Retro der Woche 15/2014

In der gerade erschienenen Ausgabe von StrateGems sind bereits meine beiden Preisberichte für die Beweispartien und die (sonstigen) Retros des Jahres 2013 erschienen. Von vorn herein hatte ich das hehre Ziel, die Berichte so schnell wie möglich zu erstellen, und dies klappte auch mit der Unterstützung des Sachbearbeiters Kostas Prentos ganz prächtig: Er hatte mir sehr schnell schon die Manuskripte der Lösungsbesprechungen zugesendet, so dass die Berichte dann gemeinsam mit den letzten Besprechungen publiziert werden konnten.

In der Beweispartie-Abteilung gab es 20 Aufgaben zu bewerten; bei der hohen Qualität konnte ich immerhin sechs davon, also 30 Prozent, in den Preisbericht aufnehmen. Heute möchte ich euch den ersten Preis aus diesem Turnier vorstellen.

 

Jorge Lois & Roberto Osorio
StrateGems 2013, 1. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (12+12)

 

Eine schon optisch sehr einladende und elegante Stellung, bei der nur wBa5 als offensichtlicher Schlagtäter klar ist; er kommt von c2. Nun solltet ihr einmal versuchen, selbst das Thema der Aufgabe zu erraten – besser natürlich zu „erarbeiten“. So viel sei verraten: Es handelt sich um eine „Beweispartie der Zukunft“, in der also zumindest zwei Themen doppelt gesetzt sind.

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Schwalbe und feenschach

Heute, am 25. März, hatte ich schon das April-Heft der Schwalbe im Briefkasten — und nicht nur das: Auch zwei feenschach-Hefte (f-204 und f-205) waren dabei!

Alle drei Hefte bieten großartigen Lese- und Lösestoff für uns Retrofreunde; nur ein paar Artikel möchte ich besonders erwähnen:

In der Schwalbe ein Einführungsartikel zu Anticirce-Procas von Andreas Thoma sowie der Beitrag von Bern Schwarzkopf zu Tempoverlustspielen; in feenschach zum Beispiel ein Artikel über eine Aufgabe von Karl Fabel, Preisbericht und Artikel zu A→B-Schach, zu Basisplänen in logischen VRZ-Procas, zu elsässischen Beweispartien — und bereits der Preisbericht zu den 2012er feenschach-Retro-Urdrucken.

Jede Menge interessante Themen also — viel Spaß!

Tempozüge von Ceriani-Frolkin-Steinen

Im neuen Heft 39 der Zeitschrift Quartz (Februar 2014) hat Paul Raican einen interessanten Artikel “Tempo moves by Ceriani-Frolkin pieces” veröffentlicht, den ich euch zum Lesen empfehlen möchte — auch wenn nach meinem Verständnis nicht in allen Fällen von Tempozügen gesprochen werden kann.

Ein Beispiel der 13 dort vorgestellten Beweispartien möchte ich euch hier zeigen:
 

Guy Sobrecases
StrateGems 2011
Beweispartie in 15,5 Zügen (12+13)

 

Lösung: 1.e4 a5 2.La6 a4 3.Ke2 a3 4.Kd3 axb2 5.Sa3 b1=D 6.Lb2 Dc1! Tempo 7.Lxg7 Sf6 8.Kc3 Db2+ 9.Kxb2 Sxe4 10.Tc1 Sxf2 11.Ka1 Sd3 12.cxd3 Ta7 13.Tc6 bxc6 14.Sc4 Lb7 15.a3 La8 16.Lc8 e5.

Überraschender Tempozug der umgewandelten Dame, “Rundlauf des sBb2”.

Retro der Woche 13/2014

Retro der Woche 13/2014

Ist das folgende Stück nun schwer oder leicht zu lösen? Selten habe ich von zwei exzellenten und erfahrenen Lösern so unterschiedliche Kommentare zum Schwierigkeitsgrad einer Beweispartie erhalten wie bei dem heute für euch ausgewählten Stück.

 

Kostas Prentos
Die Schwalbe 2010, 4. Lob
Beweispartie in 16 Zügen (16+15)

 

Meine Empfehlung also: Wenn ihr Lust und Zeit habt, schaut euch das Stück zunächst einmal selbst an, ohne irgendwelche Hinweise von mir dazu zu lesen – damit werde ich mich heute auch stark zurückhalten.

