Nach dem klassischen Retro und der Märchenbeweispartie aus dem 2020er Jahrgang von Phénix (Retro der Woche 19/2021 und Retro der Woche 20/2021) habe ich von dort nun eine orthodoxe Beweispartie herausgesucht – meine generellen Anmerkungen aus der 19. Woche gelten auch hier wieder.
Thierry Le Gleuher Phénix 2020 Beweispartie in 26 Zügen (12+16)
Das eigentliche Thema sieht man hier bereits beim Blick aufs Diagramm: die achte Reihe wird auf die vierte verschoben – ein hübscher optischer Effekt. Wir werden aber gleich sehen, dass zum Erreichen der Stellung auch noch ein paar versteckte Manöver erforderlich sind.
Zählen wir zunächst die sichtbaren Züge: Bei Weiß sind das 0+2+0+1+1+1=5 – gleich 21 Züge sind noch offen! Bei Schwarz kommen wir schon deutlich weiter:
Ohne die leidige Corona-Pandemie wären neben mir sicherlich einige der Leser heute noch in Andernach zum traditionellen Problemschach-Treffen am Himmelfahrt-Wochenende, das seit 1975 jedes Jahr dort stattfindet, wenn nicht gerade Corona einen Strich durch die Rechnung macht.
„Zur Feier des Tages“ habe ich daher heute eine Märchen-Beweispartie herausgesucht, wie schon in der letzten Woche aus den Phénix-Urdrucken des Jahres 2020. Die Hinweise aus der letzten Woche sind auch heute gültig.
Éric Pichouron Phénix 2020 Beweispartie in 20,5 Zügen, Knightmate (15+16)
So sehr märchenhaft ist „Knightmate“ gar nicht; hier die Definition aus dem Schwalbe-Märchenlexikon: In der Partieanfangsstellung werden die Könige durch königliche Springer und die Springer durch nichtkönigliche Könige ersetzt. Könige dürfen geschlagen werden und durch Umwandlung entstehen.
Mit anderen Worten: Könige und Springer tauschen vollständig ihre Rollen.
Und so haben wir bei Weiß, wenn man von den Bauernzügen absieht, eine Homebase-Stellung für diese Märchenbedingung.
Heute gehen herzliche Glückwünsche zum 70. Geburtstag nach Slowenien zu Marko Klasinc!
Marko ist überwiegend Hilfsmatt-Komponist, hat jedoch auch eine ausgesprochene Vorliebe für Retros und dort speziell für Rückzüger aller Art: Bei ihm finden sich komplexe Hilfsrückzüger, aber auch Verteidigungsrückzüger; hier ist er besonderer Spezialist für den Typ Høeg.
Zur Feier seines Geburtstages habe ich aber ein anderes Stück herausgesucht, das euch sicher auch Freude bereitet beim „zwischendurch Lösen“!
Marko Klasinc Jugoslawisches Studententurnier 1971, 2. Preis h#2* (14+15)
Wie immer findet ihr in etwa einer Woche hier die Lösung.
Lösung
Bemerkenswert: hat Schwarz (im Satz) oder Weiß (im Spiel) zuletzt gezogen, so lässt sich jeweils ein Bauern-Doppelschritt als letzter Zug nachweisen!
Zum, obgleich sehr eckigen, aber für uns Schachleute besonders runden „Schachbrett-Geburtstag“, also zum 64., gehen heute besonders herzliche Glückwünsche nach Kiew zu Andrej Frolkin.
Über ihn muss ich sicherlich nicht viel erzählen: Die PDB und auch WinChloe enthalten mehr als 900 Retros von ihm, aber er beschäftigt sich auch mit den anderen Gebieten des Problemschachs, speziell mit dem Hilfsmatt.
Aber nicht nur als Komponist tritt er hervor: auch als Schreiber häufig sehr ausführlicher, theoretisch bedeutsamer Artikel zu allen Bereichen unserer Lieblingsthemen im Problemschachs, als Buchautor (zusammen mit Gerd Wilts 1991 – vor 30 Jahren! – Shortest Proof Games – The Rubik’s Cube of a Chess Player das erste über Beweispartien). Natürlich ist er wegen seiner Kompetenz, seiner Zuverlässigkeit und Schnelligkeit auch ein höchst begehrter Preisrichter, der seine Urteile, seiner Profession entsprechend, in perfektem Englisch abzugeben versteht.
Eine ganz frühe Beweispartie von ihm möchte ich heute vorstellen, sie lohnt das Lösen „zwischendurch“; wie immer veröffentliche ich hier die Lösung in etwa einer Woche!
