Erich Bartel 21.8.1930 – 15.5.2025

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ist Erich Bartel verstorben; unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie. Er war sicherlich einer der einflussreichsten Problemisten im deutschsprachigen Raum seit den 1950er Jahren: Mitglied der Schwalbe seit 1960, unglaublich produktiver Komponist mit weit mehr als 11.000 (!!) Aufgaben in der PDB, unglaublich produktiver Problem-Publizist nicht “nur” durch die Herausgabe der Problemkiste und vieler anderer Publikationen, durch die Mitarbeit bei der Schwalbe und feenschach, bei der PDB, für die er fast 30.000 Aufgaben erfasst hat. Und wer ihn etwa bei Andernach-Treffen erleben durfte, wird sich noch immer gern an seine kommunikative, herzliche und humorvolle Art erinnern.

Als Komponist und Publizist war er überwiegend märchenschachlich unterwegs, aber dabei hat er sich auch gelegentlich mit Retros beschäftigt: Meist Hilfsretraktoren, von denen ich hier ein Beispiel zu seinem Andenken wiedergeben möchte.

Erich Bartel
feenschach 1986
Patt statt Matt, also -1w & =1 (4+3)

 

Die kopfstehenden Damen und Springer sind Grashüpfer und Nachtreiter; die Lösung findet ihr hier wie immer in etwa einer Woche.

Wie viele?

Vor ein paar Tagen kam die neue Ausgabe von idee&form bei mir an — lesenswert wie immer. Und das nicht nur wegen der interessanten Reihe von Reto Aschwanden, in der er gut verständlich das “Innenleben” seines Beweispartie-Prüfprogramms Stelvio erläutert.

In dem Heft fand ich auch die Aufgabe, die ich euch heute am Feiertag “für zwischendurch” empfehle.

Andrew Buchanan
Retro-Mailing-List 2009
Matt in einem Zug

 

Das sollte doch vom Diagramm zu lösen sein? Und bei der Auflösung in der nächsten Woche verrate ich euch auch, wieso die Aufgabe meiner Meinung nach so gut zum heutigen Maifeiertag passt.

Lösung

Ganz bewusst hatte ich auf die Angabe der Steinkontrolle verzichtet, um euch nicht sofort mit der Nase auf die 17 weißen Steine hinzuweisen.Um also ein (legales) Matt in einem Zug zu erreichen, muss jeweils ein weißer Stein entfernt werden, und dann findet ihr sicher sehr schnell auch ein Matt? Denn mit den 17 Steinen gibt es kein einziges!
Natürlich darf der weiße König nicht entfernt werden, aber auch nicht die weiße Dame: Nicht etwa, weil es auch dann kein Matt gibt, sondern weil ohne weiße Dame die Stellung weiterhin illegal bleibt, da immer noch neun (teilweise umgewandelte) weiße Bauern auf dem Brett stehen!
Sehr witzig und geistreich, wie ich finde!

Hilmar Ebert / Alquiros 75

Heute gehen unsere Glückwünsche weit in den Osten: auf den Philippinen feiert heute Hilmar Alquiros, den meisten sicherlich unter “Ebert” besser bekannt, seinen 75. Geburtstag.

Schon früh war Hilmar ein starker Partiespieler, der sich aber bald dem Problemschach zuwandte, seine neue Vorliebe gar zum Inhalt seiner Dissertation machte (das hat er übrigens mit Hans Gruber gemeinsam). In der Problemwelt bekannt ist Hilmar besonders durch seine Aktivitäten als Autor und Publizist um die Wenigsteiner herum (“Four Men Only” Serie, Wenigsteiner-Jahrespreis), aber auch für viele andere Aktivitäten, z.B. als Herausgeber der “he-chess” Reihe, als Begründer der Karl-Fabel-Sammlung, die er kurz vor seinem Umzug mir zu treuen Händen übergab.

Lieber Hilmar, für das nächste Vierteljahrhundert wünsche ich dir im Namen aller Leser hier alles denkbar Gute: gesundheitlich, privat und natürlich schachlich!

Unter seinen fast 1000 Aufgaben in der PDB finden sich auch 22 Retros — meist, wen sollte es überraschen, Wenigsteiner. Einen stelle ich hier für Zwischendurch vor; wie immer folgt die Lösung in einer Woche.

