Retro der Woche 02/2019

Am ersten Sonntag des neuen Jahres möchte ich euch eine schon etwas ältere und auch thematisch recht ungewöhnliche Beweispartie des Finnen Unto Heinonen (* 25.12.1946) zeigen. Wir kennen ja auch hier Unto als einen Komponisten, der ein wenig abseits des Mainstreams komponiert.

Unto Heinonen
Die Schwalbe 1993, 1. Preis
Beweispartie in 24 Zügen (16+10)

 

Ungewöhnlich ist hier schon der dritte schwarze Turm, der sofort auffällt und den wir gleich benutzen werden, um uns die ersten Schritte der Lösung dieser Aufgabe zu erarbeiten. Wir können zunächst einmal anhand der schwarzen Bauernstellung schnell feststellen, dass der aus [Bd7] entstanden sein muss.

Und nun zählen wir zunächst einmal die schwarzen sichtbaren Züge. Dabei lassen wir zunächst offen, welchen Turm wir als Umwandlungsturm ansehen und stellen fest, dass die beiden Original-türme mindestens fünf Züge gemacht haben müssen: Tf7 zwei, die beiden anderen jeweils drei, und wir zählen den dritten Turm zunächst nicht mit.

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Retro der Woche 46/2018

Wenn ihr ein klassisches Retro von Thomas Volet seht, ist auch bei euch sicher einer der ersten Gedanken: „Schachschutz“? Mit diesem Thema hat Tom schon viele schöne Aufgaben gebaut; eine ganz besondere möchte ich heute vorführen.

Thomas Volet
Die Schwalbe 2008, 2. Preis
Löse auf (15+12)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Analyse der Schlagfälle: Auf f6 wurde der einzig fehlende weiße Stein, ein Springer, geschlagen, bei Schwarz fehlen Springer, Turm und zwei Bauern; drei weiße Schläge sind im Diagramm zu sehen: Bcxbxa und Bh2xg3. Die beiden fehlenden schwarzen Bauern [Bc7] und [Bd7] können selbst nicht geschlagen haben, können aber auch beide nicht von Bauern geschlagen worden sein.

[Bc7] muss sich schlagfrei auf c1 umgewandelt haben, und [Bd7] wurde auf seiner Linie geschlagen.

Schnell sehen wir auch, wie der Knoten im Westen geöffnet werden kann: Durch die Rücknahme von Bd2-d3. Das aber ist nicht so einfach.

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Retro der Woche 37/2018

Von den französischen Retro-Lösemeisterschaften hatte ich im August zwei Aufgaben in der Rubrik „für zwischendurch“ vorgestellt Zwischendurch 54 und Zwischendurch 55). Daraus zu schließen, dort würden überwiegend relativ einfach gestrickte Aufgaben verwendet, wäre aber verfehlt, wie das heutige Stück euch sicher überzeugen wird.

Roberto Osorio & Jorge J. Lois
Phénix 2016
Beweispartie in 16,5 Zügen (15+14)

 

Hier bringt uns das Zählen der sichtbaren schwarzen Züge offensichtlich nicht weiter – wie schaut es bei Weiß aus? Hier sehen wir 2+2+5+0+2+2=13 Züge. Dabei gehen wir davon aus, dass [Ke1] über d2 nach c3 gelangt ist; Weiß könnte aber auch lang rochiert haben: Das würde einen Königszug mehr erfordern, allerdings einen Turmzug weniger, wir hätten dann 3+2+4+0+2+2=13.

So oder so bleiben vier weiße Züge noch frei – wirklich?

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Retro der Woche 41/2017

Zum Feiertag in der letzten Woche hatte ich eine Zwischendurch-Beweispartie des Australiers Peter Wong vorgestellt; heute möchte ich ein deutlich komplexeres Stück von ihm demonstrieren.

Peter beschäftigt sich besonders gern mit Tempospiel – und zumindest ich empfinde solche Aufgaben häufig als recht schwer zu lösen. Das liegt auch daran, dass man meist mit dem Üblichen Züge-Zählen nicht allzu weit kommt, dass auch die Tempomanöver gelegentlich nicht ganz einfach aus der Stellung abgeleitet werden können.

Peter Wong
The Problemist 1988, 3.-5. ehr. Erwähnung
Beweispartie in 21 Zügen (15+13)

 

Hier kommen wir offensichtlich mit reinem Züge zählen nicht allzu weit: Bei Weiß „sehen“ wir nun 3+0+0+0+3+1=7 Züge – genau ein Drittel der zu erwartenden Züge. Bei Schwarz schaut es schon etwas besser aus: 1+1+2+4+4+2=14 – genau doppelt so viele Züge wie bei Weiß, aber auch nur zwei Drittel aller geschehenen schwarzen Züge.

Da müssen wir also nach anderen Indizien schauen, und das ist ja häufig die Überlegung, welche Steine denn auf dem Brett fehlen.

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Retro der Woche 36/2017

Nachdem ich in der letzten Woche eine Beweispartie aus dem FIDE-Album 2010-2012 quasi als „Appetithäppchen“ für das Album vorgestellt hatte, soll heute nun ein klassisches Retro folgen.

