Stern-Notation

Kennst du eigentlich Mushikui Rekonstruktionen? Das sind, eingeführt von Mu-Tsun Tsai im Jahr 2011, Beweispartien, in denen nicht die Schlussstellung angegeben ist, sondern die Lösung.

Das wäre natürlich schrecklich langweilig, wenn da nicht eine kleine Gemeinheit wäre: Die Angabe der einzelnen Züge ist verborgen! Wie bei der Eingabe eines Passworts im Computer oder am Geldautomaten wird jedes Zeichen in der Notation hinter einem Sternchen versteckt. Dabei wir die normale Notation verwendet, die muss natürlich ein wenig „normiert“ werden:

  • Schlagfälle werden durch ein Schlagzeichen (‚x‘ oder ‚:‘) notiert: Dxc7 >> ****
  • En Passant Schläge werden durch angehängtes ‚ep‘ notiert: cxd6ep >> ******
  • Bei Umwandlungen wird ‚=‘ genutzt: a8=T >> ****
  • Für die Kennzeichnung von Schach- bzw. Mattzügen wird ‚+‘ bzw. ‚#‘ angehängt: Dxe5+ >> ***** Doppelschachs werden nur mit einem Schachzeichen versehen.
  • Mehrdeutigkeiten müssen angegeben werden: Steht also Springer auf c1 und c5, so ist S1d3 anzugeben > **** — das gilt auch, wenn Sc5 gefesselt ist!
  • Rochaden werden wie üblich notiert: O-O bzw. O-O-O >> *** bzw. *****

Ich finde das sehr reizvoll; vielleicht möchtet ihr damit einmal „zwischendurch“ spielen?

Eine nicht allzu komplexe Beweispartie von Mario Richter & Mu-Tsun Tsai (& Computer), Internet 2011 (die genaue Adresse gebe ich mit der Lösung an, damit ihr nicht in Verlegenheit kommt dort nachzuschauen…) wäre:

1.*** ** 2.** **** 3.*** ***** 4.***** *****

Was kann man schnell über die Art der ersten fünf Halbzüge sagen? Beim sechsten muss man schon etwas genauer überlegen…

Wie üblich zeige ich die Lösung hier in etwa einer Woche; viel Spaß beim Knobeln! … Und hier ist sie nun:

Lösung

Die drei letzten Fünfersterne markieren also zwei Schläge mit Schachgebot und einen Schlag mit Auflösung der Mehrdeutigkeit.

Ach ja, die Internet-Quelle wollte ich noch verraten — besser gesagt das habe ich schon im Retro der Woche 46/2019 gemacht:
http://www.abstreamace.com/retro/

Retro der Woche 45/2019

In den letzten Wochen hatten wir uns hier mit dem Pronkin-Thema beschäftigt, und das wollen wir heute fortsetzen. Dazu möchte ich euch heute eine Aufgabe zeigen, die mir, wie ihr sicherlich verstehen werdet, allein schon wegen der Widmung besonders am Herzen liegt.

Nicolas Dupont
Die Schwalbe 2011, 1. Preis, Thomas Brand gewidmet
Beweispartie in 33,5 Zügen (10+15)

 

Die Stellung sieht schon heftig aus: Wir sehen vier schwarze Umwandlungssteine: drei Springer, vier weißfeldrige schwarze Läufer. Damit sind schon 20 schwarze Bauernzüge erklärt, ferner benötigen die „nördlichen“ schwarzen Steine (6.-8. Reihe) sowie sTe3 1+2+2+1+3+0=9 Züge. Somit bleiben nur noch vier Züge für die Umwandlungssteine – jeder hat also nach der Umwandlung noch genau einmal gezogen.

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Retro der Woche 43/2019

Bleiben wir noch etwas bei der Geschichte der Retroanalyse. Während klassische Retros sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen lassen (die Retroanalyse ist sogar älter als das Hilfsmatt!), hat die Geschichte der eindeutigen Beweispartien erst in den 1980er Jahren richtig begonnen.

Einer der Vorreiter der modernen Beweispartie ist der Ukrainer Dmitri Pronkin (* 7.7.1960), der schon lange in Deutschland lebt, sich aber vom Problemschach offensichtlich vollständig zurückgezogen hat.

Dmitri Pronkin
Die Schwalbe 1988, 1. Lob
Beweispartie in 24,5 Zügen (16+13)

 

Weiß hat noch „alle Mann an Bord“, bei Schwarz fehlen aus der Homebase-Stellung [Ba7], [Bd7] und [Bh7], die aber, da sie selbst nicht schlagen konnten, nicht selbst auf b3, c3 oder der g-Linie geschlagen werden konnten.

Also mussten sie sich umwandeln, um sich dann selbst schlagen zu lassen oder aber geschlagene schwarze Offiziere zu ersetzen. Für diese Manöver stehen Schwarz neun Züge zur Verfügung; 15 werden ja durch die erforderlichen Umwandlungen verbraucht.

