14. SVW Problemschach-Wettbewerb

Sehr guter Tradition folgend, richtet der Schachverband Württemberg nun schon zum 14. Male seinen Problemschach-Wettbewerb mit immer wieder interessanten Themen aus. So dreht sich in diesem Jahr alles um Schach960 (Fischer-Random Chess, heute auch gern als „Freestyle Chess“ vermarktet).

Das soll uns egal sein — viel wichtiger sind die spannenden Fragen zum Schach960 und seinen Anfangsstellungen.

Ebenfalls traditionell ist die gute Ausstattung mit Preisen — für die beste Einsendung sind wieder 100 € ausgelobt, der Gesamt-Preisfond wird bei 250 bis 300 € liegen.

Die Ausschreibung erläutert neben den Aufgabenstellungen alle organisatorischen Regelungen; Einsendeschluss ist der 31. März 2026.

Retro der Woche 08/2025

Da haben die Marketing-Spezialisten mal wieder zugeschlagen! Nachdem vor einiger Zeit die Bezeichnung Fischerandom-Chess vielfach schon durch Chess-960 ersetzt worden war, musste es vor ein paar Jahren plötzlich „intellektueller“ klingen: Wie wäre es mit einem Mix aus arabischen und römischen Ziffern? Und schon war Chess-9LX geboren, was dann aber doch zu intellektuell gewesen muss, denn nun hat eine hoch dotierte und extrem gut besetzte Turnierreihe begonnen unter dem Namen Freestyle Chess.

Komisch, zunächst musste ich da an Buckelpisten denken, aber Namen sind Schall und Rauch – und „Ryder heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“ (Wer kann sich daran noch erinnern?). So auch hier: Weiterhin wird nach orthodoxen Regeln gespielt, nur dass die Anfangsstellung ausgelost und dann symmetrisch aufgebaut wird mit den Einschränkungen, dass die beiden Läufer einer Farbe auf unterschiedlich farbigen Feldern stehen und der König stets zwischen den beiden Türmen platziert wird. Die einzige Besonderheit bei den Zügen ist die Rochade – sie wird so ausgeführt, dass König und Rochadeturm „orthodox“ landen.

Am Freitag hat nun Vincent Keymer das Freestyle Chess Grand Slam Turnier in Weissenhaus (und 200.000 Dollar) gewonnen, sich dazu bei normaler Turnier-Bedenkzeit (ja, solche Turniere werden auch heute noch gespielt) im Halbfinale gegen Magnus Carlsen und im Finale gegen Fabiano Caruana durchgesetzt. Seine Gewinn-Strategie war sehr einfach: In den Mini-Matches über zwei Partien jeweils die erste gewinnen und die zweite sicher remis halten – das hatte bereits im Viertelfinale geklappt.

Dieses Turnier ist für mich Anlass, heute mal wieder eine Chess-960 Beweispartie vorzuführen: Ich bleibe zumindest erst einmal bei dem Namen.

Per Olin
Retros Mailing List 3.12.2012, Olli Heimo gewidmet.
Beweispartie in 16,0 Zügen Chess-960 (14+16)

 

Zunächst wollen wir die Partieanfangsstellung bestimmen, und dabei hilft uns wie so oft das Zählen der (sichtbaren) Züge. Bei Schwarz sind wir da sehr schnell fertig – wir wissen allerdings noch nicht, welche möglichen Umstellungen auf der achten Reihe notwendig waren, denn wir sehen schon, dass der König und der nun auf e8 stehende Turm schon gezogen haben müssen, denn ansonsten müsste ja sTe8 „westlich“ von seinem König stehen.

Und wie schaut es bei Weiß aus?

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Retro der Woche 16/2024

Auch unter den Partieschächern erlebt Schach-960 – heute gelegentlich unter den kuriosesten „Marketing-Namen“ – eine Renaissance, und attraktive Probleme mit dieser „orthodoxen Bedingung“ (die Regeln sind in den offiziellen FIDE Schachregeln definiert) gibt es sowieso. Eines davon möchte ich euch heute vorstellen. Wir erinnern uns an die Regeln für die Partieanfangsstellung (PAS): Die erste Reihe wird mit den acht weißen Offizieren zufällig besetzt mit den Einschränkungen, dass die Läufer auf Feldern unterschiedlicher Farbe und der König irgendwo zwischen den Türmen steht. Ansonsten ist es „orthodoxes Schach“, selbst mit unveränderten Rochaderegeln. Die schwarzen Offiziere stehen dann spiegelsymmetrisch.

Bei Beweispartien muss normalerweise die PAS abgeleitet werden – also wie schon in der letzten Woche allerdings völlig andere Synthese aus Retroanalyse und Beweispartien.

