Retro der Woche 42/2018

James Grenfell Mauldon (9.2.1920 – 21.5.2002) zählt nicht zu den berühmtesten und auch nicht zu den produktivsten Retro-Autoren des letzten Jahrhunderts: Die PDB umfasst von ihm 18 Aufgaben, davon genau ein Dutzend Retros. Das heißt aber nicht, dass er nicht interessante Aufgaben gebaut hat; eine davon, nicht allzu schwer, wollen wir uns heute anschauen.

James Grenfell Mauldon
The Problemist 1980
Löse auf! (13+10)

 

Keiner der beiden Könige steht im Schach, sodass wir auch noch herausfinden müssen, wer mit der Rücknahme beginnt?! Hier können wir aber leicht vermuten, dass Weiß mit der Rücknahme beginnt – das müssen wir hinterher natürlich noch belegen.

Warum diese Vermutung? Weiß hat bewegliche Offiziere (Tb1, Le2), die freie Züge haben. Schwarz allerdings kann zunächst nur Bauernzüge zurücknehmen; ihm drohen daher die Züge auszugehen – und das passiert natürlich noch schneller, wenn er nun mit den Rücknahmen beginnt.

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Retro der Woche 36/2018

Heute möchte ich wieder eine schon etwas ältere Beweispartie (20 Jahre) vorstellen, die aus mehreren Gründen bemerkenswert ist.

Michel Caillaud
Probleemblad 1998, 2. Preis ex aequo
Beweispartie in 22,5 Zügen (13+12)

 

Das häufig sehr hilfreiche Zählen der sichtbaren Züge bringt uns hier nicht viel weiter: Bei Weiß sind es 1+0+0+1+0+4=6 Züge, bei Schwarz ein paar mehr, aber auch nicht erschöpfend viele: 4+1+0+0+1+2=8 — plus die eines Umwandlungsläufers. Vielleicht hilft uns ja die Überlegung weiter, wo der entstanden sein könnte?! Nicht auf d1: Dort wäre er nicht weggekommen. Auch nicht auf f1 oder h1: Das würde mindestens vier Schlagfälle erfordern, aber bei Weiß fehlen nur drei Steine.

Also entstand er auf b1.

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Retro der Woche 33/2018

Eine außergewöhnliche Aufgabe habe ich für das heute „Retro der Woche“ herausgesucht, bei der sofort die Diagrammposition ins Auge sticht.

Jorge Lois & Roberto Osorio
Phénix 2016
Beweispartie in 16 Zügen (14+10)

 

Offensichtliche Züge für Weiß zu zählen, bringt offensichtlich noch nicht viel, da alle weißen Steine in Homebase Position stehen. Das Zählen der schwarzen Züge ist schon deutlich interessanter:

Da kommen wir auf 1+2+1+0+12=16 – alle schwarzen Züge sind erforderlich, um die Diagrammposition in der geforderten Zügezahl zu erspielen! Damit ist klar, dass Schwarz rochiert hat – und dass von den immerhin sechs fehlenden schwarzen Steinen keiner gezogen haben kann.

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René Jean Millour 75

Und sofort noch ein Geburtstag, auf den ich hier hinweisen möchte: Herzliche Glückwünsche gehen heute nach Offenheim im französischen Elsass, um dort René Jean Millour (*18.6.1843) von ganzem Herzen zum 75. Geburtstag zu gratulieren!

Einige kennen René sicher persönlich z.B. aus Andernach oder von verschiedenen WCCC Treffen, und wer sich auch für Märchen-Retros interessiert, kennt bestimmt einige hochkomplexe Stücke auf diesem Gebiet: Speziell mit monochromem Schach, mit Mars-Circe, das er erfunden hatte, mit Alice-Schach oder dem Imitator hat er sich hier viel beschäftigt, und wer tiefer in seine Aufgaben (aus allen Gebieten des Problemschachs!) eintauchen möchte, dem sei neben der PDB natürlich auch seine schachliche Autobiographie Subtleties on 64 Squares, 2015 bei Editions FEE=NIX erschienen, ans Herz gelegt.

Aber er „kann“ nicht nur vielsteinige Stücke, er „kann“ auch Wenigsteiner, liegt unangefochten in der ewigen Rangliste auf wenigsteiner.de vorn.

Heute möchte ich ein für seine Verhältnisse recht einfaches Stück vorführen, eine Beweispartie mit der Alice-Schach Bedingung: Dort wird kurz gesagt auf zwei Brettern gespielt, A und B. Nach jedem Zug wechselt der ziehende Stein (bei der Rochade beide) auf das entsprechende Feld auf dem anderen Brett, das leer sein muss. Die Partieausgangsstellung ist auf Brett A (zur genauen Definition siehe das Schwalbe Märchenschachlexikon).

René J. Millour
Problem Paradise 2013, N. Matsuzaki gewidmet
Beweispartie in 18 Zügen, Alice-Schach A(8+11) B(6+1)

 

Im Diagramm sind Steine auf Brett B kopfstehend dargestellt.

Erste Feststellungen: Schwarz hat wegen des sK auf dem B-Brett möglicherweise rochiert, und dann muss der Rochade-Turm auch noch einmal gezogen haben. Sh4 kann nicht von g1 kommen.

