Retro der Woche 33/2025

Am Mittwoch hatte ich auf den Preisbericht des Champagne-Turniers 2025 hingewiesen und versprochen, darauf zurück zu kommen: Voilà!

Preisrichter Éric Pichouron, der seine Rolle aus den letzten Turnieren mit Direktor Michel Caillaud getauscht hat, hat fast alle eingereichten Aufgaben in seinem Bericht erwähnt, das sind in der Abteilung A (Beweispartien) gleich 21 Probleme. Ungewöhnlich für das Champagne-Turnier ist, dass alle vier Preisträger orthodoxe Aufgaben sind: Das geht also immer noch!

Der erste Preis ging in die Niederlande: Wer im Mai in Andernach war, konnte Joost dort kennenlernen.

Joost Michielsen
Champagne-Turnier 2025, 1. Preis Abt. A
Beweispartie in 21 Zügen (15+13)

 
Bei Schwarz sieht man nur drei Züge des[Bf7], bei Weiß etwas mehr: 0+2+4+3+4+5=18 — aber auch damit sind noch drei Züge frei. Aber das relativiert sich alles:

Bei Weiß fehlt [Bh2], bei Schwarz fehlen die beiden Läufer sowie [Bc7]. Die Läufer starben beide zu Hause (die wegzuschlagen bleiben nur drei Züge — da ahnt ihr sicher schon, wie das passiert ist?), aber der Bauer konnte nicht auf der d-Linie geschlagen werden, denn dazu fehlt ihm ein Schlagobjekt.

Weiterlesen

Erbärmlich

Aktualisiert am 11.8.2025!

Im September letzten Jahres hatte der Schachverband Württemberg sein regelmäßiges Thematurnier ausgeschrieben; gefordert waren erbärmliche Zugpaare in einer möglichst kurzen Partie. Was ist damit gemeint?

Übersieht man ein direktes Matt, ist das mindestens peinlich. Erlaubt der stattdessen gespielte Zug dann aber noch dem Gegner ein einzügiges Matt, so ist dieser Zug wahrlich erbärmlich. Gefordert waren zwei erbärmliche Züge in einer fiktiven, möglichst kurzen Partie direkt hintereinander.

Der nun vorliegende Preisbericht (aktualisiert 11.8.2025!) verspricht schadenfrohe und kurzweilige Unterhaltung; viel Spaß dabei!

Stelvio 4.1

Heute hat Reto Aschwanden eine neue Version von Stelvio veröffentlicht: Version 4.1 steht zum Download bereit.

Die neue Version enthält weitere Verbesserungen in der Strategieanalyse und damit potenziell eine weitere Beschleunigung der Prüfung speziell längerer Beweispartien, aber auch die Behebung eines “horrible bug”, der unter gewissen Umständen in Version 4.0 dazu führen konnte, dass eine Aufgabe fälschlich als korrekt ausgewiesen wurde.

Hintergründe und Empfehlungen, wie ihr damit umgehen könnt, gibt Reto speziell in der WhatsNew Datei — hier solltet ihr also unbedingt hineinschauen!

Retro der Woche 31/2025

Mit dem bereits in der letzten Woche hier angesprochenen Juni-Heft der Schwalbe hat Jochen Schröder die ersten zwei Jahre seiner Retro-Sachbearbeiter-Tätigkeit erfolgreich hinter sich gebracht — und ich musste feststellen, dass ich hier noch keine Aufgabe von ihm vorgestellt hatte. Das muss sich natürlich ändern!

Und daher stelle ich euch heute eine Aufgabe vor, die er im letzten Jahr veröffentlicht hat, die er dann aber noch verändert, inhaltlich weiter geschärft hatte.