Nikolai Beluchow ist mit 15 (!) klassischen Retros (davon vier Koproduktionen) im Album vertreten, und bei seinen Aufgaben kann man immer von hoher Qualität ausgehen. So auch bei dem Stück, das ich für heute ausgewählt habe.

Nikolai Beluchow
StrateGems 2011
Letzte 40 Einzelzüge? (14+12)

 

Ein paar Fragen lassen sich aus dem Diagramm rasch klären: So hat Schwarz offensichtlich zweimal mit seinen Bauern geschlagen (fxe und hxg); damit sind die fehlenden weißen Steine erklärt.

Die weißen Schläge ergeben sich nicht ganz so offensichtlich durch Doppelbauern: Damit sBc3 und sBd2 ihre Position schlagfrei erreichen konnten, müssen [Bc2] und [Bd2] überkreuz geschlagen haben. Irgendwie muss auch [Ba7] verschwunden sein. Er kann nicht selbst geschlagen haben, muss also auf der a-Linie selbst geschlagen worden sein.

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Marco Bonavoglia 64

Einen sehr “eckigen” Geburtstag, der aber für jenen Schachfan eigentlich der rundeste ist, feiert heute Marco Bonavoglia: Viele kennen ihn sicher beispielsweise aus Andernach und schätzen ihn auch als Retro-Freund, der schon lange in unserem Lieblingsbereich schöne Aufgabe, häufig verbunden mit Märchenbedingungen baut.

Ein schon etwas älteres Stück, das mir aber immer wieder hervorragend gefällt, habe ich zur Feier des Tages herausgesucht:

Marco Bonavoglia
feenschach 1986
Beweispartie in 11,5 Zügen, Schlagschach (16+15)

 

Die Frage ist natürlich, wie und wo der einzig fehlende Stein, der schwarze König, “herausoperiert” werden konnte, ohne dabei in andere Schlagfallen tappen zu müssen.

1.d3 Sf6 2.Kd2 g5 3.Ke3 Lh6 4.Ld2 0-0 5.Le1! Kh8 6.Lc3 Sg8 7.Lxh8 a5 8.Lc3 a4 9.Ld2 Sf6 10.Lc1 Th8 11.Kd2 Lf8 12.Ke1.

Da gibt es in so wenigen Zügen viel zu bestaunen: Jede Menge Rückkehren, Rochade, ein verblüffender Tempozug — immer wieder schön!

Lieber Marco, alles Gute wünsche ich dir zu deinem Geburtstag — und wir sehen uns in Andernach?!

Retro der Woche 05/2017

Ich hatte ja beim letzten Retro der Woche versprochen, die zweitplatzierte Aufgabe des phénix-Retroturniers 2005 noch vorzustellen. Dieses Versprechen hatte ich schon längst, wie mir erst diese Woche auffiel, eingelöst: Schaut euch das Retro der Woche 22/2013 an…

Eine wie ich finde sehr elegante Beweispartie aus dem Jahre 1998 habe ich für heute ausgewählt, mir gefällt sie sehr gut, da sie das Thema im Diagramm klasse versteckt, man es dann aber mit einigen Überlegungen herausfindet, um mit diesem Wissen dann die Lösung erarbeiten zu können.

Thierry Le Gleuher
StrateGems 1999 (Version), Lob
Beweispartie in 25,5 Zügen (15+15)

 

Die beiden einzigen Schläge waren axb durch Weiß und gxf6 durch Schwarz, damit sind die fehlenden Steine erklärt. Nur: Was konnte geschlagen werden? Es fehlen [Ba7] und [Bg2]. Die können, da sie selbst nicht geschlagen haben können, jedoch nicht geschlagen worden sein.

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Retro der Woche 01/2017

Euch allen wünsche ich alles Gute für das neue Jahr 2017, und ich hoffe, ihr bleibt dem Blog gewogen!

Vor 50 Jahren, im Januar 1967 erschien das Stück, das ich für den heutigen Neujahrstag ausgesucht habe. Verfasser ist Luigi Ceriani, einer der bedeutendsten, wenn nicht der bedeutendste Retrokomponist des vorigen Jahrhunderts. In seinem Stück sind nicht alle Züge ganz eindeutig, wohl aber die genaue Struktur der Lösung.

Luigi Ceriani
Europe Echecs 1967 Lob
Löse die Stellung auf (12+13)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Analyse der Schlagfälle: wBe6 ist der ursprüngliche [Bh2], womit alle fehlenden schwarzen Steine bereits erklärt sind. Er kann nämlich nicht von c2 kommen: Dann benötigte er zwar nur zwei Schlagfälle, aber dann müssten auch Bb6 und Bc6 je einmal geschlagen haben – das ist aber bei 13 auf dem Brett stehenden schwarzen Steinen unmöglich.

Damit ist auch klar, dass sBb5 bis e5 die [Ba7] bis [Bd7] sind: wBb6 und wBc6 können nicht geschlagen haben, also kann sBe5 nicht [Bg7] (und sBg5 nicht [Bh7]) sein, da dann nicht beide genannten weißen Bauern befreit werden könnten.

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