Retro der Woche 37/2025

In dieser Woche sind die beiden feenschach -Hefte 261 und 262 erschienen, die aus verschiedenen nachvollziehbaren Gründen ungewöhnlich lange beim Drucker gelegen hatten. sie enthalten auch die Andernach-2025 Berichterstattung; aus dem dortigen Kompositionsturnier mit dem Thema „Alice-Schach“ zum Gedenken an René J. Millour möchte ich euch hier den ersten Preis vorstellen.

Das Schwalbe-Lexikon definiert Alice-Schach: „Es wird auf zwei 8×8-Brettern gespielt: Bretter A und B. Nach jedem Zug (wahlweise auf einem der beiden Bretter) wird der gezogene Stein als unmittelbare Zugfolge auf das analoge leere Feld des anderen Brettes versetzt. Ist das zugehörige Feld nicht leer, wäre der entsprechende Zug illegal. Ein Schlagfall ist also nur auf demjenigen Brett möglich, auf dem der Zug auch startete. Geschlagene Steine verschwinden vom Brett. Der König darf durch einen Zug seiner Partei weder vor dem Brettwechsel des Zugsteines noch danach einem Schachgebot auf seinem Brett im herkömmlichen Sinne ausgesetzt sein. In der Partieanfangsstellung stehen alle 32 Steine auf Brett A.“

Für die Darstellung des „Doppelbretts“ reicht eins aus: Da ja jeder Stein auf ein freies Feld auf dem anderen Brett gestellt wird, kann man etwa die Steine auf Brett B durch umgedrehte Symbole darstellen; so machen wir es hier auch, und so hat es auch René J. Millour stets gemacht.

Dirk Borst & Joost Michielsen
Andernach 2025, Millour-Gedenkturnier
Beweispartie in 22,5 Zügen, Alice-Schach (15+14)

 

Bei Weiß fehlt nur der [Lf1], der nie gezogen haben kann. Trotzdem stehen alle weißen Steine auf dem A-Brett, obgleich Weiß eine ungerade Zahl von Zügen gemacht hat. Das ist nur in zwei Fällen möglich: Wenn ein weißer Stein auf dem B-Brett geschlagen wurde, was hier ausscheidet — oder wenn Weiß rochiert hat, denn dabei werden König und Turm auf das B-Brett gebracht.

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Chinesische Retros

Habt ihr euch schon mal chinesisches Schach Xiang Qi angeschaut? Ein echtes “Märchenbrett”: 9×10 Felder mit höchst originellen Zugeinschränkungen, Figuren, die teilweise ans mittelalterliche Schach erinnern und andererseits den Pao als regulären Stein enthalten, eine völlig andere Art von Anfangsstellung als in “unserem” Schach: Sehr spannend also.

Und noch spannender: Alain Brobecker hat damit Retros, sprich: Lastmover, gebaut, und die sind nicht nur interessant, sondern bilden auch gerade für uns Retrofreunde eine tolle Einführung in diese interessante Schachart.

Schaut doch mal vorbei — und löst einige der chinesischen Retros — viel Spaß dabei!

LZ Preisbericht

Im März hatte ich hier die Ausschreibung zum Jubiläumsturnier der Lüneburger Landeszeitung veröffentlicht: die drei „Sonderzüge“ des Valladao-Task sollten über drei Phasen verteilt gezeigt werden. Nun ist bereits der Preisbericht erschienen. Und wirklich hat zumindest eine Aufgabe Retroinhalte: Ach ja — könnt ihr dann „zwischendurch“ auch die Sinnfrage zum 8. Lob beantworten? Hier findet ihr dann die Antwort in einer Woche.

OK — die Antwort findet ihr nun schon im Kommentar von Walter Lindenthal

Retro der Woche 36/2025

Noch einmal möchte ich auf den Preisbericht des Champagne-Turniers 2025 zurückkommen: Dort ging es ja um das Thema Platztausch, und es hat mich überrascht, wie viele originelle Aufgaben dazu eingereicht wurden.

Den zweiten Platz in der Beweispartie-Abteilung belegt ein bemerkenswertes Stück von Rustam Ubaidullajew — bemerkenswert nicht nur wegen des reinen Inhalts, sondern auch, weil es nicht vollständig Computer-prüfbar war, und das bei „nur“ 29 Zügen.

Rustam Ubaidullajew
Champagne-Turnier 2025, 2. Preis Abt. A
Beweispartie in 29 Zügen (14+14)

 
Wenn man ein wenig auf die Stellung schaut, fallen gleich mehrere Besonderheiten auf. Speziell die schwarzen Offiziere im weißen Lager: Wie sind die Türme, wie der Läufer hineingelangt? Erster Verdacht: Mit frühem b4 können die Türme via b3, der Läufer über b2 eingestiegen sein. Vielleicht ist auch einer der Türme als Umwandlungsstein (h7-h3xg2-g1=T) entstanden? Auf diesem Wege könnte auch der weiße Turm auf h8 dem Südkäfig entkommen sein.

In dem Zusammenhang ist dann auch sehr interessant, welche Steine fehlen: Das sind bei Weiß Dame und ein Springer, bei Schwarz ebenfalls die Dame sowie [Bh7].

