Retro der Woche 07/2020

Weshalb wirkt beispielsweise eine Beweispartie mit Allumwandlung auf uns „harmo-nisch“? Weil die vier Umwandlungen einfach „zusammenpassen“, da alle möglichen Offiziere genau einmal erwandelt werden. Und dabei wirkt eine einfarbige Allumwandlung oder eine, bei der zwei weiße und zwei schwarze Umwandlungen erfolgen, harmonischer als eine mit der Farbverteilung 1:3, denn hier wird das Spiel auf die Farben verteilt ein wenig uneinheitlich sein. Das ist es bei einer einfarbigen Allumwandlung offensichtlich noch mehr -– aber da entsteht die Einheitlichkeit aus der klaren Aufgaben- und Farbverteilung.

Ähnlich erscheint es auch bei der Verbindung unterschiedlicher Themen – und dafür habe ich heute ein, wie ich finde, sehr hübsches Beispiel herausgesucht.

Silvio Baier
Die Schwalbe 2013, 2. Preis
Beweispartie in 27 Zügen (14+14)

 

Der Versuch, sich der Lösung über das übliche Abzählen er sichtbaren Züge zu nähern, könnte zu grauen Haaren (solange noch nicht vorhanden) führen: Wir sehen bei Weiß 3+0+1+1+1+6=12, bei Schwarz 2+0+3+1+0+5=11 Züge – mehr als die Hälfte der Züge sind noch frei!

Allerdings hilft uns hier die Analyse der Schlagfälle und der Bauernstruktur schon entscheidend weiter.

Es fehlen auf beiden Seiten zwei Bauern, die nicht direkt geschlagen werden konnten, wie die (Doppel-)Bauernstruktur im Diagramm zeigt: Schwarz hat offensichtlich exf und hxg6 gespielt und konnte damit keine der fehlenden weißen Bauern schlagen. Ebenso konnten die fehlenden [Ba7] und [Bc7] nicht direkt durch weiße Bauern geschlagen werden, da sie selbst nicht mehr schlagen konnten (es fehlen nur zwei weiße Steine). Deswegen müssen diese beiden Bauern schlagfrei umgewandelt haben.

Damit ist auch klar, wie die weißen Doppelbauern entstanden sind: axb3 und cxd, um diese beiden Linien frei zu bekommen. Und damit müssen auch [Be2] und [Bh2] schlagfrei umgewandelt haben.

Nun geht es also „nur noch“ darum herauszufinden, welche Umwandungen stattgefunden haben und welche (Original- und/oder Umwandlungs-) Steine verschwinden mussten.

Einige Indizien können wir sammeln: Der Südwesten beispielsweise legt mindestens eine Springerumwandlung nahe, während wir die im Nordosten komplett ausschließen können.

So schrecklich schwer ist die Lösungsfindung nun nicht mehr, glaube ich; vielleicht solltet ihr es selbst probieren, bevor ihr euch die Lösung anschaut?!

Lösung

Wir haben auch hier eine sehr einheitliche Darstellung der vier Umwandlungen: Zwei verschiedene Umwandlungs-Themen (Ceriani-Frolkin und Pronkin), jeweils bei Weiß und Schwarz auf die gleichen Steine verteilt.

Und was sagte Silvio selbst dazu? „Eine meiner Favoriten. Der Springer ist nicht einfach darzustellen. Die Summe aus den Zügen der umgewandelten Türme ist niedrig genug, um zu begründen, dass Tb1 und Sa3 nur je einen Zug machen konnten. Das Thema mit Springern auf beiden Seiten zu zeigen, scheint mir eine echte Herausforderung zu sein.“

Wer versucht sich an solchen Abwandlungen des Themas (ohne unthematische Umwandlungssteine im Diagramm)? Viel Spaß und Erfolg damit!

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