RIFACE 2015 Retro-Turnier

Vor ein paar Tagen ist der Preisbericht des RIFACE 2015 Retro-Kompositionsturnier veröffentlicht worden. Gefordert waren Beweispartien mit der Bedingung “Anti Take&Make” — hierbei verschwindet das Schlagopfer nicht vom Brett, sondern führt vom Schlagfeld aus einen weiteren Zug aus.

Aus dem Turnier möchte ich den vierten Platz vorstellen; der komplette Bericht kann als pdf-Datei aus dem Internet heruntergeladen werden.

Pascal Wassong & Axel Gilbert
St. Germain RIFACE 2015, 4. Platz
Beweispartie in 8 Zügen, Anti Take&Make (16+16)

 

Die Lösung:
1..Sf3 Sc6 2.Se5 Sxe5[Sc6] 3.g3 Sd3+ 4.cxd3[Sc5] Se4 5.dxe4[Sd6] Sf5 6.exf5[Ssh4] Sg6 7.fxg6[Se5] Sxc6[Sb8] 8.Lg2 Sxb8[Sa6]. Lustiger Diagonalmarsch des [Bc2] und witzige SxS-Schläge.

Retro der Woche 24/2015

Heute will ich mit euch einmal keinen Blick in die Geschichte der Retroanalyse werfen, sondern eine Beweispartie vom Ende letzten Jahres vorstellen, die zu lösen mir viel Freude bereitet hatte.

Unto Heinonen
Probleemblad 2014
Beweispartie in 26,5 Zügen (11+15)

 

Ziemlich vogelwild erscheint im ersten Moment die Diagrammstellung, und die Anzahl der direkt sichtbaren weißen Züge (0+1+0+1+0+2=4) bringt uns der Lösung auch noch nicht viel näher.

Wie schaut es bei Schwarz aus? Dort zählen wir 3+1+3+4+5+4=20 — das ist schon deutlich mehr!

Nun betrachten wir die fehlenden Steine: bei Weiß sind es gleich vier Bauern und ein Springer, bei Schwarz nur der a-Bauer.

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Retro der Woche 23/2015

Das Treffen der französischen Problemfreunde am Pfingstwochenende kann in diesem Jahr auf eine 35-jährige Tradition zurückschauen; erstmals wurde es 1980 von Jean Zeller in Mulhouse im Elsass organisiert.

Dort finden stets verschiedene Kompositionsturniere auch für Retros statt, die Preisträger-Riege des 2008er Treffens möchte ich euch heute vorstellen.

Nicolas Dupont & Éric Pichouron
Messigny 2008, 3. Preis
Beweispartie in 17 Zügen (15+14)

 

Bei Weiß fehlt offensichtlich der [Bf2], bei Schwarz [Be7] und [Bb7]. Der Doppelbauer auf der c-Linie impliziert sofort mindestens eine Umwandlung: Entweder hat [Bb7] einen weißen Stein auf der c-Linie geschlagen, um dann auf c3 selbst geschlagen worden zu sein: Dann muss [Bf2], nachdem er [Be7] geschlagen hat, auf e8 umgewandelt haben, um den geschlagenen Stein zu ersetzen oder sich dort selbst zu opfern.

Alternativ kann ein schwarzer Stein nach c3 gezogen haben, um sich dort zu opfern — dann aber muss Schwarz umgewandelt haben, um diesen Stein zu ersetzen.

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Erste Klarstellungen zum 10. WCCT

Gestern sind die ersten Klarstellungen zum 10. WCCT erschienen, die sich mit Fragen zu den Abteilungen A, B, G und H beschäftigen.

Für die Retros wurde bestätigt, dass Umwandlungssteine im Diagramm zulässig sind; eine Frage, ob auch AnachB Schach erlaubt sei, wurde mit “Nein” beantwortet.

Retro der Woche 21/2015

Heute möchte ich mal wieder ein wenig in die „Frühgeschichte der Beweispartien“ schauen — und wir sollten daran denken, dass diese Phase vor etwa 30 bis 35 Jahren war; deren bedeutendster Protagonist war sicherlich der junge Michel Caillaud.

Hier nun eines seiner großartiegen Stücke von vor 30 Jahren:

Michel Caillaud
Europe Echecs 1985, 2. Preis
Beweispartie in 26,5 Zügen (14+11)

 

Auffällig ist sofort die Homebase der schwarzen Steine: Es fehlen genau fünf Bauern. Die Stellung der weißen Steine ist nicht ganz so übersichtlich, und daraus werden wir nun versuchen, ein paar Schlüsse für die Lösung zu ziehen.

Beginnen wir mit der Inventur: Es fehlt ein Bauer sowie ein Springer. Der fehlende Bauer kann aufgrund der Positionen der weißen Steine [Ba2] oder [Bg2] sein. Können wir das im Zusammenhang mit den schwarzen Steinen bereits entscheiden?

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Andernach

Von heute bis zum Sonntag findet in Andernach zum 41. Mal das Märchenschach-Treffen statt, das alljährlich aus Nah und Fern Problemisten anzieht. Wer sich noch kurzfristig zu einem Besuch, vielleicht nur an einem der Tage, entschließt, kommt zum Ratskeller (Hochstraße 33) in Andernach — “Uralt-Besucher” wird die Adresse noch bekannt vorkommen: Das ist das Lokal, das Zdravko Maslar bis zu seinem Ruhestand geführt hatte, in dem bis dahin die Treffen seit 1975 immer stattgefunden hatten.

Nicht nur die “reinen” Märchenschächer fühlen sich in Andernach wohl, auch viele “Orthodoxe” finden ihren Weg dorthin, und auch der Anteil der Retrofreunde ist dort hoch.