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Endgültiger Preisbericht

Im Mai hatte Reto Aschwanden den Preisbericht zu seinem Geburtstagsturnier veröffentlicht; bis zum Ende der Einspruchsfrist gab es nur einen Hinweis, der bereits im kurzfristig aktualisierten Bericht erwähnt wurde.

Nun könnt ihr hier den endgültigen Bericht finden; nochmals viel Spaß beim Studieren!

Retro der Woche 35/2025

Der 65. Geburtstag hat heute eigentlich nicht mehr die Bedeutung wie früher: Da stand er meist für das Ausscheiden aus dem Berufsleben — das ist heute im Regelfall eine Weile später. Aber der 65. Geburtstag ist für uns Schachleute dennoch etwas Besonderes: quasi der erste Geburtstag auf dem „zweiten Lebensbrett“; das erste war ja mit dem 64. komplett besetzt.

Zu diesem „ersten Geburtstag“ gehen heute ganz herzliche Glückwünsche nach Österreich, wo Hans Gruber den heutigen Tag aus beruflichen Gründen verbringt.

Über ihn kann ich euch sicher nicht viel Neues berichten: Ehrenvorsitzender der Schwalbe, feenschach-Macher, Autor, Prüfer, Richter, der etwa 25 Stunden am Tag acht Tage in der Woche fürs Problemschach da ist, aber auch noch jede Menge andere Aufgaben, Interessen und Hobbys hat.

Problemschachlich ist Hans extrem breit aufgestellt vom Zweizüger über Studien bis zu extremem Märchenschach, seine (un)heimliche Liebe gilt allerdings der Retroanalyse — und da war er schon als Teeny aktiv:

Hans Gruber
feenschach 1978
Ergänze wTTLBB zu einem Illegal Cluster b) Ba4->a3 (2+1)

 
Bei Illegal Clusters wird der Löser bekanntlich zum Konstrukteur: Die Diagrammstellung ist durch die in der Forderung angegebenen Steine zu ergänzen — und zwar derart, dass die neue Stellung illegal ist (daher der Name), aber legal wird, wenn man jeweils einen Stein vom Brett entfernt — abgesehen natürlich von den Königen.

Wie kann man Illegal Clusters lösen? Indem man nach Optionen Ausschau hält, die vielleicht ein illegales Schach beinhalten, eine illegale Rochade oder einen illegalen ep-Schlag oder auch einen eingeklemmten oder ausgesperrten Stein — die Illegalität muss dann durch „Belüften“ der Stellung (Entfernung eines Steins) behebbar sein.

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Retro der Woche 34/2025

In der letzten Woche hatte ich hier die erstplatzierte Beweispartie des diesjährigen Champagne-Turniers vorgestellt — heute soll es mit dem zweiten Platz der Abteilung B (sonstige Retros) weiter gehen, das traditionell zahlenmäßig deutlich schwächer besetzt war.

Hier konnte Andrij Frolkin mit einer klassischen Auflöse-Aufgabe überzeugen, der gar nicht so schwer zu lösen ist, wie es beim ersten Blick auf das Diagramm wirken könnte:

Andrij Frolkin
Champagne-Turnier 2025, 2. Preis Abt. B
Löse die Stellung auf (14+13)

 

Bei Schwarz fehlen ein Springer, ein Bauer (von g7 oder h7 kommend) sowie der schwarzfeldrige Läufer — und damit ist ein möglicher weißer Kreuzschlag auf der b- und c-Linie nicht möglich: das wären zusammen mit g2xh3 drei weißfeldrige Schlagfälle. Also hat dieser Kreuzschlag durch Schwarz stattgefunden — dabei fehlen bei Weiß nur zwei Bauern!

Die müssen also mittels exSd7 und fxLg (neben gxBh3) geschlagen haben, um sich dann auf d8 und g8 umzuwandeln.

Was hat auf d8 umgewandelt? Das ist entscheidend für die Auflösung des Nordwest-Knotens, die nur durch d7-d6 erfolgen kann, denn vorher muss Weiß e6xSd7 und d8=X zurücknehmen.

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Studien-Babson

Wer nicht nur an Retros interessiert ist, hat sie vielleicht schon gesehen; allen aber will ich empfehlen, sich die Aufgabe, die ich euch heute beim Blick über den Zaun vorstelle, genau anzuschauen, sie zu genießen:

Anfang des Jahres gelang es dem Italiener Daniele Gatti, den Babson-Task (weiße und schwarze „konsistente“ Allumwandlung) in einer Studie zu zeigen — und zwar in legaler Stellung (das war eine dar Haupt-Schwierigkeiten bei der Darstellung gewesen; knapp illegal war das im letzten Jahr Gady Costeff gelungen).

Daniele Gatti — von Gady Costeff inspiriert und ihm gewidmet
EG Januar 2025
Weiß gewinnt – Schwarz beginnt (13+11)

 

Schaut euch die Stellung selbst ein wenig an, versucht (mit dem Themenhinweis vielleicht nicht mal allzu schwer!?) euch an der Lösung, bevor ihr die ausführliche Beschreibung dieser fantastischen Aufgabe und ihrer Geschichte auf der englischen Chessbase-Seite verfolgt.

Viel Spaß dabei!