Retro der Woche 13/2018

Im Retro der Woche 11/2018 hatte ich einen der geteilten ersten Preisträger des StrateGems Thematurniers anlässlich des 50. Geburtstages von Thomas Volet vorgestellt; heute möchte ich euch die andere Aufgabe zeigen.

Michel Caillaud
Thomas-Volet-50 Turnier 2001, 1.-2. Preis
Weg des [Bg2]? (11+7)

 

Wenn ihr euch noch an das gestellte Thema erinnert, ist die Antwort ja schon prinzipiell klar, aber wie eigentlich immer bei klassischen Retros kommt es ja viel mehr auf den Lösungsweg, die Begründung für die Antwort auf die gestellte Frage an.

Schaut man genauer auf die Stellung, fällt einem sicher sofort ihre Lockerheit auf sowie die eingemauerten Könige im Nordosten sowie die ebenfalls eingekerkerten Turm und Läufer im Südwesten.

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Retro der Woche 11/2018

Das erste Thematurnier, das die noch junge Zeitschrift StrateGems ausrichtete, war das Jubiläumsturnier anlässlich des 50. Geburtstages von Thomas Volet (* 23.10.1949); der Preisbericht erschien im Jahre 2001. Gleich zwei Aufgaben kamen auf den (geteilten) ersten Platz; die zweite werde ich hier auch noch vorstellen.

Andrej Frolkin
Thomas-Volet-50 Turnier 2001, 1.-2. Preis
Letzte 11 Einzelzüge? (15+10)

 

Der riesige Käfig im Südwesten kann nur aufgelöst werden, wenn ein Schild auf d1 es erlaubt, die schwarzen Türme wegzuziehen. Als Schild kommt nur eine weiße Dame oder ein weißer Turm in Frage, denn Läufer oder Springer können, egal welcher Farbe, d1 nicht erreichen.

Daher muss Schwarz das potenzielle Schild so schnell wie möglich entschlagen, da Weiß die Züge auszugehen drohen. Dieser Entschlag kann nur auf f6 erfolgen, da nur ein einziger weißer Stein fehlt.

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Retro der Woche 03/2018

Preisrichter Vlaicu Crişan hat bei den Retros (ohne Beweispartien) im StrateGems 2016 Informalturnier von 21 Aufgaben neun ausgezeichnet — davon waren acht (!) Proca-Verteidigungsrückzüger mit der Anticirce-Bedingung. Das ist sicherlich nicht repräsentativ für die heutige Retro-Mode, zeigt aber deutlich, welches Gewicht dieser Aufgabentyp zur Zeit hat.

Den ersten Preis erhielt jedoch ein „klassisches“ Problem, das ich heute mit euch anschauen möchte. Eigentlich handelt es sich um eine normale Auflöse-Aufgabe, Andrej hätte auch „Löse auf!“ fordern können. Hier aber weist er uns mit seiner spezifischen Forderung direkt auf den ihm wesentlichen Inhalt der Aufgabe hin: Auch wenn natürlich bis zur Partieanfangsstellung nicht eindeutig zurückgenommen werden kann, so sind doch alle vier Schläge, die zum Erreichen der Diagrammstellung erforderlich waren, eindeutig, für alle stehen das Feld sowie Schlagtäter und -opfer eindeutig fest.

Andrej Frolkin
StrateGems 2016, 1. Preis
Welche Schläge erfolgten? (14+14)

 

Nur zwei der vier Entschläge sind im Diagramm zumindest halbwegs sichtbar: Beide a-Bauern schlugen genau ein Mal. Ansonsten fehlen [Bh7] sowie [Bf2] oder [Bg2]. Wenn der weiße g-Bauer fehlt, dann wurde er von [Bh7] geschlagen, der sich dann umwandelte und dann vom [Bf2] oder [Ba2] geschlagen wurde. Fehlt aber wirklich der [Bf2], so können sowohl [Bf2] als auch [Bh7] auf ihrer Linie geschlagen worden sein, oder sie haben sich auf e8 bzw. g1 umgewandelt.

Damit ist auch klar, dass die Rücknahme schlagfrei beginnt, da Weiß kein weiteres Schlagobjekt zur Verfügung steht, also beginnen wir mit R 1.Da2-b1+.

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Retro der Woche 02/2018

Das Beweispartien-Informalturnier von StrateGems 2015 war ein echtes Silvio-Baier-Festival. Drei der vier Preise (außer dem dritten, den Andrej Frolkin erhielt) gingen an Silvio; ebenso vergab Richter Thierry Le Gleuher die 2. und eine der beiden 4.-5. ehrenden Erwähnungen an ihn.

Heute habe ich davon den 4. Preis ausgesucht, der mir wegen seiner tollen Eleganz besonders gut gefällt. Das heißt nicht, dass ich als Richter eine andere Reihenfolge festgelegt hätte: Seine Aufgaben auf Platz 1 und 2 sind absolute Meisterwerke höchster Komplexität — da war Eleganz auch nicht Hauptziel der Komposition.