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Homebase-Beweispartien und WinChloe

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Christian Poisson hat kürzlich ein Büchlein mit 1144 Seiten (!!) veröffentlicht: 562 Parties Justificatives Homebase. Er stellt dort wie zu vermuten 562 Beweispartien mit (doppelter) Homebase vor, die meisten mit zusätzlichen Märchenbedingungen. Dabei wird auf den ungeraden (= rechten) Seiten eine Aufgabe im Diagramm vorgestellt und auf der nachfolgenden geraden (= linken) Seite deren Lösung gezeigt. Ideal also zum Selbstlösen, aber auch zum Blättern, da bei der Lösung das Diagramm wiederholt wird.

Ein Beispiel “für zwischendurch” möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten; die Lösung erscheint wie immer in etwa einer Woche hier.

Christian Poisson
562 Parties Justificatives Homebase 2019
Beweispartie in 7,5 Zügen (13+12)

 

Die Aufgaben entstanden übrigens hauptsächlich, um die neue Prüfroutine für Beweispartien in WinChloe 3.46 zu testen. Die ist für viele Märchenbedingungen deutlich schneller als Popeye, Christian hat aber gar nicht den Ehrgeiz, Jacobi in der Geschwindigkeit zu schlagen.

… Und hier ist die Lösung:

Lösung

Retro der Woche 41/2019

Waren wir in der letzten Woche ganz weit in er Geschichte der Retroanalyse zurückgegangen (eigentlich sehr passend zu unserem Problemschach-Lieblingsbereich!), so sind wir heute ganz „up to date“, stelle ich euch heute eine im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte Aufgabe vor.

Unto Heinonen
StrateGems 2019
Beweispartie in 26 Zügen (14+14)

 

Ist es modern geworden, etwaige Umwandlungen im Laufe der Lösung so gut wie möglich zu verstecken, etwa durch Wegschlagen der Umwandlungsfiguren oder der Originale, die sie dann ersetzen, macht der Autor unserer heutigen Aufgabe genau das Gegenteil: er zeigt unmissverständlich, dass es (mindestens) vier Turm-Umwandlungen gegeben hat.

Fragt man sich, welche der acht Türme im Diagramm die originalen, welche die umgewandelten sein könnten, so liegt der Verdacht nahe, dass die Türme auf der 2. bzw. 7. Reihe die Umwandlungssteine sein könnten, wie dies die Anzahl der erforderlichen Turmzüge im Diagramm minimieren würde.

Das schauen wir uns durch Nachzählen genauer an.

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Retro der Woche 39/2019

Heute feiert in Roßdorf bei Darmstadt Ulrich Ring einen nicht gerade runden Geburtstag; dennoch möchte ich die Gelegenheit nutzen, von hier aus herzlich zu gratulieren: Alles Gute auch im Namen aller Leser hier für dein neues Lebensjahr!

Uli ist ein Pionier der in den 1980er Jahren wachsenden Beliebtheit der eindeutigen kürzesten Beweispartien und hat hervorragende Aufgaben veröffentlicht, von denen ich hier bereits drei vorgestellt hatte: Retros der Woche 39/2012 (das dritte “RdW” überhaupt hier im Blog), 39/2013 sowie 27/2014. Alle drei stammen „eigentlich“ aus dem Jahr 1986, wobei das letzte Stück eine Co-Korrektur mit Joost de Heer aus dem Jahr 2004 ist. Alle drei Stücke lohnen ein erneutes Anschauen!

Die Aufgabe, die ich für heute ausgesucht habe, ist noch etwas älter und bildet quasi ein „Trainingslager“ für die folgenden deutlich komplexeren Stücke. Dieses ist ein wenig einfacher, bietet aber auch heute noch einen hohen Reiz, wie ich finde, und ist als Demonstrations- und Werbestück für Beweispartien in eurem Schachclub bestens geeignet.

Ulrich Ring
feenschach 1985, Hans Gruber gewidmet, 1. Ehr. Erwähnung,
Beweispartie in 13 Zügen (13+16)

 

Kümmern wir uns wie immer zunächst um die Inventur: Bei Schwarz sind wir sehr schnell fertig mit dem Zählen der sichtbaren Züge und fehlenden Steine, bei Weiß müssen wir etwas genauer hinschauen:

Wir sehen zunächst einmal 3+0+3+1+2+2=11 weiße Züge; es sind also noch zwei frei. Außerdem fehlen bei Weiß [Dd1], [Sg1] und [Be2]. Einer dieser Steine muss sich auf c6 geopfert haben.

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5. Retroblog-Thematurnier

Die Bedingung “Fuddled Men” (auf Deutsch “beschwipste Steine”) ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Duellantenschach (siehe z.B. das Retro der Woche 36/2019).

Bernd Gräfrath macht uns damit nicht nur mittels sechs Original-Beweispartien vertraut, sondern er lädt uns auch ein, uns damit im 5. Retroblog-Thematurnier zu beschäftigen. Artikel und Ausschreibung könnt ihr natürlich herunterladen.

Nun freue ich mich auf eure Einsendungen bis zum 31.3.2020; Bernd ist Preisrichter.

Viel Spaß bei der Beschäftigung mit dieser interessanten Bedingung und viel Erfolg im Thematurnier!