Nachtrag zum RdW 48/2016

Bernd Schwarzkopf machte mich dankenswerter Weise darauf aufmerksam, dass das Thema des Retro der Woche 48/2016 schon früher bearbeitet wurde: In den Blättern 97 (5.9.1948) sowie 111 und 112 (15.12.1948) von Schachmatt stellte Karl Fabel unter dem Titel “Retro-Rekorde für jedermann!” Aufgaben vor mit “… kürzester Beweispartie, aus denen sich die letzten 2, 3, 4… Züge retroanalytisch ableiten lassen.”

Allerdings war für die Beweispartien (besser gesagt deren erste Züge) keine Eindeutigkeit verlangt, wie es erst seit den 1980er Jahren üblich geworden ist. Die im Sinne “größtmöglicher prozentualer Anteil der retroanalytisch ableitbaren Züge” beste Aufgabe gelang Karl Fabel mit Hugo August in Revista Romana de Sah 1949 mit dem Quotienten 16/33, also 48,5%: siehe P0001725.

Retro der Woche 48/2016

Beim französischen Treffen der Problemschachfreunde jedes Jahr am Pfingstwochenende (oder mit anderen Worten: Eine gute Woche nach Andernach) steht auch immer ein Retro-Kompositionsturnier auf dem Programm.

Im Jahre 2009 war das Thema besonders interessant: Es waren Beweispartien gefordert, für die eine möglichst lange Folge von „letzten Zügen“ im Sinne einer klassischen Auflöse-Aufgabe eindeutig sein sollte. Der Anteil an eindeutigen letzten Zügen in der Beweispartie sollte möglichst hoch sein.

Schauen wir uns den ersten Preisträger an.

Michel Caillaud
Messigny2007, 1. Preis
Beweispartie in 16 Zügen. Letzte 12 Einzelzüge? (12+14)

 

Hier ist der Anteil nun 12/32, also 37,5%. Lässt sich der noch steigern?

Beginnen wir mit dem „letzte-Züge-Anteil“ – dann ist ja anschließend nur noch eine Beweispartie in 10 Zügen zu lösen.

Bei Weiß fehlen die beiden Türme und die beiden Springer, bei Schwarz die Läufer. Offensichtlich wurden die Läufer vom [Ba2] geschlagen, und wegen der unterschiedlichen Felderfarben ist auch klar, dass diese Schläge auf b3 und c5 erfolgten. [Bh2] kann nicht geschlagen haben.

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Natch 3.1

Die Optimierungen, die Pascal Wassong in sein Beweispartie-Prüfprogramm Natch in der “Dreier-Version” eingebaut hatte, haben bei einigen Spezialfällen dazu geführt, dass nicht alle Lösungen gefunden wurden. Erste Korrekturen hatte Pascal schon nachgereicht, nun ist die Version 3.1 erschienen, die einen besonders kniffligen Fehler behebt.

Diese Version kann wieder kostenlos von der Natch Homepage heruntergeladen werden; er stehen fertige Pakete für Windows (64 und 32 Bit) sowie die kompletten Programmquellen zur Verfügung.

Retro der Woche 47/2016

Ich finde es immer wieder interessant, sich Beweispartien anzuschauen, die etwa 20 Jahre alt sind. Da merkt man, welch unglaubliche Fortschritte auf diesem Gebiet in den letzten Jahren gemacht worden sind, wie stark sich gerade diese Aufgabenart weiterentwickelt hat – vielleicht höchstens noch vergleichbar mit längeren Hilfsmatts.

Bei beiden hilft sicherlich die enorm gestiegene Möglichkeit der Computerprüfung, einerseits gewagtere Themen zu wagen, andererseits besonders elegante Fassungen zu suchen – beides natürlich voll im Sinne aller Problemfreunde.

So war auch die heutige Aufgabe zunächst inkorrekt; die nun vorliegende Fassung ist allerdings Computer-geprüft.

Olli Heimo
Die Schwalbe 1998 (V), 1. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (10+14)

 

Die üblichen Stellungsanalysen bringen uns hier nicht sofort weiter: Zwei schwarze Steine fehlen: ein Turm (wahrscheinlich, aber nicht sicher: [Th8]; bei wBf7 wissen wir nicht, ob er von e2 oder von g2 kommt.

Mit den fehlenden weißen Steinen ist es noch schwieriger: Vier Bauern fehlen, dazu ein Turm und die Dame. Andererseits sind sicher nur zwei schwarze Bauernschläge sichtbar.

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Schon 12 Jahre alt

Vor ein paar Tagen erschien auf Julias Fairies Seite ein Urdruck, der sich dann aber schnell als steingetreu vorweggenommen herausstellte: Schon im Jahre 2004 hatte François Labelle (richtig, der mit der Zwei-Königs-Beweispartie) sämtliche Aufgaben dieses Typs (Beweispartie in 4,5 Zügen, beide Seiten in ihrer Partieausgangsstellung) mit dem Computer berechnet.

