letzten (eindeutigen Züge) zu finden sind. Solche Aufgaben müssen übrigens trotz der relativ langen Zügezahl nicht unbedingt schrecklich schwer zu lösen sein.

Thierry le Gleuher
Probleemblad 2003
Letzte 42 Halbzüge (14+13)

 

Je nachdem, ob ich zunächst „oben“ oder „unten“ aufs Brett schaue, fallen sofort zwei Stellungsmerkmale ins Auge, die für die Auflösung wichtig sind: „Oben“ fällt auf, dass das Schachgebot gegen den weißen König nur durch Rücknahme der schwarzen langen Rochade aufgehoben werden kann. Das verrät nicht nur, welche Seite mit der Rücknahme beginnt und wie der erste Rücknahmezug lautet, sondern macht dann anschließend sTa8 und sKe8 retro-unbeweglich: Sie dürfen keine Züge mehr zurücknehmen, da sie ja „in der Zukunft noch rochieren werden“.

„Unten“ fällt sLe1 auf: er muss ein Umwandlungsstein sein, denn anders hätte er neben wBd2 und wBf2 das Feld e1 nicht erreichen können.

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Retro der Woche 07/2017

Sehr schnell konnte Kostas Prentos seinen Preisbericht zur Retro-Abteilung des 5. FIDE World Cups erstellen: Es gab nur zwölf Einsendungen, von denen auch noch zwei defekt waren. Trotz der dünnen Beteiligung gibt es im Turnier zumindest drei ganz hervorragende Aufgaben.

Den ersten Platz – Tusch und herzliche Glückwünsche nach Dresden – belegte Silvio Baier mit seiner Beweispartie, die ich heute vorstellen möchte; dabei orientiere ich mich an den Anmerkungen von Kostas.

Silvio Baier
5. FIDE World Cup in Composing 2017, 1. Platz
Beweispartie in 30,5 Zügen (13+10)

 

Die drei fehlenden weißen Steine wurden von [Bd7] auf seinem Weg nach a2 geschlagen. Zählt man die weißen sichtbaren Züge 5+1+2+3+3+5=19, so stellt man fest, dass Weiß noch zwölf Züge frei hat. In denen kann er aber nicht [Bf2], [Bg2] und [Bh2] zur Umwandlung bringen, damit drei Umwandlungssteine geschlagen oder das originale Schlagopfer ersetzen können.

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Retro der Woche 02/2017

Rustam Ubaidullajew ist einer meiner Lieblings-Beweispartiekomponisten, da er immer interessante Ideen ein wenig abseits des Mainstream sehr elegant aufs Brett zaubert.

So auch das heutige Stück, dessen Inhalt man beim Blick aufs Diagramm wohl noch nicht sofort erkennen oder erraten wird?

Rustam Ubaidullajew
feenschach 2004 – für Anna – 4. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (16+15)

 

Nur ein einziger Stein fehlt: [Bg7] wurde von [Bh2] geschlagen. Damit wissen wir schon, dass [Bg7] gezogen haben muss – und damit sind wir schon beim Betrachten der sichtbaren erforderlichen Züge im Diagramm.

Bei Schwarz ist es erst einmal einfach: [Ke8] brauchte wegen seines Umweges über f8 mindestens acht Züge bis d1. Ferner hatten wir schon gesehen, dass [Bg7] gezogen hat. Damit [Ke8] seine heimatlichen Gefilde verlassen konnte, musste auch [Lf8] ziehen und schließlich wieder nach Hause zurückkehren. Damit haben wir elf schwarze Züge erklärt – zwölf sind noch frei!

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