Bei den Märchenschach-Kompositionsturnieren werden auch immer wieder Retro-Turniere durchgeführt; zum Einstimmen hier der “Retro-Sieger” des Turniers 2012: Dabei ging es um (Märchen-) Beweispartien, die den “Kampf gegen die Bedingung” zeigen, in der also die Bednigung nicht genutzt wird, um ein Thema möglichst einfach darzustellen, sondern wo sich die Bedingung als Hindernis im Erreichen des Problemziels erweist.

Michel Caillaud
Andernach 2012, 1. Preis
Beweispartie in 23,5 Zügen, Madrasi (14+14)

 

Kurz sei die Bedingung Madrasi erklärt: Wird ein Stein (außer König) von einem gleichartigen Stein des Gegners beobachtet, wird er gelähmt und verliert während der Beobachtung jede Zugmöglichkeit und Wirkung außer seinerseits gegnerische gleichartige Steine zu lähmen. Eine Rochade (=Königszug) mit einem gelähmten Turm ist möglich. Ein doppelschrittig ziehender Bauer ist e. p.-schlagbar. Mit dem Zusatz “rex inklusiv” können sich auch Könige gegenseitig lähmen.

Lösung: 1.c4 Sa6 2.Da4 Tb8 3.Dc6 bxc6 4.Sh3 Tb3 5.Tg1 Ta3 6.bxa3 Sb8 7.Lb2 La6 8.Le5 Lb5 9.Ld6 exd6 10.Sc3 Df6 11.Td1 Df3 12.gxf3 La4 13.Tg3 Lc2 14.Sg1 Lg6 15.Lh3 Lh5 16.Lf5 d5 17.Lc2 Lg4! (Tempo) 18.La4 Lf5 19.Lb5 Lc2 20.La6 La4 21.Lb7 Lb5 22.La8 La6 23.Sb1 Lc8 24.Lb7

Preisrichter Hans Gruber schrieb dazu: “Das Problem ist thematisch, indem sehr hoher Aufwand nötig ist, um eine Madrasi-Lähmung des sLc8 vor dem letzten Halbzug zu vermeiden: Der sLc8 muss zum Königsflügel, mit zusätzlichem Tempozug (Lg4!). Der Autor hält das Problem mit dem verschleiernden letzten Einzelzug für besser als ohne ihn, auch wenn argumentiert werden könnte, dass der Inhalt nach 46 Einzelzügen gezeigt sei.”

Retro der Woche 20/2015

Vor ein paar Tagen habe ich mir die Original-Retros in einigen der letzten StrateGems Ausgaben angeschaut, und eines dieser Stücke möchte ich heute vorstellen, weil es mich ziemlich beeindruckt hat — und trotzdem ist für mich noch ein Wunsch bezüglich der Lösung offen…

Unto Heinonen
StrateGems 2014
Beweispartie in 21,5 Zügen (13+15)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Schlagbilanz und der Inventur: Bei Schwarz snd zwei Bauernschläge sichtbar (axb und b7xc6), bei Weiß keiner — damit ist noch jeweils ein Schlag frei. Bei Schwarz fehlt nur ein Bauer ([Be7] oder [Bf7]), und bei Weiß fehlen [Lc1] sowie [Be2] und [Bf2].

Die weißen sichtbaren Züge sind schnell gezählt: 1+2+0+1+1+1=6 für Weiß und 0+2+5+3+4+5=19 für Schwarz.

Der letzte Zug ist das Schachgebot einer weißen Dame — kann die gerade auf f8 erwandelt worden sein? Nein, das geht nicht, denn dann hätte der letzte weiße Zug e7xXf8=D+ sein müssen, aber dieses „X“ kann nicht exisiteren, da [Bf7] nicht umgewandelt haben kann: So viele freie Züge hat Schwarz nicht.

In dem Zusammenhang fällt aber noch ein Detail auf:

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Chronicles

Im Jahre 2011 haben Silvio Baier, Nicolas Dupont und Roberto Osorio das Die Schwalbe Sonderheft 250A veröffentlicht, in dem sie sich mit “Beweispartien der Zukunft” beschäftigten, also Beweispartien, die (mindestens) zwei Themen jeweils (mindestens) doppeln.

Schon in diesem Heft kündigten sie an, Fortsetzungen erscheinen zu lassen. Diese erscheinen nun in Form von “Chronicles” in StrateGems; die erste Ausgabe mit neuen Rekorden und Erweiterungen zu klassischen Ceriani-Frolkin Beweispartien, wobei alle Umwandlungen einheitlich in eine Steinart erfolgen.

Sie illustrieren diese Gruppe mit insgesamt 15 Beispielen, darunter auch unser Retro der Woche 18/2015. hier möchte ich aber eine andere Aufgabe vorstellen:

Michel Caillaud
Messigny 2010, 1.-2. Preis
Beweispartie in 21,5 Zügen (12+12)

 

Hier kommen zu den vier Ceriani-Frolkin-Springern noch die Rückkehren aller vier Original-Springer: 1.h4 a5 2.h5 a4 3.h6 a3 4.hxg7 axb2 5.a4 h5 6.a5 Sh6 7.g8=S h4 8.Sf6+ exf6 9.a6 Le7 10.axb7 Sa6 11.b8=S OO 12.Sc6 Sb8 13.Ta6 Kh7 14.Sa3 b1=S 15.Th2 Sc3 16.dxc3 Sg8 17.Lh6 h3 18.Da1 hxg2 19.Sh3 g1=S 20.Sb1 Sf3+ 21.exf3 dxc6 22.Sg1. Das ist dann in der Future Proof Game Notation:
CF(SS)&CF(ss)&SW(SS)&SW(ss)