François Labelle & Computer
Internet 2004
Beweispartie in 4,5 Zügen (14+14)

 

Das löst sich in wenigen Sekunden, vermute ich, wenn man die richtige Idee hat?

Falls ihr euch auch die anderen 40 Aufgaben dieses Typs anschauen wollt, findet ihr sie hier; unser Beispiel ist die dortige Nummer 34.

Retro der Woche 43/2016

Ich habe den Eindruck, dass in den letzten Jahren kürzere Beweispartien (weniger als etwa 20 Züge) wieder mehr in Mode gekommen sind, die konzentriert interessanten Inhalt zeigen. Solch ein Beispiel ist unsere heutige Aufgabe.

Roberto Osorio
Orbit 2014, 1. Preis
Beweispartie in 16 Zügen (14+12)

 

Zählt man allein die im Diagramm sichtbaren Züge, so bringt uns das nicht sehr weit. Bei Schwarz sieht man nur drei Bauernzüge, bei Weiß immerhin 0+2+0+2+1+3=8 Züge. Aber auch das ist nur die Hälfte der Zügezahl – mit anderen Worten, noch sind acht weiße und 13 schwarze Züge frei!

Aber zum Glück fehlen ja einige Steine, sodass die uns vielleicht weiterhelfen können.

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Retro der Woche 41/2016

Im Hilfsmatt hat sich spätestens nach dem zweiten Weltkrieg die Tendenz gefestigt, dass zumindest kürzere Aufgaben (heute sicherlich bis mindestens vier Züge) mehr als eine Lösung haben; typischerweise sind diese Lösungen irgendwie thematisch miteinander verwoben.

Bei Beweispartien hat sich dies ähnlich wie bei klassischen Auflöse-Aufgaben, die ja beide die Kooperation von Weiß und Schwarz nutzen und damit dem Hilfs-Vorwärtsspiel „bis auf die Richtung“ ähneln, bisher kaum durchgesetzt.

Das liegt nicht nur daran, dass es offensichtlich sehr schwierig ist, beispielsweise solche Beweispartien zu bauen, sondern auch an einem inhärenten Problem, dass nämlich quasi „automatisch“ viele Züge in den Lösungen identisch sind: Schließlich müssen ja alle Steine die Diagrammstellung erreichen. Das ist im Vorwärts-Spiel einfacher zu vermeiden, da ja dort die Mehrspänner nur die Startposition (Diagramm) teilen, entsprechende Retros aber immer Start- und Endstellung.

Dennoch gibt es immer wieder attraktive Mehrspänner auch bei Beweispartien; einen möchte ich euch heute vorstellen.

Mark Kirtley
StrateGems 2016
Beweispartie in 11,5 Zügen, 2 Lösungen (9+13)

 

Insgesamt fehlen nach jeweils 23 Halbzügen insgesamt zehn Steine – das ist eine ganze Menge, und das erschwert auch die Lösung ganz erheblich. Dennoch bietet auch diese Stellung natürlich einige Anhaltspunkte für die Lösung.

Die Anzahl der sichtbaren Züge hilft nicht sehr viel weiter: 0+0+2+0+0+2=4 bei Weiß; bei Schwarz ist gar nur ein einziger Zug sichtbar.

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Retro der Woche 39/2016

Den Lösungsbesprechungen der kürzlich erschienenen Problemzeitungen habe ich heute eine Aufgabe entnommen, die mich sehr beeindruckt hat, die mich gleichzeitig staunen und schmunzeln ließ. Wie ging es euch, nachdem ihr die Aufgabe gelöst (oder durchgespielt) hattet?

Jorge Joaquin Lois & Roberto Osorio
Probleemblad 2016
Beweispartie in 16,5 Zügen (14+14)

 

Wirklich leicht zu lösen erscheint mir diese Aufgabe nicht, und das, obwohl sie relativ kurz ist. Aber dafür gibt es verschiedenen Gründe: Einer ist der, dass beim Zählen der sichtbaren Züge eine Menge frei bleiben.

Bei Schwarz geht es noch: Da sieht man 1+2+2+3+2+3=13 Züge – bleiben noch drei offen. (Bei dem einen Königs-Zug haben wir natürlich stillschweigend die lange Rochade angenommen.)

Bei Weiß hingegen haben wir noch viel mehr Luft: Da kommen wir (auch hier die lange Rochade voraussetzend) auf 1+1+0+1+0+1=4 sichtbare Züge – das ist schon extrem, vor allen Dingen, da wir nicht davon ausgehen können, dass die freien 13 Züge etwa durch zwei weiße Umwandlungen erklärt werden könnten.

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