Matt durch den König

Schon im letzten Retro der Woche haben wir gesehen, dass es unter bestimmten (Märchenschach-)Bedingungen möglich ist, dass ein König seinen Widerpart mattsetzen kann. Im Anticirce ist dies natürlich auch bei Verteidigungsrückzügern möglich, wobei es ganz unterschiedliche Wege gibt, dies zu erzwingen.

Wolfgang Dittmann hat nun die Möglichkeiten hierfür systematisch untersucht und in einem Aufsatz mit 10 Beispielaufgaben dargestellt. Ich freue mich riesig (und bin ehrlich gesagt ziemlich stolz darauf), dass er mir diesen Artikel zur Veröffentlichung hier im Blog überlassen hat! Wolfgang, nochmals ganz herzlichen Dank dafür! Und mein Dank geht auch an Günther Weeth, der den Artikel ins Englische übersetzt hat, so dass er auch über den deutschen Sprachraum hinaus die Aufmerksamkeit erlangen kann, die er verdient.

Den Artikel Der König setzt matt! Anticirce-Tricks im Verteidigungsrückzüger kann ich nur jedem zur Lektüre empfehlen: Den Spezialisten wegen der systematischen Darstellung, den Noch-nicht-Spezialisten, jedem Retrofreund allein schon wegen der gut kommentierten und erläuterten Aufgaben: Sicherlich eine der besten Möglichkeiten und Gelegenheiten, sich ein wenig in das Thema “Anticirce-Procas” einzuarbeiten — etwas Mühe ist da am Anfang schon erforderlich, aber es lohnt sich.

Viel Spaß bei der Lektüre!

Retro der Woche 11/2013

In seinem Aufsatz “Beckmesser versus Stolzing Reflexionen zur Legalität unter der Anticirce-Bedingung” (feenschach 144, November-Dezember 2001, S. 275-277) beschäftigte sich Klaus Wenda mit Fragen der Legalität von Stellungen in Märchenschachaufgaben am Beispiel der Anticirce-Bedingung.

Bei Anticirce wird der Schläger (nicht das Schlagopfer wie beim “normalen” Circe)  circensisch auf sein Feld in der Partieausgangsstellung zurückversetzt, der geschlagene Stein verschwindet. Ist dieses Feld besetzt, ist der Schlag nicht möglich. Ein schlagender wK erscheint also auf e1, eine schlagende sD auf d8. Beim Läufer ist das Ursprungsfeld aufgrund seiner Felderfarbe klar, bei Türmen und Springern nimmt man die Farbe des Zielfelds als Kriterium: Schlägt ein sT also nach b3, so wird er auf a8 “wiedergeboren”, bei einem Schlag nach b4 würde er auf h8 wiedererstehen. Für Bauern bestimmt die Reihe ihres Schlages das Wiedererstehungsfeld: Bei e4xd5 kommt der weiße Bauer also nach d2 zurück.

Nach dieser Definition ist unklar, ob ein Stein auf ihr Ursprungsfeld schlagen darf: Ist dies verboten (“Das Ursprungsfeld ist ja besetzt”), so spricht man vom “Typ Cheylan”; ist dies erlaubt (“Das Ursprungsfeld wird durch den Schlag ja frei”), so spricht man vom “Typ Calvet”.

Aus diesen Regeln ergibt sich z.B. dass eine Stellung wBe6, sBe4 illegal ist, d.h. unter Anwendung der Anticirce-Regel nicht erspielt werden kann (warum?).

Für “Vorwärtsspiel”-Aufgaben ist das eigentlich nicht wichtig, da “Legalität” von Stellungen normalerweise bei Märchenaufgaben nicht betracht wird. Anders aber ist es natürlich bei Märchen-Retros! Und dort können solche Fragen gar thematisch werden.

Dies wollte Klaus Wenda in seinem erwähnten Aufsatz an Hand eines “kleinen Schemas” in Form eines Verteidigungsrückzügers vom Typ Proca zeigen.

Klaus Wenda
KW/3v 144 feenschach 2001, Lob
S#1 vor 2 Zügen, VRZ Proca, Anticirce Typ Cheylan (6+3)

sKa1 steht nicht im Schach, da d1 besetzt ist (also kein Dame-Schach) und auch a1 besetzt ist (Typ Cheylan, kein Turmaschach).
Der weiße König ist im Retrospiel auf e1 sehr mächtig, da er überall auf dem Brett einen beliebigen Schlagzug zurücknehmen kann (, nach dem er dann auf e1 gelandet ist).

Nun werden also drei Einzelzüge zurückgenommen (Weiß, Schwarz, Weiß), nach denen Weiß sein Selbstmatt erzwingen will. Und das geschieht so:
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