Retro der Woche 30/2013

In dieser Woche sind die Ergebnisse der Kompositions-Einzelweltmeisterschaft 2010-2012 veröffentlicht worden; auf die Retro-Ergebnisse hatte ich ja schon hingewiesen.

Im Retro der Woche 20/2013 hatte ich bereits eine Aufgabe, die mir zum Richten vorgelegen hatten, hier vorgestellt – und damit hatte ich offensichtlich einen guten Griff getan, denn dieses Stück stellte sich zum Schluss als das am höchsten bewertete Retro in diesem Wettbewerb (11,5 von 12 möglichen Punkten) heraus!

Vom Drittplatzierten Nicolas Dupont möchte ich heute ein weiteres Stück vorstellen, das (mal wieder) hochmodern „Proof Games of the Future“ thematisiert und hier eine eindrucksvolle Probe  von der exzellenten Technik gibt, die man heute bei Weltklasse-Beweispartien erwarten kann.

Nicolas Dupont
FIDE World Cup 2011, 3. Preis
Beweispartie in 28,5 Zügen (14+13)

Die beiden fehlenden weißen Steine wurden auf der c- und der b- oder d-Linie geschlagen; da es sich um zwei Bauern, nämlich die von e2 und g2 handelt, konnten diese wegen der weißen Bauernstruktur dort nicht direkt geschlagen werden, mussten sich also umwandeln.

Auch die fehlenden schwarzen Steine (3 Bauern) lassen sich bereits erklären: Der f-Bauer konnte seine Linie nie verlassen und wurde deshalb auf f geschlagen; der schwarze g-Bauer hat sich schlagfrei umgewandelt – und damit ist klar, dass der Schlag des schwarzen f-Bauern durch den weißen g-Bauern erfolgt sein muss.

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Noch ein Thematurnier

Nachdem ich in den letzten Tagen bereits die Thematurniere zum 60. Geburtstag von Marco Bonavoglia und zum 80. Geburtstag von Wolfgang Dittmann angekündigt hatte, hat feenschach nun auch ein Turnier zur Feier des 70. Geburtstags von René J. Millour ausgeschrieben. das in allen Gattungen (orthodox und Märchenschach), selbstverständlich auch in Retros Aufgaben mit Umwandlungen fordert.

Die Ausschreibung zusammen mit einem Aufsatz des Jubilars, der das Turnier richten wird, könnt ihr von der feenschach-Seite herunterladen.

Eure Einsendungen richtet bitte bis zum 18. März 2014 an Hans Gruber per E-Mail (hg.fee(AT)t-online.de). Viel Spaß und Erfolg!

Retro der Woche 12/2013

Seit einiger Zeit bin ich mit der Bewertung der über achtzig Einsendungen zur Retro-Abteilung des WCCI 2010-2012 beschäftigt. Das ist eine sehr spannende Aufgabe, die gleichzeitig den angenehmen Nebeneffekt hat, dass ich darunter auch die eine oder andere Aufgabe finde, die für die Wochen-Rubrik gut geeignet erscheint.

Einige Aufgaben, die ich hier bereits veröffentlicht habe, habe ich auch bei den Einsendungen wiedergefunden. Heute möchte ich als “neues” Stück eine Beweispartie von Nicolas Dupont aus Lille vorstellen:

Nicolas Dupont
StrateGems 2011(v), 1. Preis
Beweispartie in 30 Zügen (13+13)

Das ist nicht nur wegen der recht hohen Zügezahl nicht einfach zu lösen: Weder kommen wir mit der reinen Betrachtung der Schlagfälle weiter noch mit dem Zählen der weißen und/oder schwarzen Züge. Allerdings fehlen auf beiden Seiten je drei Bauern, die ich aber im Zentrum nicht gegenseitig geschlagen haben können — Umwandlungs-Thematik ist also klar.
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Retro der Woche 10/2013

Gerade einmal 23 Jahre alt (* 19. Januar 1990) ist der Bulgare Nikolai Beluchow, der in den letzten Jahren als Riesen-Retrotalent aufgefallen ist. Er beschäftigt sich überwiegend mit klassischen Retros sowie mit ausgefallenen und originellen Aufgaben “am Rande des Schachbretts”, die auch einen Karl Fabel verzückt hätten.

