Retro der Woche 45/2017

Roberto Osorio, der Probleemblad Retro-Sachbearbeiter, hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, gemeinsam mit Hans Gruber die Schwalbe-Retros 2018 zu richten. Dieses Team kann die Zusammenarbeit bereits bei den feenschach-Retros 2017 üben.

Von Roberto möchte ich heute ein schon etwas älteres Stück, das zu seiner Preisrichter-Amtszeit bereits 15 Jahre alt sein wird, vorführen: Es hat mich, als ich es zum ersten Mal sah, ziemlich beeindruckt.

Roberto Osorio
Problem Paradise 2003, 3. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 23,5 Zügen (9+15)

 

Mit dem Zählen der sichtbaren weißen Züge ist man schnell fertig; ein wenig hilfreicher sind da die schwarzen Züge: 4+2+4+2+3+5=20 — Es fehlen also „nur noch“ drei schwarze Züge.

Vielleicht kann ja eine genauere Betrachtung des Diagramms Hilfestellung geben, die möglicherweise zu identifizieren, zumindest die schwarzen Freiheiten weiter einzuschränken?

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Retro der Woche 15/2017

Beweispartien mit mehreren Lösungen finde ich immer sehr attraktiv. Es nietet sich ein Vergleich zu Hilfsmatts an: auch dort sind eindeutige Lösungen erwartet und auch dort kann man nur über mehrere Lösungen ein wenig der „Breite“ etwa von Direktmatts erhalten, da ja hier per definitionem Varianten ausgeschlossen sind: Beide Seiten ziehen an einem Strang, und da kann es prinzipielle keine Abweichungen geben.

David Novomesky
StrateGems 2013
Beweispartie in 10 Zügen, 2 Lösungen (11+11)

 

Neben den Lösungen an sich interessieren mich bei dieser Art von Aufgaben besonders deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Natürlich wird es in Beweispartien mit mehreren Lösungen immer Züge geben, die in allen vorkommen. Beim Hilfsmatt ist dies verpönt, hier aber kaum zu vermeiden. Schließlich müssen alle ziehenden Steine auf ihre Diagrammposition kommen.

Bei der vorliegenden Aufgabe des slowakischen Komponisten, der kürzlich seinen 65. Geburtstag feiern konnte (*30.03.1952), ist natürlich erforderlich herauszufinden, wie die immerhin zehn fehlenden Steine in nur 20 Einzelzügen starben.

Wer lösen möchte (und das empfehle ich euch heute ganz besonders!), sollte nun erst einmal noch nicht weiterlesen.

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Jorge Joaquin Lois 70

Ganz herzliche Glückwünsche gehen heute nach Buenos Aires in Argentinien, wo Jorge Joaquin Lois heute seinen 70. Geburtstag feiert. Die Spezialgebiete von Jorge sind Hilfmatts und natürlich Beweispartien, wo er häufig mit Roberto Osorio zusammenarbeitet.

Ein Gemeinschaftsstück der beiden möchte ich hier auch zeigen: An dieser eigentlich “kleinen” Aufgabe gefällt mir, wie Schwarz “mittendrin” plötzlich umschaltet muss…

Roberto Osorio & Jorge Joaquin Lois
StrateGems 2007, 2. Lob
Beweispartie in 16 Zügen (13+16)

 

1.f3 Sc6 2.Kf2 Sd4 3.Kg3 Sxe2+ 4.Kg4 Sg3 5.Se2 Sxh1 6.Sg3 Tb8 7.Le2 Ta8 8.Dg1 Tb8 9.Sf1 Sg3 10.Dc5 Se4 11.d4 Sc3 12.Ld2 Sxa2 13.Le1 Sb4 14.Ta6 Ta8 15.Tc6 Sa6 16.Sfd2 Sb8.

Rundlauf des schwarzen Damenspringers mit raffiniert eingewobenem Turm-Pendel — sehr attraktiv!

Lieber Jorge, im Namen aller Retrofreunde wünsche ich dir für dein kommendes Lebensjahr(zehnt) alles Gute — und heute eine schöne Geburtstagfeier!

Retro der Woche 44/2016

Gelegentlich stellen Autoren anstatt des üblichen „Löse auf!“ auch ganz konkrete Fragen zum Rückspiel, mit denen sie die Löser direkt auf den Inhalt der Aufgabe stoßen wollen. Gelegentlich sind darin die Konstruktion erleichternde Bedingungen enthalten; dies ist bei dem heutigen Beispiel allerdings nicht der Fall: Hier will der Autor mit seiner Frage sofort ein Ausrufezeichen setzen.

Nikolai Beluchow
Die Schwalbe 2014, Hugo August gewidmet, 1. Preis
Wie oft stand der schwarze König in den letzten 66 Einzelzügen im Schach? (16+10)

 

Wenn man kurz die Stellung betrachtet und sieht, wie der schwarze König im Zentrum eingekesselt ist von weißen Langschrittlern, so könnte man direkt auf den Verdacht kommen, dass das wohl 33 Mal gewesen sein könnte?!