Jochen Schröder
Die Schwalbe 2024
Beweispartie in 11,5 Zügen, Königsdynastie (12+11)

 
In der Schwalbe wurde die hier verwendete Bedingung „Königsdynastie“ so definiert: „Ein König – außer wenn er königlich ist – kann geschlagen werden und jederzeit – auch zur Schachabwehr – durch Bauernumwandlung neu entstehen. Er ist genau dann königlich, wenn er der einzige König seiner Partei ist. Ein König darf nur dann rochieren, wenn er königlich ist und nicht gezogen hat, seit er zuletzt königlich wurde. Die anderen für die Rochade vorgeschriebenen Bedingungen bestehen weiter.“ Daraus folgt, dass es nur Schachgebote gibt, wenn der einzige König einer Partei bedroht ist — und wegen der Schlag-Regel für Könige wird beim klassischen „Matt“ weitergespielt und im nächsten Zug gegebenenfalls der König geschlagen, womit dann eine Partie beendet wäre, ist es der einzige König.

Zählen wir die weißen Züge, so stellen wir fest, dass theoretisch der wKg1 durch Umwandlung entstanden sein kann (5+7=12) — aber da schafft es Schwarz nicht, all seine Steine loszuwerden und gleichzeitig die fehlenden weißen zu schlagen.

Na ja, bei der Bedingung können wir natürlich auch Umwandlungen erwarten…

Weiterlesen

Retro der Woche 30/2025

Nachtrag 26.7.25: Nach einem technischen Problem gestern hatte eine alte Fassung dieses Beitrags online gestanden. Das ist nun hoffentlich korrigiert …

Am 18. Juli habe ich hier den Preisbericht des diesjährigen Champagne-Turniers anlässlich des WCC in Alba Iulia angesprochen und dabei schon angekündigt, dass ich auf dieses Turnier noch zurückkommen werde — das kann ich heute noch nicht tun, da der Bericht noch nicht veröffentlicht ist.

Stattdessen habe ich heute eine Aufgabe aus dem letztjährigen Turnier herausgesucht, zu dem gerade noch Korrekturen veröffentlicht worden sind.

Traditionell wurde das Turnier wieder in zwei Gruppen ausgetragen: Beweispartien und sonstige Retros; in beiden Gruppen waren auch nicht-orthodoxe Stücke zugelassen. Und beide Abteilungen wurden von Märchen-Retros gewonnen …

Dennoch habe ich heute die bestplatzierte orthodoxe Beweispartie ausgesucht. Ofer Comay ist eher als Hilfsmatt-Verfasser bekannt; weitaus die meisten seiner Aufgaben in der PDB sind Hilfsmatts.

Ofer Comay
Champagne-Turnier 2024, 3. Preis Abt. A
Beweispartie in 19,5 Zügen (16+13)

 

Zumindest der Süden das Diagramms schaut ja eher wie ein klassisches Auflöse-Retro aus als eine Beweispartie — speziell der Südwesten mit den drei schwarzen Steinen und der ungewöhnlichen Anordnung der weißen Steine reizte mich sofort, die Aufgabe zu lösen.

Auch zeigen die Bauern überhaupt keine Spur von Schlägen: Nun, bei Weiß sind eh alle Mann an Bord, aber bei Schwarz fehlen ein Springer sowie [Bf7] und [Bg7]— ohne Bauernspuren sind sie verschwunden, können auch nicht von Bauern geschlagen worden sein.

Das Züge-Zählen hilft auch nicht sehr viel weiter: Bei Schwarz sehen wir 1+2+7+4+2+1=17 Züge — zwei sind also noch frei.

Und bei Weiß ist die Sache ja noch fataler: 0+0+2+2+0+4=8 das sind nur 40 Prozent der weißen Züge!

Weiterlesen

Retro der Woche 28/2025

In den Beiträgen der letzten beiden Wochen hatte ich bereits Preisträger des 11. WCCI vorgestellt: jeweils eine Aufgabe des Drittplatzierten Andrij Frolkin und des „runner-up“, wie die Engländer so schön sagen, Dmitrij Baibikov.

Heute ist nun natürlich der Sieger an der Reihe, da stelle ich eine der Aufgaben, die Silvio Baier fürs WCCI eingesandt hatte, vor.

