Retro der Woche 25/2013

Das kürzlich erschienene FIDE-Album 2004-2006 ist mit insgesamt 1.367 Aufgaben das umfangreichste aller Zeiten, wenn man von dem retrospektiven “Elf-Jahres-Album” 1945-1955 absieht.

Bekanntlich vergeben drei Richter unabhängig voneinander in Halbschritten 0 bis 4 Punkte für jede Aufgabe, so dass maximal 12 Punkte erreicht werden können. In diesem Album gelang das nur drei Stücken — kurioserweise allesamt Hilfsmatt-Zweizüger, obgleich doch gerade diese Gattung schon lange tot gesagt wird. Aber wurden das nicht orthodoxe Zweizüger auch schon oft, wurden das nicht auch kurzzügige Selbstmatts?

Von den 77 Retros in diesem Album erhielt unser heutiges Retro der Woche als einziges 11,5 Punkte und war damit sehr nahe am Maximum.

Michel Caillaud
Kostas Prentos 40 Turnier 2006, 1. Preis
Beweispartie in 19,5 Zügen (12+12)

Auf beiden Seiten fehlen vier Steine: Bei Weiß die vier Damenflügel-Bauern, bei Schwarz neben den drei Bauern noch ein Springer. Zählen wir wie üblich die Züge, so sehen wir, dass Schwarz alle 19 benötigt, um seine Steine in die Diagrammstellung zu bringen: Egal, wie sK und die sTT gezogen haben, brauchen sie zusammen immer sieben Züge, und die anderen zwölf werden von den anderen schwarzen Steinen komplett benötigt.
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Marco Bonavoglia 60 Turnier

Zur Feier seines 60. Geburtstages schreibt Marco Bonavoglia ein Jubiläumsturnier aus; gefordert sind Beweispartien mit mehreren Lösungen und/oder Zwillingen, die zweifarbige Strategie zeigen. Märchenbedingungen sind erlaubt, aber keine Märchenfiguren. Abhängig von der Anzahl der Einsendungen können im Preisbericht zwei Gruppen (Orthodox und Märchen) gebildet werden.

Beispiele:

Marco Bonavoglia
Messigny 2008, 1. Preis
Beweispartie in 7,5 Zügen mit Varianten (13+13)

Lösung:
1.f4 a5 2.f5 a4 3.f6 a3 4.fxg7 axb2
a) 5.gxh8=L bxa1=S 6.Lhb2 Sb3 7.d4 Sxc1 8.Lxc1;
b) 5.gxh8=S bxa1=L 6.Sg6 Lag7 7.Sxf8 Lxf8 8.d4.

Pronkin auf c1 und f8. Turnier-Thema: Ein Umwandlungsstein schlägt einen Umwandlungsstein.

Marco Bonavoglia
StateGems 2006, Lob — Sara gewidmet
Beweispartie in 3,5 Zügen Andernach-Schach, 2 Lösungen (15+15)

Lösung:
I) 1.d4 Sf6 2.d5 Sxd5=wS 3.Sxe7=sS Sg8 4.c4;
II) 1.c4 e5 2.Sc3 e4 3.Sxe4=sS Sxd2=wS 4.Sb1.

Weißer und schwarzer Springer-Rundlauf.

Pro Komponist ist eine beliebige Anzahl von Einsendungen erlaubt, allerdings höchstesn ein nicht Computer-geprüftes Stück. Bitte gebt für C+ Probleme das Prüfprogramm an.

Der Richter erhält alle Einsendungen in anonymisierter Form.

Einsendungen an Antonio Garofalo (perseus(AT)bestproblems.it) bis zum 31. Januar 2014; Richter ist Marco Bonavoglia.

Die Original-Ausschreibung findet ihr im Netz.

Retro der Woche 23/2013

Vor ein paar Tagen habe ich das Buch 64 Proof Games von Satoshi Hashimoto erhalten: Ein sehr schön gemachtes und interessantes Buch, das nicht nur durch seine besonders Aufmachung punktet: Die 64 Beweispartien werden chronologisch zunächst ohne Lösungen präsentiert, dann erfolgt auf einer ganzen Seite (mit wiederholtem Diagramm) die Lösung und Anmerkungen dazu sowohl auf japanisch als auch auf englisch. Er folgen einige Vergleichsaufgaben, genau so kommentiert, sowie zwei Aufsätze über klassische Retros von Michel Caillaud sowie über das Lösen von Beweispartien, letzterer stammt von Tadashi Wakashima.

Beziehen kann man das Buch (Preis: 20,– EUR) beispielsweise bei Ralf Krätschmar, dem Bücherwart der Schwalbe.

Aus dem Büchlein stelle ich die Nr. 63 vor — weil sie eine tolle Fortsetzung zum Retro der Woche 22/2013 bildet.

Satoshi Hashimoto
StrateGems 2011, 2. Preis
Beweispartie in 25 Zügen (14+15)

Zählen wir die weißen Züge, so sehen wir auf dem Brett bereits 22; darüber hinaus muss sich der fehlende weiße Turm auf d6 opfern, womit alle weißen Züge erschöpft sind.

