Retro der Woche 35/2019

Heute möchte ich euch ein weiteres Stück aus dem Schwalbe-Jahrgang 2015 vorstellen, das es ebenfalls ins Album geschafft -– so wie schon die Retros der Woche 33/2019 und 34/2019.

Werner Keym
Die Schwalbe 2015
-2 & #2, Høeg Retraktor (16+11)

 

Schon bei der Forderung fallen zwei Besonderheiten auf: Wir haben es hier mit einem Verteidigungsrückzüger vom Typ Høeg zu tun, bei dem nicht der „Schläger“ bestimmt, welchen Stein er geschlagen hat, sondern das „Opfer“. Nach der Rücknahme eines Zuges betrachtet die andere Partei die Stellung und entscheidet, ob diese Rücknahme ein Schlag war, in diesem Fall kann er einen eigenen Stein als „Schlagopfer“ einsetzen. Dabei muss natürlich die Legalität der Stellung erhalten bleiben.

Und im Vorwärtsspiel haben wir es nicht mit dem üblichen #1 zu tun, sondern einem veritablen Zweizüger.

Darüber hinaus werden wir feststellen, dass sich Werner Keym hier auf sehr originelle Weise mit einem seiner Lieblingsthemen beschäftigt.

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Retro der Woche 49/2017

Wenn man bei Luigi Ceriani ein „einfaches“ Hilfsmatt sieht, wird man natürlich stutzig: Steckt da nicht irgendwo Retroanalyse drin? Besonders, wo hier die Rochadestellungen bei Schwarz und Weiß auffallen.

Luigi Ceriani
Sahovski Vjesnik 1951, 1. Preis (V)
h# in 2,5 Zügen (11+14)

 

Kurz noch der Hinweis, dass hier „2,5 Züge“ bedeutet, dass der erste (schwarze) Halbzug entfällt, also Weiß zieht an und setzt mit freundlicher Hilfe von Schwarz in seinem dritten Zug matt.

Wirklich überraschend ist es nicht, dass wir fix je eine Lösung mit weißer und eine mit schwarzer Rochade finden:

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Retro der Woche 46/2016

Eigentlich ist das mit Rochade und en passant ganz einfach in Retros: War nachweislich ein Bauerndoppelschritt letzter Zug, so ist ein en passant Schlag zulässig. Die Rochade ist zulässig, solange ihre Unzulässigkeit nicht nachgewiesen werden kann.

Komplizierter ist der Fall, dass sich Rochaden und/oder en passant Schläge gegenseitig ausschließen, wenn also beispielsweise nachgewiesen kann, dass nur eine der beiden vom Diagramm her möglichen Rochaden zulässig ist, weil nachweislich einer der beiden Türme gezogen haben muss, aber nicht bewiesen werden kann, welcher von beiden.

Dann greift die Regel der „partiellen Retroanalyse“; die ist in Artikel 16.3 des Kodex wie folgt definiert:

Partielle Retroanalyse (PRA) Konvention. Falls die Rechte zu rochieren und/oder en passant zu schlagen wechselseitig voneinander abhängen, besteht die Lösung aus mehreren einander ausschließenden Teilen. Alle Kombinationen von Zugrechten, welche partiemöglich sind und die Rochade-Konvention und die En-passant-Konvention berücksichtigen, bilden diese einander ausschließenden Teile. Sofern im Fall der wechselseitigen Abhängigkeit von Rochaderechten eine Lösung gemäß der PRA Konvention nicht möglich ist, soll die Retro-Strategie (RS) Konvention angewendet werden: Diejenige Rochade wird als zulässig angesehen, die zuerst ausgeführt wird.

Übersetzung des Originaltextes von Werner Keym für den Nachtrag zum Dittmann-Buch)

Schauen wir uns das an einem Beispiel an:

Werner Keym
Die Schwalbe 1971
#3 (13+8)

 

Die weißen Bauern haben alle fehlenden schwarzen Steine geschlagen, darunter auch [Ba7] und [Bb7], die beide umgewandelt haben müssen. Um das zu ermöglichen, muss [Ba2] von Schwarz geschlagen worden sein. Zusammen mit den beiden schwarzen Doppelbauern sind auch alle fehlenden weißen Steine erklärt.

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Retro beim DSB

Auf der Homepage des Deutschen Schachbundes (etwas nach unten scrollen und noch vor dem Verweis auf die Weltschachvereinigung — so gehört sich das!) stellt Wilfried Seehofer regelmäßig Schachprobleme vor und macht damit tolle Werbung für unser Hobby und für “unseren” Landesverband im DSB, die Schwalbe.

In dieser Woche nun hat Wilfried dort erstmals ein Retro vorgestellt:

William A. Langstaff
Chess Amateur 1922
Matt in 2 Zügen (5+3)

 

Das ist für den bisherigen “Nur-Partie-Spieler” sicherlich eine tolle Herausforderung; der Redakteur wirbt auch dafür, wenn man das Stück nach einer halben Stunde nicht lösen könne, solle man doch die Lösung nachschauen.

Und für die Leser dieses Blogs ist das natürlich ein lustiger Zufall, dass sowohl dieses Stück als auch das selbstverständlich viel kompliziertere aktuelle Retro der Woche sich mit partieller Retroanalyse beschäftigen.

Euch verrate ich hier die Lösung selbstverständlich nicht: Viele kennen sicherlich diese Aufgabe, und die anderen werden sie schnell durchschaut und gelöst haben. Und wenn nicht: Ihr wisst ja, wo ihr nach einer halben Stunde die Lösung finden könnt…

Retro der Woche 08/2015

Heute möchte ich für die „Langversion“ des SchwalbeRetro-Preisberichts für das Jahr 2008 werben, der nun in einer Kurzfassung von auch noch fast acht Seiten im Februar-Heft 2015 der Schwalbe erschienen ist. Die Lang-Fassung könnt ihr hier im Blog herunterladen.

Hier zitiere ich also komplett den Kommentar des Preisrichters Nicolas Dupont zum ersten Preis in der Abteilung Klassische orthodoxe Retros.

Werner Keym
Die Schwalbe 2008, 1. Preis, Abteilung II
Matt in 3 Zügen (13+12)

 

Dieses ganz ausgezeichnete Werk wartet mit einem äußerst originellen und tief angelegten Thema auf, das die sehr hohe Auszeichnung voll gerechtfertigt. Die Lösung ist eindeutig und gleichwohl „nicht festgelegt“ (ein Phänomen, welches sich aus dem Gebrauch der PRA-Konvention erklärt (partielle retrograde Analyse), d.h. jede Genesis der Stellung schließt eine von beiden Rochade-Optionen für Schwarz aus, und jede der beiden Lösungen schließt die andere aus!

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