Sivio Baier
StrateGems 2015, 4. Preis
Beweispartie in 27,5 Zügen (12+16)

 

Etwas genaues Hinschauen aufs Diagramm kann man schon eine Menge über die Lösung erfahren: Bei Weiß fehlen genau vier Bauern, schwarz ist komplett. Bei Schwarz sind vier Bauernschläge sichtbar — aber weiße Bauern konnten damit nicht geschlagen werden, denn auf den Linien der fehlenden Bauern stehen keine schwarzen Kollegen — und die weißen Bauern konnten ihre Linien nicht verlassen, da sie keine Schlagobjekte hatten.

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Retro der Woche 41/2017

Zum Feiertag in der letzten Woche hatte ich eine Zwischendurch-Beweispartie des Australiers Peter Wong vorgestellt; heute möchte ich ein deutlich komplexeres Stück von ihm demonstrieren.

Peter beschäftigt sich besonders gern mit Tempospiel – und zumindest ich empfinde solche Aufgaben häufig als recht schwer zu lösen. Das liegt auch daran, dass man meist mit dem Üblichen Züge-Zählen nicht allzu weit kommt, dass auch die Tempomanöver gelegentlich nicht ganz einfach aus der Stellung abgeleitet werden können.

Peter Wong
The Problemist 1988, 3.-5. ehr. Erwähnung
Beweispartie in 21 Zügen (15+13)

 

Hier kommen wir offensichtlich mit reinem Züge zählen nicht allzu weit: Bei Weiß „sehen“ wir nun 3+0+0+0+3+1=7 Züge – genau ein Drittel der zu erwartenden Züge. Bei Schwarz schaut es schon etwas besser aus: 1+1+2+4+4+2=14 – genau doppelt so viele Züge wie bei Weiß, aber auch nur zwei Drittel aller geschehenen schwarzen Züge.

Da müssen wir also nach anderen Indizien schauen, und das ist ja häufig die Überlegung, welche Steine denn auf dem Brett fehlen.

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Retro der Woche 36/2017

Nachdem ich in der letzten Woche eine Beweispartie aus dem FIDE-Album 2010-2012 quasi als „Appetithäppchen“ für das Album vorgestellt hatte, soll heute nun ein klassisches Retro folgen.

Nikolai Beluchow ist mit 15 (!) klassischen Retros (davon vier Koproduktionen) im Album vertreten, und bei seinen Aufgaben kann man immer von hoher Qualität ausgehen. So auch bei dem Stück, das ich für heute ausgewählt habe.

Nikolai Beluchow
StrateGems 2011
Letzte 40 Einzelzüge? (14+12)

 

Ein paar Fragen lassen sich aus dem Diagramm rasch klären: So hat Schwarz offensichtlich zweimal mit seinen Bauern geschlagen (fxe und hxg); damit sind die fehlenden weißen Steine erklärt.

Die weißen Schläge ergeben sich nicht ganz so offensichtlich durch Doppelbauern: Damit sBc3 und sBd2 ihre Position schlagfrei erreichen konnten, müssen [Bc2] und [Bd2] überkreuz geschlagen haben. Irgendwie muss auch [Ba7] verschwunden sein. Er kann nicht selbst geschlagen haben, muss also auf der a-Linie selbst geschlagen worden sein.

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Retro der Woche 24/2017

Die italienische Schachzeitung Sinfonie Scacchistiche feierte ihren 50. Geburtstag mit einem Jubiläumsturnier in acht Kategorien; in einer von ihnen waren Beweispartien gefordert.

Preisrichter Marco Bonavoglia setzte das folgende Stück auf den ersten Platz, es folgten Aufgaben von Roberto Osorio & Jorge J. Lois (2. Preis) sowie Antonio Garofalo & Enzo Minerva (Ehrende Erwähnung).

Michel Caillaud
Sinfonie Scacchistiche JT50 2016, 1. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (14+14)

 

Sowohl bei Weiß als auch bei Schwarz fehlen jeweils zwei Bauern. Die beiden weißen Doppelbauern auf dem Königsflügel können aber die fehlenden schwarzen Bauern nicht direkt geschlagen haben. Daraus können wir sofort schließen, dass die beiden schwarzen Bauern sich umgewandelt haben, um sich anschließend selbst im Osten zu opfern oder schwarze Opfersteine zu ersetzen.

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Retro der Woche 21/2017

Das Duo Frolkin / Prentos haben wir hier schon mehrfach gesehen, zum letzten Mal im Retro der Woche 45/2016, und von den beiden möchte ich euch heute eine weitere interessante Gemeinschaftsaufgabe vorstellen.

Andrej Frolkin & Kostas Prentos
Orbit 2013, 2. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 15,5 Zügen (15+13)

 

Bei einem kurzen Blick auf das Diagramm fallen sofort die beiden weißen Damen auf b8 und c8 auf, gleichzeitig steht der schwarze König im Schach. Daraus lassen sich doch sicherlich Rückschlüsse auf den Lösungsverlauf ziehen?!

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