Hilmar Ebert
diagrammes 1979
Matt in 6 Zügen (2+2)

 

 

 

Lösung

1.Kc7#??, aber Schwarz hat keinen letzten Zug, also zieht Schwarz an:
0…a6(?) #4 (1.Kc7+/1.Th5)

0…a5(!) 1.Kc7+! Ka7 2.Kc6!! a4 3.Th4! a3 4.Ta4+ Kb8 5.Ta3: Kc8 6.Ta8#

Retros im direkten Wenigsteiner sind ziemlich selten, dies dürfte der Längenrekord sein.

Paul Schmaljohann 1912 — 1945

Das Ende des zweiten Weltkriegs jährt sich in diesem Frühling zum achtzigsten Male, und in den letzten Wochen, als der Krieg längst entschieden war, snd noch viele Menschen völlig sinnlos ums Leben gekommen. Dazu gehörten natürlich auch junge Problemisten; an einen möchte ich hier erinnern.

Am 5.10.1912 wurde Paul Schmaljohann in Bösberg bei Plön geboren. Er ging in Kiel zur Schule, machte dort Anfang 1931 sein Abitur und studierte dort anschließend Mathematik und Physik für Lehramt, zunächst arbeitete er als Assistent am mathematischen Institut in Braunschweig. Wie viele Mathematiker wurde er zu Beginn des Krieges abkommandiert, in seinem Fall an eine Wetterdienststelle der Wehrmacht. 1943 musste er dann an die Front; am 27.Februar 1945, heute vor 80 Jahren, ist er in der Nähe von Köln gefallen.

Wilhelm Karsch erinnerte in den “Feenschach-Aufsätzen” (August/September 1952) an Paul Schmalljohann, stellte dort einige seiner Aufgaben vor: Hauptsächlich Hilfsmatts und Selbstmatts (viele Längstzüger), aber auch direkte direkte Aufgaben. Ein “halbes” Retro” ist auch dabei gewesen; das stelle ich euch “für zwischendurch” vor:

Paul Schmaljohann
die Schwalbe 1934
Hilfsmatt in 2 Zügen mit Satzspiel (4+7)

 

Und natürlich werdet ihr hier in etwa in einer Woche die Lösung finden.

 

Lösung

Satz: 1.– 0-0 2.Kg3 Sf5#
Spiel: Zuletzt hat Weiß gezogen, und das muss ein Zug mit wK oder wT gewesen sein, also ist die Rochade nicht möglich.
1.Dg6 Sxe6 2.Kxh5 Txh3#

Geburtstag und Jubiläum

Am heutigen 101. Geburtstag der Schwalbe möchte ich auf ein Jubiläum aufmerksam machen, das Johannes Quack in seinem letzten YouTube Mustermatt-Video thematisiert hat und das in enger Verbindung zur Schwalbe steht. Im Februar 1845, also vor 180 Jahren, erschien das “indische Problem”, dass damals für großes Aufsehen sorgte, das in der Folge Ausgangspunkt für die Entdeckung der unterschiedlichsten Schnittpunkt-Themen war.

Dem indischen Problem widmeten Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn im Jahr 1903 ihr berühmtes Buch gleichen Namens, das quasi den Grundstein bildet für die “neudeutsche Schule” — selbst wenn das Urproblem im eigentlichen Sinne gar nicht neudeutsch ist!

Das Thema (Temporäres Ausschalten weißer Kraft nach weißem Zug über einen Schnittpunkt, der dann von Weiß besetzt wird, um schwarzes Patt zu vermeiden und die dann durch Abzug noch einmal genutzt wird) lässt sich so in Beweispartien natürlich nicht darstellen — nur die Züge können adaptiert werden ohne den Pattvermeidungs-Inhalt. Und eine solche Beweispartie möchte ich euch heute “für Zwischendurch” zeigen, auch wenn sie nicht unbedingt in fünf Minuten zu lösen ist: Dennoch oder gerade deshalb viel Spaß dabei! Die primäre Frage ist: “Wie wird man den fehlenden weißen d-Bauern los?” Und welche Themen erkennt ihr noch?

Satoshi Hashimoto
Problemesis 1999, 2. Preis
Beweispartie in 12 Zügen (15+15)

 

Wie immer gibt es die Lösung hier in etwa einer Woche!

 

Lösung


Das ist viel Inhalt fürs Geld: Donati-Thema, wobei der Rückkehrer zusätzlich auf dem Themafeld geschlagen wird. Und “nebenbei” noch Valadao-Task, d.h. alle drei “Sonderzüge” (Umwandlung, Rochade, e.p.-Schlag) in einer Lösung — und das in gerade mal 12 Zügen: Das ist hoch konzentriert!