Schwarz scheint jede Menge Züge übrig zu haben, jedoch fällt die Position der schwarzen Türme auf: Einer kam von a8 und hat dann den wBc2 zu Hause geschlagen (alle weißen Züge sind erschöpft!) und hat anschließend dieses Feld wieder geräumt, damit [wDd1] via h7 nach h8 gelangen kann.
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Retro der Woche 22/2013

Wenn zwei Größen wie Michel Caillaud und Reto Aschwanden gemeinsam eine Beweispartie bauen, kann man davon ausgehen, dass das kein “08/15 Stück” wird — und ihr werdet sehen, dass diese Annahme auch für die Aufgabe richtig ist, die ich heute ausgesucht habe.

Michel Caillaud & Reto Aschwanden
Phénix 2005, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 17 Zügen (15+13)

 
Beginnen wir wie üblich mit dem Zählen der erforderlichen Züge: Weiß benötigt mindestens 16, um seine Steine in die Diagrammstellung zu bekommen (3xD, 4xT, 3xL, 2xS, 4xB), ein Zug ist also noch frei. Die Nordost-Ecke des Bretts kann nur dann rechtzeitig von den weißen Steinen erreicht werden, wenn [wLf1] schnell starten kann; dies legt nahe, dass Schwarz rasch auf f3 ein Schlagobjekt bereit stellt.
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Für die Frühstückspause

In Andernach habe ich einige neue Hefte von PHÉNIX erhalten: Nach dem plötzlichen Tod von Denis Blondel im letzten Jahr geht es mit dieser Zeitung glücklicherweise offensichtlich weiter.

Aus den Retro-Urdrucken möchte ich ein kleines Stück vorstellen: Die Lösungen gebe ich nicht an, das ist sicher eine Kleinigkeit für die Frühstückspause?! Viel Spaß damit!

François Labelle
6519 PHÉNIX XI/2012
Beweispartie in 4,5 Zügen, 2 Lösungen (15+14)

Retro der Woche 21/2013

In der Diagrammstellung den Inhalt verbergen ist eine der wesentlichen Künste eines Komponisten von Beweispartien: Auf mich wmachen besonders Beweispartien Eindruck, bei denen man nicht sofort sieht, war der Inhalt ist — und selbst wenn man es ahnt, nicht sofort erkennt, weshalb eigentlich nur dieser Inhalt das Problem ausmachen kann, weshalb nicht irgend eine andere Lösung funktioniert.

Solch ein Stück ist die Aufgabe, die ich als heutiges Retro der Woche herausgesucht habe.

Gianni Donati
3. The Problemist Supplement Thematurnier 2002, 1. Preis
Beweispartie in 20 Zügen (15+13)

Zählen wir die weißen Züge, so kommen wir auf mindestens 19, die prinzipiell klar sind, wenn man berücksichtigt, dass der fehlende [wLf1] auf c6 gestorben ist — und die 19 sind auch nur realistisch, wenn man davon ausgeht, dass [wTa1] in drei Zügen nach f6 oder g6 gelangen konnte.

Bei Schwarz sind nur zwei Züge sichtbar, und es kommt auch theoretisch maximal eine Umwandlung durch Schwarz [sBh7] in Frage, so dass immer noch viele Züge offen bleiben.

Also ein Rundlauf- oder Rückkehr-Thema? Nicht unwahrscheinlich, aber welcher Stein — und warum sollte der so lange laufen?
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Retro der Woche 19/2013

Während etwa bei Hilfsmatt-Aufgaben heutzutage mehrere Lösungen selbstverständlich sind, ist bei Beweispartien noch immer eine Lösung der Standard.

Dies ist nicht nur eine Folge davon, dass sich mehrere Lösungen in Beweispartien deutlich schwerer darstellen lassen als etwa in einem Hilfsmatt-Dreizüger, sondern auch, weil es bei den Beweispartien fast immer erforderlich ist, dass sich verschiedene Züge in den einzelnen Lösungen wiederholen: Irgendwie müssen ja alles Steine auf ihre Zielposition kommen.

Besonders interessant finde ich persönlich Beweispartie-Zwillinge, in denen sich die Lösungen ausschließlich durch ihre Zugzahl unterscheiden: Hier stellt sich natürlich die Frage, weshalb in der “längeren” Lösung nicht einfach ein Tempo verloren werden könne?

Schauen wir uns einmal eine aktuelle Aufgabe der Retro-Sachbearbeiters von StrateGems an:

Kostas Prentos
P0345 StrateGems 2012
Beweispartie in 20 Zügen; b) Beweispartie in 20,5 Zügen (14+15)

Hier geht das “Themen-Raten” recht schnell, wenn wir erst einmal die Schlagfälle analysiert haben: Der fehlende schwarze Läufer wurde auf h3 geschlagen, die beiden fehlenden weißen Steine auf c6 und f6, dabei der Läufer f1 auf c6, während der andere fehlende Stein auf f6 starb. Der Bauer von b2 kann dort natürlich nicht direkt dort geschlagen worden sein, musste sich also schlagfrei auf b8 umwandeln und sich dann selbst auf f6 opfern (Ceriani-Frolkin Thema) oder den Stein, der auf f6 geschlagen wurde, auf dessen Ursprungsfeld ersetzen (Pronkin Thema).
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