In der Lösung notiere ich hinter jedem Zug das neue Brett des gerade ziehenden Steins
1.Sf3B Sf6B 2.Tg1BSe4A 3.Tg8A Sxd2B 4.Txf8B Se4A! 5.Sbd2B Sf6B 6.Txf6A OOB 7.e4B Txf3A 8.Le2B Th3B 9.Sf3A Th8A! 10.Sh4A Kf8A! 11.Lh6B De8B 12.Db1B Db5A 13.OOOB Ke8B! 14.Td8A Sc6B 15.Txc8B+ Tad8B 16.Txc6A a5B 17.Ta6Ba4A 18.Ta1A! Tda8A!.

Sechs Rückkehren (in der Lösung mit Ausrufezeichen versehen) und Rundläufe der beiden Rochadetürme.

Retro der Woche 12/2018

Vor zwei Wochen hatte ich bereits den ersten Preis des Probleemblad Retroturniers der Jahre 2015 und 2016 vorgestellt, heute soll eine weitere ausgezeichnete Aufgabe folgen. Eigentlich hatte ich dafür die 1. ehrende Erwähnung ausgewählt, um dann noch rechtzeitig festzustellen, dass ich die hier schon als Retro der Woche 37/2015 vorgestellt hatte. Auch die 3. ehrende Erwähnung hatte ich hier schon besprochen (Retro der Woche 39/2016). Schaut euch diese Aufgaben noch einmal an, sie lohnen auch einen zweiten Blick…

Aber auch das hier nun gezeigte Stück finde ich sehr hübsch, wenn auch vielleicht nicht ganz so originell wie die beiden ehrenden Erwähnungen:

Michail Kosulja & Andrej Frolkin
Probleemblad 2015-2016, Lob
Beweispartie in 25 Zügen (12+14)

 

Preisrichter Hans Gruber wies darauf hin, dass sein eigenes Lösen half, das Thema der Aufgabe besonders zu schätzen. Ganz leicht ist das Lösen sicherlich nicht, doch vielleicht wollt ihr es versuchen, auch ohne dass ich hier schon erste Hilfestellungen gebe? Viel Spaß und Erfolg dabei!

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Retro der Woche 50/2017

Schon bevor Silvio Baier das vorletzte Retro der Woche kommentiert hatte, hatte ich die vom ihm benannte Vergleichsaufgabe bereits für heute notiert — und dabei soll es auch bleiben. Es erscheint mir nämlich interessant, die beiden Stücke auch bezüglich der Konstruktion zu vergleichen.

Michel Caillaud
StrateGems 2003, G. Donati gewidmet, 4. Preis
Beweispartie in 22,5 Zügen (16+14)

 

Es fehlen nur zwei schwarze Steine: [Bh7] und ein Springer. Der Bauer wurde auf seiner Linie geschlagen: er hatte je kein Schlagobjekt zur Verfügung; der Springer offensichtlich auf f3. Also stammt der wBf3 von e2, denn [Bg2] musste vor seiner Umwandlung (es stehen ja drei weiße Türme auf dem Brett!) noch [Bh7] beseitigen, um sich dann auf h8 umzuwandeln.

Der Turm steht dann natürlich bös im Weg: Schwarz muss ja seine Türme und auch seine Dame auf die h-Linie bringen. Dabei wird zumindest für die Türme das Feld h8 benötigt, das der UW-Turm also wieder räumen muss. Außerdem muss man sich Gedanken um Schachschutz für [Ke8] machen. Und nebenbei steht [Th8] schon der Umwandlung im Weg, muss deswegen im Vorfeld also sein Standfeld frei machen.

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Roberto Osorio 64

Heute gehen herzliche Glückwünsche über den Atlantik nach Buenos Aires in Argentinien, wo Roberto Osorio seinen “eckigen Schachgeburtstag” feiert. Roberto ist Retro-Sachbearbeiter-Kollege bei Probleemblad, im kommenden Jahr Co-Preisrichter in der Schwalbe und natürlich ein großartiger Retro-Komponist mit seinem Schwerpunkt auf Beweispartien. Ich habe mich sehr gefreut, Roberto dieses Jahr in Dresden beim WCCC endlich persönlich zu treffen.

Roberto Osorio
4 Retro Championnat de France RIFACE 2014
Beweispartie in 10,5 Zügen (15+15)

 

Viel zu schade wäre es, bei der ausgesuchten Aufgabe die Lösung zu verraten: Die solltet ihr unbedingt selbst “zwischendurch” finden!

Retro der Woche 48/2017

„Ein Problem, das man wegen seiner Originalität immer wieder zeigen wird.“ meinte Preisrichter Thierry Le Gleuher zu der heutigen Aufgabe, und Meisterlöser Silvio Baier kommentierte damals: „Gleich der nächste Höhepunkt. Nur mit einem deutlichen Hinweis von Roberto habe ich das geknackt.“ (Mit dem vorangehenden Höhepunkt meinte er übrigens unser Retro der Woche 48/2013, das direkt davor veröffentlicht wurde.)

Damit sollte ich euch neugierig gemacht haben auf das heutige Stück?

Jorge Joaquin Lois & Roberto Osorio
Die Schwalbe 2010, 4. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 21 Zügen (12+15)

 

Der einzige fehlende schwarze Stein wurde auf c3 geschlagen. Da nur [Bh7] fehlt, muss der sich umgewandelt haben, um dann entweder selbst auf c3 geschlagen worden zu sein oder das dortige Opfer zu ersetzen.

Besonders auffällig am Diagramm ist aber zunächst nicht so sehr diese recht offensichtliche Umwandlung, sondern sind die beiden weißen Türme im Nordwesten mitten im schwarzen Lager. Da müssen wir sicherlich genauer hinschauen, wie die dorthin gelangen konnten?

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