Retro der Woche 34/2016

Nachdem ich euch im letzten Retro der Woche den zweiten Preis im diesjährigen Champagne-Turnier gezeigt hatte, soll nun der erste Preisträger folgen. Ihr mögt selbst für euch entscheiden, ob ihr auch Michel Caillauds Reihung vorgenommen oder „anders herum“ entschieden hättet.

Für beide Entscheidungen gibt es aus meiner Sicht gute Gründe.

Kostas Prentos
Champagne-Turnier 2016, 1. Preis Abt. I
Beweispartie in 16 Zügen (14+12)

 

Im Diagramm fallen natürlich sofort die beiden schwarzen Läufer auf, die die Plätze ihrer weißen Gegenspieler eingenommen haben; die hingegen sind die beiden einzigen fehlenden weißen Steine.

Das übliche Züge-Zählen bringt uns zunächst bei Weiß nicht viel weiter: Es sind nur vier Züge sichtbar im Diagramm, es bleiben also zwölf noch übrig.

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Retro der Woche 32/2016

Im letzten Retro der Woche 31/2016 war ich auf die besondere Situation des Preisberichts für das Jahr 1996 eingegangen und hatte dort eine ausgezeichnete Beweispartie vorgeführt. Heute nun möchte ich den ersten Preis der Abteilung I (Retros ohne Beweispartien) vorstellen.

Thomas Volet
Die Schwalbe 1996, 1. Preis Abt. I
Löse die Stellung auf! (15+12)

 

Lest ihr den Namen „Thomas Volet“ über einem Diagramm, könnt ihr zumindest ein Thema, das dargestellt wird, fast sicher annehmen: Thomas beschäftigt sich schon seit vielen Jahren intensiv mit Schachschutz in immer wieder neuen Ausprägungen. Dieses Thema wird uns hier natürlich auch begegnen, aber wir werden auch interessante Figurenmanöver bewundern können.

Beginnen wir allerdings wie üblich mit der Analyse der Schlagfälle:

Weiß fehlt nur ein Springer; der verschwand mittels c7xSb6; das ist wegen des sBa3 eindeutig.

Bei Schwarz fehlen vier Steine, die via e2xd3 sowie f2xe3xd4xc5 geschlagen wurden.

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Retro der Woche 28/2016

Immer wieder bin ich begeistert, wie pünktlich StrateGems erscheint: Das Heft habe ich trotz Versand aus den USA immer kurz vor dem Quartalsbeginn im Briefkasten. So jetzt auch das neue Heft, in dem der Retro-Urdruckteil bemerkenswert ist: Vier Anticirce-Verteidigungsrückzüger und fünf klassische Beweispartien: So verteilen sich im Moment offensichtlich die Vorlieben der Komponisten.

Im ersten Heft dieses Jahres war es noch extremer: Fünf Anticirce-VRZs und eine Beweispartie. Die möchte ich euch heute zeigen.

Silvio Baier
StrateGems 2016
Beweispartie in 23 Zügen (14+13)

 

Das übliche Zählen der sichtbaren Züge bringt uns hier zumindest bei Weiß nicht signifikant voran: Direkt zu sehen sind nur 0+2+0+2+0+1=5 Züge – bleiben also noch 18 frei! Bei Schwarz sehen wir sofort zwei Umwandlungsläufer, die brauchten schon einige Züge, nämlich zusätzlich zu den insgesamt zehn Bauernzügen noch mindestens jeweils zwei Züge. Neben diesen 14 Zügen sehen wir im Diagramm noch vier weitere Züge: Macht zusammen 18: hier sind also noch fünf Züge frei.

Wie soll man das lösen können? Vielleicht helfen ein paar Überlegungen zu den Umwandlungen weiter?

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Retro der Woche 26/2016

Ich konnte einfach nicht widerstehen, heute noch eine Aufgabe von Rustam Ubaidullajew vorzustellen, nachdem ich dies bereits in der letzten Woche getan hatte. Und wieder ist, wie man schnell sieht, ein Königsmarsch sicher nicht ganz unthematisch.

Rustam Ubaidullajew
StrateGems 2002, 2.-4. Preis
Beweispartie in 18 Zügen (15+16)

 

Der schwarze König brauchte mindestens sieben Züge, um nach c2 gelangen zu können. Neben dem [Bg7] musste auch [Lf8] ziehen (und heimkehren), um seinen Monarchen durchzulassen. Damit sehen wir schon mindestens zehn schwarze Züge; noch sind acht frei.