Eine klassische Aufgabe von ihm möchte ich heute vorstellen:

Nikolai Beluchow
R0177 StrateGems IV-VI/2011
Löse die Stellung auf (11+14)

Beginnen wir wie üblich mit der Inventur:
Das Schachgebot gegen den schwarzen König kann nur entstanden sein durch den letzten Zug R 1.a7xXb8=T+, damit und mit dem Doppelbauern auf der d-Linie sind die beiden fehlenden schwarzen Steine erklärt.

Insbesondere können die weißen Bauern auf g7 und (nun auch wieder) auf a7 nicht geschlagen haben. Dies erfordert also einen freien Weg zurück, d.h. b7xa6, a7xb6 und h7xg6. Damit kommt der schwarze f3-Bauer von g7, muss aber für den Entschlag zunächst den wBg7 durchlassen. Damit sind zusammen mit dem wLc1, der zu Hause geschlagen wurde, alle Schlagfälle erklärt.
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Retro der Woche 9/2013

Und schon wieder gilt es, mit einem Glückwunsch zum Geburtstag zu beginnen: Am gestrigen Samstag (23. Februar) konnte Gerd Wilts den Beginn des nächsten Lebensjahrs feiern: Von mir und sicher allen Lesern hier alles Gute fürs neue Lebensjahr!

Gerd Wilts ist der Vater und Betreiber der Problem Data Base, einer schier unerschöpflichen Quelle nicht nur für Retrofreunde. Verschiedene Sammlungen sind in der Zwischenzeit dort digitalisiert und stehen damit der problemschachlichen Allgemeinheit  zur Verfügung: Sei es die berühmte “Niemann-Hilfsmatt-Sammlung”, seien es die Felber’schen Miniaturen oder die Reflexmatts von Paul Valois, um nur einige zu nennen.

Schon 1991, also gerade mal als Twen, hat Gerd Wilts zusammen mit Andrej Frolkin das Buch “Shortest Proof Games — The Rubik’s Cube of a Chess Player” veröffentlicht: A collection of more than 160 Shortest Proof Games. Damit waren die meisten der bis dahin erschienenen dualfreien Beweispartien erfasst — allein daran kann man ermessen, welch gigantische Entwicklung dieses Genre in den letzten gut 20 Jahren genommen hat. Das Büchlein der beiden, heute eine längst vergriffene Rarität, hat sicherlich nicht unwesentlich dazu beigetragen.

In dem Buch ist unsere heutige Aufgabe der Woche von Gerd Wilts als Original erschienen.

Gerd Wilts
31 Shortest Proof Games 11/1991
Beweispartie in 17 Zügen (14+16)

Beginnen wir wie üblich mit der Inventur: Schwarz hat noch “alle Mann an Bord”, während bei Weiß optisch der d- und der g-Bauer fehlen.
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Retro der Woche 7/13

Ebenso wie bei Aufgaben im Vorwärtsspiel gilt auch bei Retros die Faustregel: “Je länger desto schwieriger; je kürzer desto einfacher.” Eine Faustregel wäre keine Faustregel (sondern ein Gesetz im naturwissenschaftlichen Sinne), gäbe es keine Ausnahmen.

Solch eine Ausnahme könnte möglicherweise die heutige Aufgabe bilden? Wer die kommenden Tage nicht ausschließlich beim Straßenkarneval verbringt, mag sich das Stück vielleicht vornehmen, um es genauer zu studieren.

(Nachtrag 10.2.13 18:40 Uhr: Mario Richter hat mich dankenswerter Weise auf einen Diagrammfehler aufmerksam gemacht, den ich nun korrigiert habe: Vorher standen fälschlich weiße Bauern auf f2 und g4 statt, wie es richtig ist, auf f4 und g2; auch die Lösung habe ich angepasst!)