PROBLEM-SCHACH-KUNST

Er hat es schon wieder getan …

Nicht zum ersten Male hat Schwalbe-Ehrenmitglied Werner Keym die anderen Mitglieder der Vereinigung überrascht und erfreut, als er ihnen anlässlich des 100. Schwalbe-Geburtstags sein neuestes Buch PROBLMEM-SCHACH-KUNST schenkte – „eine subjektive Anthologie“, wie er im Untertitel gleich erläutert.

Und damit können sich viele sicher in etwa vorstellen, welch Lesegenuss sie da vorfinden: Auf 140 Seiten gibt es 250 Aufgaben in bunter Vielfalt zu bestaunen, lösen, genießen, von immer wieder gern gesehenen Klassikern bis zu Exoten, bei denen häufig „Retro“, „Konstruktion“ und „Textaufgabe“ im Mittelpunkt stehen, wie der Autor sie mag.

Lese- und lösefreundlich sind die Diagramme und Lösungen stets auf einer Doppelseite platziert; wer aber nicht zu früh nach der Lösung schielen möchte, findet dem Buch beigelegt eine raffinierte „Selbst-Löse-Hilfe“ zum temporären Abdecken.

Zum „zwischendurch“ lösen zeige ich euch die höchst originelle Nr. 165 aus dem Buch; hier ist schon Nachdenken erforderlich:

Werner Keym
Stuttgarter Zeitung 2020
Matt in 2 Zügen b) Drehe um 180 Grad (6+1)

 

Wie immer besteht die „Selbst-Löse-Hilfe“ hier im Blog darin, dass ihr erst in einer Woche werdet spicken können!

 

Lösung

Die Lösung habe ich direkt aus dem Buch übernommen:
a) Schwarz kann zuletzt nicht gezogen haben und ist am Zug. Daher nicht 1.Tc4? K d3 2.Tf3#, sondern 1.K d4! Sf4 2.Ke3/Ke5 Lc5#/Lc3#.
b) Kein Bauer ist sichtbar, keine mögliche Umwandlungsfigur steht auf der 8. Reihe, keine asymmetrische König-Dame-Position vorhanden, keine Rochade möglich – worin bitte soll der Unterschied zur Stellung a) bestehen?
Tatsächlich existiert jetzt ein letzter schwarzer Zug: sKc6 Bd6 c5 d6 e.p.+ d7- d5 L-e4+. Daher nicht 1.K e5? Sc5 2.Kd4/Kd6 2.Lf6#/Lf4#, sondern 1.Tf5! K e6 2.Tc6#.
Auf dem Brett stehen nur Offiziere, aber der unsichtbare Bauer ist der Held.
Erst- und Letztform!

Ein Buch z.B. für das Nachtschränkchen, falls ihr keine Sorge um euren Schlaf habt, das nicht systematisch durchgearbeitet werden muss: Einfach aufschlagen, schmökern, sich festlesen! Das ist natürlich auch ein ideales Geschenk für Freunde, ein toller Preis im Vereinsturnier: Es kann direkt beim udo degener verlag (Mail: Udo-Degener(at)gmx.de) für 12 EUR bestellt werden – ins Ausland kommen noch Versandkosten von 3 EUR hinzu.

Übrigens gibt es auf der auch immer wieder besuchenswerten Websete von Ralf Binnewirtz eine Leseprobe des Buches.

Nachtrag: Das Buch kann nun auch als E-Book (pdf-Datei) kostenfrei von der Schwalbe-Seite heruntergeladen werden!

2025

Allen Retrofreunden wünsche ich
ein gutes und friedliches neues Jahr 2025!

Auch zu Beginn dieses neuen Jahres möchte ich wieder mit euch zusammen in der Geschichte der Retroanalyse 100 Jahre zurückblicken.

Nach dem begeisterten und begeisternden Start der Zeitschrift Die Schwalbe im August 1924 musste deren Erscheinen bereits nach acht Ausgaben mit dem Maiheft 1925 eingestellt werden. Rasch fand sie aber “Asyl” bei Funkschach, das besonders in der ersten Zeit einen extrem hohen Problemschach-Anteil enthielt, sodass dort die Schwalbe mehr Druckraum als zuvor in der eigenen Zeitschrift zur Verfügung hatte. Doch dies änderte sich jedoch bereits Ende des Jahres 1925, als Funkschach auch noch das Deutsche Wochenschach übernahm.

In Funkschach veröffentlichte der junge, aber schon als Retro-Fachmann etablierte Hans Klüver (4.3.1901–26.2.1989) die Korrektur einer Aufgabe, die er noch im Jahr 1924 in Die Schwalbe veröffentlicht hatte (die Schreibweise der Forderung habe ich buchstabengetreu aus Funkschach übernommen); dieses Stück möchte ich euch heute “für zwischendurch” ans Herz legen.

