Retro der Woche 02/2017

Rustam Ubaidullajew ist einer meiner Lieblings-Beweispartiekomponisten, da er immer interessante Ideen ein wenig abseits des Mainstream sehr elegant aufs Brett zaubert.

So auch das heutige Stück, dessen Inhalt man beim Blick aufs Diagramm wohl noch nicht sofort erkennen oder erraten wird?

Rustam Ubaidullajew
feenschach 2004 – für Anna – 4. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (16+15)

 

Nur ein einziger Stein fehlt: [Bg7] wurde von [Bh2] geschlagen. Damit wissen wir schon, dass [Bg7] gezogen haben muss – und damit sind wir schon beim Betrachten der sichtbaren erforderlichen Züge im Diagramm.

Bei Schwarz ist es erst einmal einfach: [Ke8] brauchte wegen seines Umweges über f8 mindestens acht Züge bis d1. Ferner hatten wir schon gesehen, dass [Bg7] gezogen hat. Damit [Ke8] seine heimatlichen Gefilde verlassen konnte, musste auch [Lf8] ziehen und schließlich wieder nach Hause zurückkehren. Damit haben wir elf schwarze Züge erklärt – zwölf sind noch frei!

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Retro der Woche 47/2016

Ich finde es immer wieder interessant, sich Beweispartien anzuschauen, die etwa 20 Jahre alt sind. Da merkt man, welch unglaubliche Fortschritte auf diesem Gebiet in den letzten Jahren gemacht worden sind, wie stark sich gerade diese Aufgabenart weiterentwickelt hat – vielleicht höchstens noch vergleichbar mit längeren Hilfsmatts.

Bei beiden hilft sicherlich die enorm gestiegene Möglichkeit der Computerprüfung, einerseits gewagtere Themen zu wagen, andererseits besonders elegante Fassungen zu suchen – beides natürlich voll im Sinne aller Problemfreunde.

So war auch die heutige Aufgabe zunächst inkorrekt; die nun vorliegende Fassung ist allerdings Computer-geprüft.

Olli Heimo
Die Schwalbe 1998 (V), 1. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (10+14)

 

Die üblichen Stellungsanalysen bringen uns hier nicht sofort weiter: Zwei schwarze Steine fehlen: ein Turm (wahrscheinlich, aber nicht sicher: [Th8]; bei wBf7 wissen wir nicht, ob er von e2 oder von g2 kommt.

Mit den fehlenden weißen Steinen ist es noch schwieriger: Vier Bauern fehlen, dazu ein Turm und die Dame. Andererseits sind sicher nur zwei schwarze Bauernschläge sichtbar.

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Retro der Woche 26/2016

Ich konnte einfach nicht widerstehen, heute noch eine Aufgabe von Rustam Ubaidullajew vorzustellen, nachdem ich dies bereits in der letzten Woche getan hatte. Und wieder ist, wie man schnell sieht, ein Königsmarsch sicher nicht ganz unthematisch.

Rustam Ubaidullajew
StrateGems 2002, 2.-4. Preis
Beweispartie in 18 Zügen (15+16)

 

Der schwarze König brauchte mindestens sieben Züge, um nach c2 gelangen zu können. Neben dem [Bg7] musste auch [Lf8] ziehen (und heimkehren), um seinen Monarchen durchzulassen. Damit sehen wir schon mindestens zehn schwarze Züge; noch sind acht frei.

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Retro der Woche 25/2016

Ein allgemeiner Tipp gefällig? Wenn ihr eine Aufgabe von Rustam Ubaidullajew findet, solltet ihr sie euch anschauen! Sehr viele existieren nicht von ihm: Die PDB enthält 69 Aufgaben von ihm, ausschließlich Beweispartien.

Er zeigt nicht immer unbedingt hochmoderne Inhalte, aber all seine Aufgaben haben, finde ich, das „gewisse Extra“, zeigen stets originelle, ungewöhnliche Thematik — so auch das Stück, das ich für heute ausgewählt habe.

Rustam Ubaidullajew
Phénix 2008, 3. Preis, Michel Caillaud gewidmet
Beweispartie in 20 Zügen (12+12)

 

Natürlich fällt im Diagramm sofort der weiße König auf dem Standfeld seines Kollegen auf: Damit sind schon sieben Züge des Weißen sichtbar. Darüber hinaus sehen wir, dass [Dd1] zwei Züge brauchte, um nach a3 zu gelangen.

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Retro der Woche 09/2016

Heute möchte ich auf ein fünfzig Jahre altes Problem von Karl Fabel näher eingehen: Nicht nur, weil es eine Idee zeigt, die später mehrfach aufgegriffen wurde, sondern weil ich an diesem Problem ein historisches Diskussionsthema aufgreifen möchte.

Karl Fabel
Die Schwalbe 1966, 2. Preis
-12 & #1, VRZ Proca ohne VV (2+16)

 

Beim Verteidigungsrückzüger nehmen Weiß und Schwarz bekanntlich abwechselnd (natürlich legal) zurück, wobei Weiß das Ziel verfolgt, die Vorwärtsforderung zu erfüllen, was Schwarz zu verhindern sucht.