Unto Heinonen
StrateGems 2004 2. Preis
Beweispartie in 16,5 Zügen (12+12) C+

Was macht das Stück aus meiner Sicht zumindest auf den ersten Blick recht schwierig zu lösen? Wahrscheinlich, dass die offensichtlichen Züge weder von Schwarz noch von Weiß auch nur entfernt an die Anzahl der Züge in der Lösung heranreicht, außerdem gibt es keinen einzigen Doppelbauern, der irgendwelche Schlagfälle direkt erklären könnte.
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Retro der Woche 5/2013

Heute möchte ich mal wieder ein klass(isch)es Auflöse-Retro vorstellen; zur Auszeichnung dieses Stücks stelle ich nach der Besprechung noch eine Frage zur Diskussion.

Übrigens habe ich dieses Stück beim Andernach-Treffen 2011 vorgestellt; wer mehr über weitere Aufgaben des erstgenannten Autors lesen möchte, sollte in feenschach Heft 187 (Juli 2011), S. 109ff nachschlagen. Und gleichzeitig möchte ich auf diese Weise an die Anmeldung zum diesjährigen Andernach-Treffen erinnern…

Sergej Wolobujew & Nikita Plaksin
Die Schwalbe 1986, 1. ehrende Erwähnung
#1 (13+14)

Natürlich geht es bei der Forderung “#1” nicht primär darum, den Mattzug zu finden, sondern zu eruieren, welche Seite am Zug ist, denn für beide liegt ein Matt in einem Zug mit dem gegenseitigen Schlagen der Türme auf der 5. Reihe bereit.

Um nun feststellen zu können, welche Seite am Zug ist, betrachten wir zunächst die Schlagbilanz: Schwarz hat die Schlagfälle dxe und e5xf4 und hat den weißen h-Bauern geschlagen — und zwar auf seiner Reihe, da Weiß seine beiden Schlagfälle mit a4xDb5 und bx[Lf8]c (warum genau dieses Schläge?) verbraucht hat. Damit ist auch klar, dass [Ba7] schlagfrei nach a1 gezogen ist, um sich dort in einen Springer zu verwandeln.

Auflösen lässt sich der zentrale Knoten nur durch die Rücknahme von a4xDb5, nachdem der Sa1 sich entwandelt hat und der a-Bauer bis nach mindestens a5 zurückgekehrt ist.
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Retro der Woche 4/2013

Am 23. November letzten Jahres ist wenige Tage nach seinem 52. Geburtstag der amerikanische Problemist Dan Meinking plötzlich verstorben.

Dan war einer der Mitbegründer und ersten Mitarbeiter von StrateGems und ein bedeutender Komponist auf beinahe allen Feldern des Problemschachs; unter anderem hat er erst kürzlich den Paradenserienzüger erfunden, siehe dazu den Übrsichtsartikel von Arno Tüngler in feenschach Heft 181.

Der Nachruf von Mike Prcic im Januar-März Heft 2013 von StrateGems enthält eine Auswahl von 24 Problemen — und den Hinweis auf eine Zusammenstellung seiner besten Aufgaben im Internet, die ich euch wärmstens ans Herz lege.

Darin finden sich auch 17 Beweispartien; die kürzeste davon möchte ich heute vorstellen.

Dan Meinking (nach Satoshi Hashimoto)
Donati-50 Jubiläumsturnier 2002, ehrende Erwähnung
Beweispartie in 9,5 Zügen (14+15) C+

Dem Schwarzen fehlt aus der Partieanfangsstellung nur der c-Bauer, den Weiß irgendwie geschlagen haben muss. Unter Berücksichtigung der Rochade benötigt Weiß bereits neun Züge, um seine Steine auf die Diagrammposition zu bringen; die beiden fehlenden weißen Steine, nämlich der B-Bauer und die Dame, können also zusammen maximal einmal gezogen haben.
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