Andrej Frolkin Themes-64 1984, 1. ehrende Erwähnung Beweispartie in 14 Zügen (15+15)
Auch wenn wir uns noch nie persönlich getroffen haben, hat sich „per Mail“ zwischen uns eine echte Freundschaft entwickelt, die weit über den Austausch zu schachlichen Belangen hinaus geht.
Lieber Andrej, dir wünsche ich auch auf diesem Wege für dein neues Lebensjahr, für den „Start aufs zweite Brett“ alles denkbar Gute, vor allen Dingen natürlich Gesundheit, und weiterhin viel Freude und Erfolg mit unseren geliebten Retros!
Kürzlich habe ich das Preisrichteramt für den Retro-Jahrgang 2020 von Phénix übernommen: etwa gleich viele Beweispartien (29) und sonstige Retros (28) stehen dort zur Beurteilung an. Ich habe mit der Reihung noch nicht begonnen, möchte euch aber aus dem Turnier ein klassisches Retro zeigen, das recht typisch für den Stil des Autors ist. Über eine mögliche Platzierung im Bericht kann ich natürlich noch nichts sagen — und selbst wenn ich es könnte, täte ich das selbstverständlich nicht…
Tom Volet Phénix 2020 Löse die Stellung auf (14+12)
Die beiden fehlenden weißen Steine wurden auf e6 bzw. f6 geschlagen — wegen der Felderfarbe des Läufers geschah gxLf6 und dxSe6. Auch über die weißen Schlagfälle können wir schon eine Menge sagen: exf3, hxg sowie cxbxBa7. Der fehlende [Bc7] konnte mangels Schlagobjekten selbst nicht schlagen, musste also, um verschwinden zu können, schlagfrei auf c1 umwandeln.
Heute hatte ich die Mai-Ausgabe des Problemist in elektronischer Form in meiner Mailbox — die Papierversion lässt wohl noch etwas auf sich warten.
Vielleicht wollt ihr euch ja die Wartezeit bis dahin verkürzen? Für zwischendurch ist die folgende Beweispartie aus der November-2020-Ausgabe sicher ideal dafür: Viel Spaß beim kurzweiligen Lösen!
Mark Thornton The Problemist 2020 Beweispartie in 7 Zügen (15+13)
Lösung
Weiß muss gleich zu Beginn der Lösung ein Tempo verlieren — hübsch!
Heute gehen herzliche Glückwünsche zum 70. Geburtstag an Ralf Binnewirtz nach Meerbusch-Osterath am linken Niederrhein. Wer nun bei WinChloe, in der PDB oder der yacpdb nach seinen Probleme sucht, wird allerdings nicht fündig.
Ralf, promovierter Chemiker im Ruhestand, stellt sich auf seiner immer wieder besuchenswerten Site mit “Meine schachlichen Interessen liegen seit vielen Jahren im Bereich des Problemschachs in Verbindung mit Schachgeschichte und des Sammelns von Schachliteratur.” viel zu bescheiden vor. Dazu kommen wichtige eigene Buchprojekte über Ado Kraemer und zum Schlagschach, die Unterstützung als Lektor und Layouter anderer (Werner Keym), das Verfassen kenntnisreicher Rezensionen und vieles mehr. So hat er erst kürzlich eine Kleine Bibliografie zum Problemschach veröffentlicht.
Ich kann hier all seine Aktivitäten um und für das Problemschach gar nicht aufzählen, ich kann euch also nur den Besuch seiner Seite empfehlen.
Lieber Ralf, für den heutigen Tag wünsche ich dir schönes Feiern, für dein kommendes Lebensjahr(zehn) alles Gute und weiterhin viel Freude und Erfolg bei unserem gemeinsamen Lieblingshobby!
Heute möchte ich die kleine Serie recht kurzer Beweispartien von Reto Aschwanden (siehe RdW 14/2021 und RdW 16/2021) fortsetzen mit einem Stück, das 2005 von Hans Gruber als Richter den ersten Preis im Jahresturnier von StrateGems erhielt — er konnte also seinen „Titel aus dem Vorjahr“ verteidigen.
Weiß muss offensichtlich in seinen 18 Zügen nichts tun außer [Bb2] und [Bh2] loszuwerden – ansonsten ist zumindest sichtbar nichts passiert. Bevor wir allerdings die schwarzen Züge zählen, überlegen wir uns, wie die Türme am zugsparsamsten ihre Diagrammfelder erreicht haben können?
Unabhängig von deren Wegen sehen wir, dass [Sg8] gezogen haben muss, um [Th8] heraus zu lassen: Der Springer hat also mindestens zwei Züge gemacht. Die Türme sind am sparsamsten mittels langer Rochade und dann beide via g8 und g5, wobei der „erste“ weiter nach e5 zieht, zu platzieren.