Aber bevor wir diesem Verdacht nachgehen, wollen wir uns die Stellung etwas genauer anschauen: Weiß hat noch all seine Steine, während bei Schwarz insgesamt sechs Steine fehlen. Direkt sichtbar ist nur axb5, aber Weiß verfügt ja über zwei Umwandlungssteine: eine Dame sowie einen weißfeldrigen Läufer. Beide müssen, aus [Bg2] und [Bh2] entstanden, via f7 auf e8 oder g8 umgewandelt haben. Und damit sind alle fehlenden schwarzen Steine erklärt.

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Retro der Woche 34/2016

Nachdem ich euch im letzten Retro der Woche den zweiten Preis im diesjährigen Champagne-Turnier gezeigt hatte, soll nun der erste Preisträger folgen. Ihr mögt selbst für euch entscheiden, ob ihr auch Michel Caillauds Reihung vorgenommen oder „anders herum“ entschieden hättet.

Für beide Entscheidungen gibt es aus meiner Sicht gute Gründe.

Kostas Prentos
Champagne-Turnier 2016, 1. Preis Abt. I
Beweispartie in 16 Zügen (14+12)

 

Im Diagramm fallen natürlich sofort die beiden schwarzen Läufer auf, die die Plätze ihrer weißen Gegenspieler eingenommen haben; die hingegen sind die beiden einzigen fehlenden weißen Steine.

Das übliche Züge-Zählen bringt uns zunächst bei Weiß nicht viel weiter: Es sind nur vier Züge sichtbar im Diagramm, es bleiben also zwölf noch übrig.

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Retro der Woche 33/2016

Als Preisrichter bei Thematurnieren steht man gelegentlich vor dem Dilemma, eine „elegantere“ Aufgabe mit einer „noch thematischeren“ vergleichen zu müssen, sie zu reihen. Ich selbst tendiere meist dazu, mich an die bekannte Regel des unvergessenen Zweizüger-Großmeisters Herbert Ahues (2.3.1922 – 11.7.2015) zu halten, der es in einem Aufsatz einmal so formuliert hatte: „Tomatensuppe muss zunächst nach Tomaten schmecken“, erst dann könne man sinnvoll das Sahnehäubchen, die Kräuter beurteilen.

Also eine klare Empfehlung, im Thematurnier die Thematik besonders zu betonen und auszuzeichnen. Daran hat sich offensichtlich auch Michel Caillaud beim Richten des diesjährigen Champagne-Turniers gehalten, als er ein thematisch dichteres Stück auf Platz 1 setzte, das strategisch tiefere auf den zweiten Platz.

Rustam Ubadullalew & Igor Wereschagin
Champagne-Turnier 2016, 2. Preis Abt. I
Beweispartie in 20 Zügen (12+16)

 

Gefordert waren in dem Turnier Rundläufe in einer Beweispartie oder mit anderen Retro-Forderungen. In einer Beweispartie war der rundlaufende Stein anschließend zu schlagen.

Beginnen wir aber die Betrachtung zunächst ohne dieses Wissen um das Thema, das wir hier natürlich auch sehen werden.

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Champagner-Turnier

Traditionell richtet Michel Caillaud beim WCCC, das am 30. Juli in Belgrad beginnt, ein Retro-Kompositionsturnier in zwei Gruppen mit separatem Preisbericht aus; es ist nur für Teilnehmer am Kongress offen.

Thema ist Rundlauf A) in einer Beweispartie, B) in einem anderen Retro-Typ; in A) muss der Rundläufer anschließend geschlagen werden. Märchenbedingungen sind in A) und B) zugelassen.

Die genauen Bedingungen und auch Beispielaufgaben könnt ihr schon jetzt anschauen. Die Definition von “Rundlauf” (“A piece returns to a previously occupied square after it occupied at least 2 other squares.”) erscheint mir allerdings gewöhnungsbedürftig und kontra-intuitiv: Nach dieser Definition ist Sb1-c3-d5-c3-b1 ein Rundlauf?!

Retro der Woche 22/2016

Ziemlich unscheinbar kommt das Diagramm unseres heutigen „Retro der Woche“ im ersten Moment daher, und doch werden wir einige subtile Manöver bewundern können.

Satoshi Hashimoto
Probleemblad 2002, 2. Preis
Beweispartie in 19 Zügen (14+15)

 

Das Zählen der offensichtlichen weißen Züge bringt uns offensichtlich noch nicht weiter; nützlicher ist es, die sichtbaren, minimal erforderlichen schwarzen Züge zu zählen. Dort kommen wir auf 2+2+6+3+2+3=18; ein schwarzer Zug ist damit noch frei. Hierbei haben wir schon vorausgesetzt, dass Schwarz zunächst f5, dann exf6 spielt, denn anders würde es einen weiteren Zug erfordern.

Sagt uns dieser schwarze Doppelbauer auf der f-Linie etwas?

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