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Retro der Woche 19/2016

Letzte Woche hatte ich hier den ersten Preis des Hanspeter-Suwe-60 Turniers vorgestellt, heute kommt wie versprochen der zweite Preis an die Reihe, ebenfalls mit einem bemerkenswerten Wechsel der Forderung

Bernd Gräfrath
6. K&T Thematurnier 2016, 2. Preis
a) Wer darf noch rochieren? b) Beweispartie in 12 Zügen (13+14)

 

Beschäftigen wir uns zunächst mit der ersten Fragestellung. Dem ersten Anschein nach spricht nichts gegen die Möglichkeit beider Parteien, noch zu rochieren. Natürlich fällt bei Schwarz die lange Rochade weg, aber warum sollte die kurze nicht mehr möglich sein? Ebenso spricht zunächst nichts gegen eine weiße Rochade.

Schauen wir allerdings genauer hin, so macht uns sBb5 ein wenig Kopfzerbrechen: Bei Weiß fehlen drei Bauern, welchen sollte er dann geschlagen haben, um von der c-Linie nach b zu kommen? Entweder hat sich [Bf2] umgewandelt und wurde dann auf b5 oder b6 geschlagen, oder dort wurde [Ba2] geschlagen.

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Retro der Woche 17/2016

Im April-Heft der Schwalbe ist bereits der Preisbericht der Retros aus dem Jahre 2014 von Kostas Prentos erschienen; ein Stück daraus möchte ich heute vorstellen.

Silvio Baier
Die Schwalbe 2014, 2. Preis
Beweispartie in 27 Zügen (14+13)

 

Auf beiden Seiten fehlen nur Bauern, und sofort sieht man sowohl für Weiß als auch für Schwarz jeweils zwei Schläge durch Bauern: Weiß hat exf und hxg gespielt, bei Schwarz sehen wir exf6 und dxe6.

Mit diesen vier Schlagzügen können keine Bauern geschlagen worden sein – damit wissen wir schon jetzt, dass es (mindestens) zwei weiße und zwei Schwarze Umwandlungen gegeben haben muss.

Können wir auch schon etwas über den dritten Schlag durch Weiß sagen?

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Retro der Woche 15/2016

Nicht nur die neueste Schwalbe bietet viel Lesestoff für uns Retrofreunde, auch die neue Ausgabe von StrateGems (April-Juni 2016): Neben dem reichhaltigen Urdruckteil gibt es den fünften Teil von Silvio Baier, Nicolas Dupont und Roberto Osorio über Weiterentwicklungen der „future proof games“, bei denen mindestens zwei Themen doppelt gesetzt sind. (Die Fortsetzung dieser Reihe, die für jeden Retrofreund, vor allen Dingen jeden Preisrichter ein „Muss“ ist, wird im Januar 2017 starten.)

Dieser Teil mit insgesamt 23 Aufgaben enthält drei Urdrucke, zwei davon von Nicolas, der in diesem Jahr Beweispartie-Preisrichter bei StrateGems ist; eine davon wollen wir uns heute anschauen.

Nicolas Dupont
StrateGems 2016
Beweispartie in 25,5 Zügen (14+13)

 

Man sieht sofort, dass nur Bauern im Diagramm fehlen, die jeweils beiden Doppelbauern konnten aber nicht durch Schlag dieser fehlenden Bauern entstanden sein. Damit wissen wir schon jetzt, dass wir in der Lösung vier Umwandlungen zu erwarten haben – so überraschend ist dies angesichts des Erscheinungsort dieser Aufgabe im Aufsatz natürlich nicht.

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Retro der Woche 12/2016

Im letzten Retro der Woche hatten wir uns den Rundlauf einer Dame angeschaut; er war motiviert dadurch, dass kein anderer Stein ein Tempo verlieren konnte. Dadurch war sie gezwungen, sich auf eine lange und verwickelte Tour zu begeben, bei ihrem Tempoverlust nicht den gegnerischen König zu stören.

Die heutige Aufgabe betrachtet das gleiche Thema quasi von der anderen Seite: Heute ist es ein König, der als einziger weißer Stein in der Lage ist, ein Tempo zu verlieren; sein pendelfreier Rundlauf ist sogar noch länger als der der Dame in der letzten Woche.

Unto Heinonen
The Problemist 1992 (Version)
Beweispartie in 26 Zügen (12+15)

 

Sofort fällt im Diagramm einerseits das Schachgebot gegen den weißen König auf und andererseits der zweite weißfeldrige schwarze Läufer, der also durch Umwandlung entstanden ist.

Bevor wir uns fragen, was uns diese beiden Tatsachen bei der Lösungsfindung helfen, sollten wir versuchen, die offensichtlichen schwarzen Züge zu zählen, dabei zähle ich den Umwandlungsläufer mit bei den Bauern: 4+2+2+4+1+11=24. Also hat Schwarz noch zwei Züge frei?

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