Beim Typ Proca entscheidet die zurücknehmende Partei, was sie (legal) entschlagen hat, beim Typ Høeg entscheidet dies die andere Seite. Der Zusatz „ohne VV“ (VV=Vorwärtsverteidigung) bedeutet, dass sich Schwarz nicht selbst durch Mattsetzen des weißen Königs verteidigen darf — genau hierauf werde ich am Ende dieses Beitrags noch zurückkommen.

Doch zunächst zur Lösungsidee: Weiß will seinen König nach g4 zurückholen, um dann mit dem Vorwärtszug 1.f5 Matt zu setzen. Hierfür verwendet er den sTa7 immer wieder, um ihn zum Schachschutz gegen die beiden sL im Südosten zu zwingen, so dass er Richtung g4 marschieren kann.

Weiß kann dabei nicht entschlagen, da alle 16 schwarzen Steine an Bord sind — und Schwarz kann z.B. mit dem Turm nicht irgendeinen störenden weißen Stein entschlagen, da alle 14 fehlenden weißen Steine durch schwarze Bauernschläge erklärt sind.

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Retro der Woche 6/2016

Korrektur 14.3.22: Geburtsjahr von Ivan

Recht ungewöhnlich ist es, wenn Vater und Sohn gemeinsam komponieren. Die Makedonier Gligor (*20.8.1946, † 15.01.2015, siehe Retro der Woche 35/2015) und Ivan (*22.3.1973) Denkovski haben gemeinsam nicht nur Retros, sondern auch Hilfsmatts gebaut.

Eine ihrer gemeinsamen Beweispartien habe ich für heute herausgesucht.

Gligor & Ivan Denkovski
Die Schwalbe 2009, 4. ehr. Erw.
Beweispartie in 25,5 Zügen (15+16)

 

Kann man anhand der Diagrammstellung schon thematische Inhalte der Aufgabe erkennen? Hier geht das: Betrachten wir, welcher weiße Stein fehlt ([Bg2], so kann der nicht direkt geschlagen worden sein. Schwarz verfügt zwar über einen Doppelbauern, aber auf der h-Linie kann [Bg2] nicht verschwunden sein, da Schwarz noch „alle Mann an Bord hat“, Weiß also nicht schlagen konnte. Also muss [Bg2] auf g8 umgewandelt haben.

Dass [Sg8] gezogen haben muss, ist allerdings schon durch die Stellung der schwarzen Türme klar. Aber können wir bereits entscheiden, ob es sich bei der Umwandlung um einen „Ceriani-Frolkin“ oder einen „Phoenix“ gehandelt hat? Auch das können wir:

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Retro der Woche 01/2016

Vielleicht habt ihr in den letzten freien Tagen auch einmal tun und lassen können, was ihr wolltet — und euch dann am Ende des Tages gefragt, wo die Zeit denn geblieben sei? So ungefähr könnte es dem Weißen in der heutigen Beweispartie auch gegangen sein, wenn er in der Schlussstellung überlegt, was er eigentlich die ganz Zeit gemacht hat?!

Rustam Ubaidullajew & Igor Wereschtschagin
The Problemist 2005-2006, 4. Preis
Beweispartie in 20.5 Zügen (13+14)

 

Bei Weiß fehlen ein Bauer und die beiden Springer, bei Schwarz zwei Bauern. Nur zwei weiße Züge können wir im Diagramm sehen, und die schwarzen wollen wir fix zählen und dann auch einige Überlegungen zur Reihenfolge der Züge anstellen.

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Retro der Woche 50/2015

Heute möchte ich euch den ersten Preis des The Problemist Retro-Turniers 1989-1990 zeigen; den dritten und zweiten Preis kennt ihr ja schon aus den letzten beiden Beiträgen dieser Rubrik.

Heute sehen wir eine der seltenen Beweispartien mit mehr als einer Lösung. Ein Grund für die Seltenheit ist sicher die schwierige Konstruktion: Kann man bei einem Hilfsmatt, einer direkten Aufgabe meist noch zur Not irgendeinen „Cookstopper“ aufstellen, ist dies bei Retros ungleich schwerer, da ja für jeden einzelnen Stein Rechenschaft abgelegt werden muss — ein Grund, weshalb Wolfgang Dittmann beispielsweise in Zweifel zog, dass es in Retros (sieht man von einigen Hilfsrückzügern der Art „Weiß nimmt einen Zug zurück, dann matt in zwei Zügen“ ab) überhaupt Nachtwächter geben könne.

Peter Wong
The Problemist 1990, 1. Preis (1998-1990)
Beweispartie in 17 Zügen, zwei Lösungen (13+14)

 

Bei Weiß fehlen, um mit der Inventur zu beginnen, [Dd1], [Bh2] sowie ein weiterer Bauer (das muss nicht unbedingt [Bc2] gewesen sein, da der auch geschlagen haben könnte). Bei Schwarz fehlen [Dd8] sowie ein Turm. Nur ein einziger fehlender weißer Stein ist durch die Bauernstruktur erklärt.

Zählen wir nun die sichtbaren Züge bei Weiß: 4+0+2+3+3+2=14; bei Schwarz: 2+0+2+2+2+5=13. Aber für das Zählen sollte man auch bei den vielen Königszügen mögliche Rochaden im Auge behalten.

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