Retro der Woche 15/2017

Beweispartien mit mehreren Lösungen finde ich immer sehr attraktiv. Es nietet sich ein Vergleich zu Hilfsmatts an: auch dort sind eindeutige Lösungen erwartet und auch dort kann man nur über mehrere Lösungen ein wenig der „Breite“ etwa von Direktmatts erhalten, da ja hier per definitionem Varianten ausgeschlossen sind: Beide Seiten ziehen an einem Strang, und da kann es prinzipielle keine Abweichungen geben.

David Novomesky
StrateGems 2013
Beweispartie in 10 Zügen, 2 Lösungen (11+11)

 

Neben den Lösungen an sich interessieren mich bei dieser Art von Aufgaben besonders deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Natürlich wird es in Beweispartien mit mehreren Lösungen immer Züge geben, die in allen vorkommen. Beim Hilfsmatt ist dies verpönt, hier aber kaum zu vermeiden. Schließlich müssen alle ziehenden Steine auf ihre Diagrammposition kommen.

Bei der vorliegenden Aufgabe des slowakischen Komponisten, der kürzlich seinen 65. Geburtstag feiern konnte (*30.03.1952), ist natürlich erforderlich herauszufinden, wie die immerhin zehn fehlenden Steine in nur 20 Einzelzügen starben.

Wer lösen möchte (und das empfehle ich euch heute ganz besonders!), sollte nun erst einmal noch nicht weiterlesen.

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Niederrhein-Treffen

Am letzten Sonntag, dem 2. April, trafen sich bei Hans-Peter Reich in Neuss einige Problemisten (Hans-Peter Reich, Stefan Höning, Bernd Gräfrath, Bernd Schwarzkopf, bernd ellinghoven, Jörg Kuhlmann, Ralf Binnewirtz und Thomas Brand) zu einem gemütlichen Schach-Nachmittag und -Abend. Bernd Gräfrath hatte im Vorfeld auf die Broschüre Synthetic Games von J. P. Jelliss aus dem Jahr 1998 hingewiesen und speziell nach einer Verbesserung des Rekordes für eine (nicht-eindeutige) Beweispartie unter der Bedingung „Doppellängstzüger“ gefragt, die mit einem Bauernmatt endet. Beim Doppellängstzüger müssen beide Seiten von allen legalen Zügen den geometrisch längsten machen, bei gleicher Länge haben sie freie Auswahl. Bei Rochaden addieren sich die Königs- und Turmwege.

Jelliss hatte (siehe Seite 17) eine Partie in 19 Zügen gefunden und nach einer kürzeren („more subtle“) Lösung gefragt.

Schwierig bei dieser Bedingung ist es, andere Steine als Springer überhaupt ans Laufen zu bekommen…

Beim Treffen selbst hatten wir ein wenig mit der Forderung herumgespielt, aber über das viele Diskutieren und Erzählen dieses Thema ein wenig aus den Augen verloren.

In den Tagen darauf hat sich Bernd Schwarzkopf damit beschäftigt – und auch wirklich eine deutlich kürzere Partie gefunden, die auch noch ziemlich trickreich ist, wie ihr sehen werdet. Zunächst aber herzlichen Dank an Bernd, dass er mir die Aufgabe für den Blog zur Verfügung gestellt hat — und Hans-Peter nochmals für die Organisation und Gastfreundschaft!

Bernd Schwarzkopf
Urdruck
Kürzeste BP (17,5 Züge), die mit Bauernmatt endet, Doppellängstzüger (13+14)

 

Dem Diagramm sieht man noch nicht unbedingt die Feinheiten an, mit denen das Ziel erreicht wird.

1.Sf3 Sf6 2.Sh4 Se4 3.Sf5 Sg5 4.Sa3 Sc6 5.Sb5 Sf3+ 6.exf3 Sd4 7.Lc4 Se2 (Verhindert 9.0-0!) 8.Lxf7+ Kxf7 9.Sh6+ gxh6 10.Sd6+ Kg6 11.Sc4 Sg3 12.Se5+ Kh5 13.Sg4 Sf1 14.Se3 Sxe3 (Nun noch nicht 15.h2-h4, weil Weiß dann im nächsten Zug rochieren müsste.) 15.Tf1 Sc4 16.Th1 Se5 17.h4 Sg6 18.g4#.

Raffiniert wird die weiße (Zwangs-)Rochade, die h4 die Deckung entziehen würde, vereitelt. Und sicher kommt man nicht sofort auf den Gedanken, mit dem Läufer dem schwarzen König den Weg nach draußen zu öffnen?!

Vermag diesen Rekord noch jemand zu unterbieten?

Problemas April 2017

Pünktlich wie immer ist die neueste Ausgabe von Problemas (April 2017) erschienen, wieder mit viel interessantem Lesestoff.

So berichtet Valeri Liskowets über die Anwendung der Paritätsregel auch außerhalb der Retroanalyse, Andrew Buchanan stellt neue Gedanken zu “Dead Positions” vor, und den Problemschach-historisch Interessierten sei besonders der Artikel von Mikola Tscherniawski und Andrej Frolkin über Pierre Auguste d’Orville ans Herz gelegt.

Viel Spaß beim Lesen!

Retro der Woche 14/2017

Auch heute möchte ich euch wieder ein klassisches Retro vorstellen, bei dem die letzten (eindeutigen Züge) zu finden sind. Solche Aufgaben müssen übrigens trotz der relativ langen Zügezahl nicht unbedingt schrecklich schwer zu lösen sein.

Thierry le Gleuher
Probleemblad 2003
Letzte 42 Halbzüge (14+13)

 

Je nachdem, ob ich zunächst „oben“ oder „unten“ aufs Brett schaue, fallen sofort zwei Stellungsmerkmale ins Auge, die für die Auflösung wichtig sind: „Oben“ fällt auf, dass das Schachgebot gegen den weißen König nur durch Rücknahme der schwarzen langen Rochade aufgehoben werden kann. Das verrät nicht nur, welche Seite mit der Rücknahme beginnt und wie der erste Rücknahmezug lautet, sondern macht dann anschließend sTa8 und sKe8 retro-unbeweglich: Sie dürfen keine Züge mehr zurücknehmen, da sie ja „in der Zukunft noch rochieren werden“.

„Unten“ fällt sLe1 auf: er muss ein Umwandlungsstein sein, denn anders hätte er neben wBd2 und wBf2 das Feld e1 nicht erreichen können.

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