Silvio Baier
The Problemist 2022, 1. Preis
Beweispartie in 32,5 Zügen (12+14)

Soo viele Züge — und nur einer bei Weiß sichtbar? Das Thema können doch nur ein paar Umwandlungen bei Weiß sein — und vielleicht erinnert ihr euch an eine tolle Artikelserie von Silvio in der Schwalbe Dezember 2022 bis April 2023 zur Themenkombination “Je zwei Ceriani-Frolkins und Pronkins” — die ist übrigens immer noch lesens- und studierenswert.

Beim Blick aufs Diagramm könnte man auf den Gedanken kommen: „die a-, d- und h-Linie sind offen, da bieten sich doch Turm- und/oder Damen-Pronkins an?“ Brav haben ja die schwarzen Offiziere, die anfangs dort auf der 8. Reihe stehen, auch Platz geschaffen.

Nun gilt es also nur noch die zwei Ceriani-Frolkin-Steine zu bestimmen — und dann zu schauen, was Weiß mit den übrig gebliebenen Zügen machen muss?

Weiterlesen

Retro der Woche 26/2025

Beim Vorstellen der Retro-Ergebnisse des 9. WCCI Anfang dieser Woche hatte ich angekündigt, auf diese Weltmeisterschaft noch zurück zu kommen. Heute und an den kommenden beiden Sonntagen will ich jeweils eine Aufgabe der drei bestplatzierten Retro-Autoren hier vorstellen. Einige der eingereichten und besonders hoch bewerteten Stücke haben wir hier übrigens schon gesehen.

Beginnen möchte ich mit dem Drittplatzierten Andrij Frolkin, von dem ich hier bereits drei seiner vier in die Wertung gekommenen Stücke hier vorgestellt habe: im Retro der Woche 19/2025 (9,5 Punkte) und im Retro der Woche 2/2023 sowie Retro der Woche 9/2025 (jeweils 9 Punkte).

Heute schauen wir uns also seine vierte, mit 9,5 Punkten bewertete Aufgabe an:

Andrij Frolkin
Yoav Ben-Zvi Gedenkturnier 2022, Version, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 24,5 Zügen (15+14)

 

Thema des Turniers waren “zweckreine Bahnungen in Beweispartien”, also ein höchst strategisches Thema; Andrijs 2. Preis in diesem Turnier hatten wir bereits Anfang 2023 hier gesehen. Für das Turnier hatte Andrij damals eine schwächere Vorversion eingesendet, da er diese bessere, nachträglich veröffentlichte, damals noch nicht per Computer prüfen konnte; das schaffte in erträglicher Zeit erst Stelvio.

Im Diagramm fehlen ein weißer und zwei schwarze Bauern, und daraus können wir schon Schlüsse ziehen, obgleich keine Doppelbauern zu sehen sind. Der schwarze Bd3 muss schlagfrei von d7 kommen, und das bedeutet, dass “irgendwie” im Zentrum Weiß zwei Bauernschläge durchgeführt haben muss.

Weiterlesen

Titel erneut verteidigt

Heute sind die Ergebnisse der 9. Weltmeisterschaft im Komponieren von Schachproblemen für den Zeitraum der Jahre 2022-2024 (WCCI 2022-2024) veröffentlicht worden.

Dieses Turnier, ausgetragen in den acht “Album-Abteilungen”, endete für Sivilo Baier mit einem riesengroßen Erfolg, die Retro-Abteilung gewonnen zu haben, damit Weltmeister im Komponieren von Retroproblemen geworden zu sein. Dazu gratuliere ich Silvio ganz persönlich und sicherlich auch im Namen aller Blog-Besucher von ganzem Herzen!

Das ist schon ein riesiger Erfolg, ein großartiges Ergebnis, das aber noch dadurch getoppt wird, dass Silvio damit seinen Erfolg der Perioden 2016-2018 und 2019-2021 wiederholen konntest, er nun also zum dritten Mal in Folge den Weltmeistertitel gewinnen konnte!

Hier im Blog werde ich natürlich noch ausführlich auf das WCCI eingehen, auch auf Aufgaben der Platzierten (2. erneut Dmitrij Baibikov, 3. Andrij Frolkin vor weiteren 26 Teilnehmern).