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Retro der Woche 11/2014

Nachdem wir in der letzten Woche einen Springer-Platzwechsel gesehen hatten, der einen Tempoverlust ermöglichte, bleiben wir beim Thema „Tempoverlust“ – und beim gleichen Autorenpaar.

Auch hier geht es um ein ungewöhnliches Manöver, das den Tempoverlust erst ermöglicht, und der Grund ist nicht auf den ersten Blick zu sehen.

 

Roberto Osorio & Jorge Lois
Länderkampf Argentinien-Italien 2009-2010
Beweispartie in 23 Zügen (16+11)

 

Weiß ist komplett, bei Schwarz fehlen neben dem sLc8, der zu Hause geschlagen sein musste, noch vier Offiziere, die allesamt von weißen Bauern (cxd, dxe3, exf3, hxg3) geschlagen worden sind.

Versuchen wir uns zu überlegen, welche weißen Züge notwendig waren? Drei Königszüge sind offensichtlich, ebenfalls fünf Bauernzüge (auf d4 steht der [wBc2]). Drei Läufer- und wiederum fünf Springerzüge sind ebenfalls mindestens erforderlich. Damit sind noch sieben Züge frei für die Dame und den Turm – dabei muss allerdings [sLc8] geschlagen werden.

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Retro der Woche 10/2014

In der letzten Woche hatten wir uns einen originellen Platzwechsel weißer Türme angeschaut – heute wollen wir uns mit einem besonders verblüffenden Motiv für einen weißen Springer-Platzwechsel beschäftigen: Tempoverlust!

Nun werdet ihr vielleicht einwenden: „Welch ein Unsinn – Springer können doch kein Tempo verlieren!“ Das stimmt natürlich — aber sie können einen Tempoverlust eines anderen Steins erst ermöglichen, und genau das zeigen die beiden Komponisten aus Buenos Aires hier.

Roberto Osorio & Jorge Lois
Die Schwalbe 2011
Beweispartie in 22,5 Zügen (14+15)

Bei Weiß fehlen [wLf1] und [wBf2], bei Schwarz [sBe7]. Zählen wir nun die sichtbaren Züge, so stellen wir fest, dass alle 22 benötigt werden, um die schwarzen Steine auf ihre Diagrammstellung ziehen zu können (4+2+5+4+4+3=22).

Damit sind auch sofort alle Schlagfälle klar: fxe7 ([sBe7] kann nicht gezogen haben) durch Weiß sowie Lxe7 (nur [sLf8] konnte auf e7 ziehen) sowie hxLg6.

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Retro der Woche 09/2014

Heute möchte ich wieder einmal eine „klassische“ Beweispartie vorstellen, der man das eigentliche Thema nicht sofort dem Diagramm ansieht – so zumindest ging es mir, als ich das Stück zum ersten Male sah.

 

Thierry Le Gleuher
The Problemist 2009, 1. Preis
Beweispartie in 27,5 Zügen (16+14)

 

Beginnen wir wie üblich kurz mit der Inventur: Schwarz hat überhaupt nicht geschlagen, bei ihm fehlen zwei Steine: Ein Turm und der [sBc7]. Wir können sicher sagen, dass der sT aub b3 geschlagen worden ist; über den [sBc7] können wir im Moment nur sagen, dass er nicht von einem Bauern geschlagen worden ist.

Bei der Klärung seines Schicksals kann uns das Zählen der erforderlichen schwarzen Züge helfen:

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Problem mit Euclide

Ziemlich überraschend sind Bernd Gräfrath und Silvio Baier auf ein Problem mit dem Prüfprogramm für Beweispartien Euclide gestoßen: Für eine Beweispartie findet Euclide keine Lösung, obgleich eine existiert, die auch von Natch gefunden wird.

Bernd stellt in einem Beitrag, den ihr hier herunterladen könnt, die Aufgabe vor — sie ist nicht nur wegen dieses Fehlers sehenswert!

Übrigens findet Euclide bei den angegebenen Vergleichsaufgaben die Lösungen. Ich persönlich vermute, dass eine Optimierung zu “scharf” geschaltet ist. Über die weitere Entwicklung werde ich jedenfalls gern berichten.