Hans Klüver
Funkschach 25.10.1925
Weiß nimmt zurück und setzt mat in 2 Zügen (13+12)

 

Wie üblich werde ich in etwa einer Woche hier die Lösung veröffentlichen.

 

Die Aufgabe ist die Korrektur einer im Februar 2025 noch in der Schwalbe veröffentlichten Aufgabe; Klüver hat wBg4 und sSh5 ergänzt.

Ich zitiere die Lösung wörtlich aus Funkschach vom 25.10.1925, S. 210:

Lösung

In der Diagrammstellung scheitert 1. e5-e6 an 0-0, denn der Wechsel ist noch möglich. Die für die drei schw. Bauernschlagfälle erforderlichenVerwandlungen der weißen Dame waren angängig, ohne die Wechselstellung zu verletzen. Es fehlen vier schw. Steine, die folgendermaßen geschlagen worden sein können: h4XTg5XBf6XDe7XLf8 (S oder L) Be2 hat sich ohne Schlagfall auf c8 verwandeln können. —
Lösung: Weiß nimmt zurück: a7-a8 (S)! Jetzt bedingt dieser Bauer allein schon zwei Schlagfälle, so daß sich der w. h-Bauer nunmehr nur über. f7 auf f8 verwandelt haben kann. Schwarz muß also seinen König bereits (aus dem Schach) gezogen haben, und 1. e5-e6 findet keine Parade mehr. – Das ausgezeichnete Problem hat einige Verführungen in Rückzügen, die den schw. Wechsel ebenfalls ausschalten, aber die Matführung behindern oder aus rechtläufigen Gründen verboten sind. 1. fg7: scheitert am 1.– Sf6. Die Möglichkeit von 0-0 zurück ist natürlich nur ein nebensächlicher Spaß!

Mit “Wechsel”, ihr habt es sicher bemerkt, ist schön eingedeutscht die Rochade gemeint.

Thierry Le Gleuher 65

Heute gehen unsere herzlichen Glückwünsche nach Montreal in Kanada, wo Thierry Le Gleuher sein 65. Lebensjahr vollendet. Thierry ist eine der profiliertesten Retro-Persönlichkeiten der Gegenwart: Ein großartiger, vielseitiger und sehr produktiver Komponist, Sieger des WCCI 2001-2003, damit Retro-Weltmeister, internationaler Kompositionsmeister seit 2010, der mit über 450 Retros in der PDB vertreten ist, seit vielen Jahren Retro-Sachbearbeiter bei Phénix, gesuchter Preisrichter (der FIDE seit 2014), seit 1998 “Indexer” der Retroabteilung im FIDE-Album …

Trotz der vielen Retros von ihm ist es mir schwer gefallen, für diesen Glückwunsch eine Aufgabe herauszusuchen, die in die “Zwischendurch”-Serie hier passen kann, denn die meisten seiner Aufgaben sind hoch komplex. Neben den orthodoxen “Eindeutige letzte Züge?” will ich besonders auf seine sehr tiefgründigen, schwierigen und gleichzeitig sehr logischen Monochrom-Stücke hinweisen.

Dann bin ich üb er dieses “Ohneschach” Stück gestolpert — und das sollte auch “zwischendurch” lösbar sein; die Lösung natürlich wieder in einer Woche hier. Beim “Ohneschach” sind Schachgebote nur zulässig, wenn sie gleichzeitig mattsetzen.

Thierry Le Gleuher
Messigny 2012, 9. Platz
Letzte 6 Einzelzüge? Ohneschach (14+13)

 

 

Übrigens ist der 28. November ein ganz besonderer Problemschach-Geburtstags-Tag: Hans Peter Rehm feiert heute seinen 82. Geburtstag, und wir denken auch an den 135. Geburtstag von Thomas R. Dawson.

Lösung

Die fehlenden weißen Steine wurden von Bauern auf dem Königsflügel geschlagen, und nach der erzwungenen Schlag-Rücknahme im ersten Zug können [Bb7] und [Bd7] nicht (schlagfrei) umgewandelt haben, sie wurden also auf ihren Linien geschlagen.
R: 1.a5xb6ep# b7-b5 2.e5xd6ep (Schwarz ist in Zugnot!) d7-d5 3.Sd6-e8 De8-f8
1.– b7-b6 und 2.– d7-d6 wären wegen der “Ohneschach”-Bedingung illegal.