Per Olin
Die Schwalbe 2020, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 19,0 Zügen, Schach-960 (16+16)

 

(Bei der Lösungsangabe habe ich mich an der des Autors orientiert.)
Zählen wir die minimale weiße Zügezahl nach Gruppen:a) Bauern 2, b) Springer 4, c) die Diagonalfiguren D, L, L: g2-g3 kommt vor f2-f3, was dem weißen weißfeldrigen Läufer den Zug ermöglicht. f3 mobilisiert den schwarzfeldrigen Läufer; der schwarze Zug b6 muss geschehen, bevor der wL nach b7 kommt. Den wL in einem einzigen Zug nach b7 zu ziehen, bevor f3 und nachdem b6 gespielt wurden, würde die Wege für wD nach a6 und/oder wL nach c7 zu sehr verlängern; daher kommt der Läufer in mindestens zwei Zügen nach b7, und dies geschieht, nachdem wD und wLc7 ihre Diagrammfelder erreicht haben. Das schwarze c5 muss erfolgen, wenn der schwarzfeldrige wL auf b6 steht, und dem muss wD a6 vorausgehen. Der wSh5 und der weißfeldrige Läufer haben auf f1 und h1 gestanden, so dass e1 und g1 für wD und wden anderen wL übrig bleiben. Die Figur, die auf g1 beginnt, braucht zwei Züge und die Figur, die auf e1 beginnt, drei Züge. Dies ergibt ein Minimum von 7 Zügen für die diagonalen Figuren. d) K, T, T: Da bei minimaler Zugzahl die vier Felder e1-h1 die Anfangsfelder der drei Diagonalfiguren und wSh5 sind, beginnen der König und die Türme irgendwo auf a1-d1. Weiß spielt die g-Rochade, zieht den König nach e3, Tf1-f2; nach g2 zieht der andere Turm, der auf der linken Seite des Königs begann. Das bedeutet mindestens 6 Züge, so dass die Gesamtzahl der Züge gemäß unserer Rechnung 2+4+7+6=19 beträgt – alle weißen Züge sind erklärt.

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August-Schwalbe erschienen

In dieser Woche sollte bei den Schwalbe-Mitgliedern das Augustheft unserer Zeitschrift im Briefkasten gelegen haben — wie immer mit viel interessantem Lese- und Lösestoff.

Mit (nur) sieben Retro-Urdrucken sollte für die Löser dennoch eine Menge dabei sein: Ein klassisches Aulöse-Stück, drei orthodoxe und zwei Märchen-Beweispartien und wieder eine knifflige Textaufgabe. Viel Spaß beim Lösen und kommentieren.

Aber auch bei den Artikeln ist für uns Retrofreunde wieder eine Menge dabei: Etwa zu en letzten Zügen einer Dame und die Fortsetzung der Untersuchung zu Schach960 und Rochade.

Und auf den Nachtrag zum Retro-Preisbericht für 2020 komme ich hier noch zurück!

Retro der Woche 32/2022

(Diagrammfehler korrigiert — Dank an Mario Richter!)

Gern möchte ich euch heute wieder einmal eine Beweispartie nach den Schach-960 Regeln zeigen: Ihr erinnert euch: Die Anfangsstellung wird symmetrisch so ausgewürfelt, dass die Läufer auf ungleichfarbigen Feldern stehen und der König stets zwischen den Türmen. Die Rochaden enden in den bekannten „Normalpartie-Stellungen“ — das ist eigentlich schon alles.

Per Olin
MatPlus.net 7.7.2013, Alain Brobecker gewidmet
Beweispartie in 21,5 Zügen, Schach960 (14+1)

 

Hier sieht man gleich, dass dies keine „orthodoxe“ Anfangsstellung gewesen sein kann: acht weiße Bauern, der der weiße weißfeldrige Läufer könnte niemals auf b1 stehen, er stünde auf f1. Und gleichzeitig sehen wir schon im Diagramm das Thema der Aufgaben: drei „Volet-Bauern“, die also diagonal fressend auf der 7. Reihe landen. 15 Bauernzüge, 15 Schläge…

[Ba7] und [Bb7] haben zur Mitte hin geschlagen, um von den weißen Bauern geschlagen zu werden; die Umwandlung der schwarzen Bauern ist zu langsam. Die schwarzen Schläge, die die beiden fehlenden weißen Figuren eliminieren, sind axb und bxc, die von einem oder zwei schwarzen Bauern geschlagen werden. Der schwarze Bauer auf der b-Linie, original oder von a kommend, wird von Weiß durch axb3 geschlagen, der schwarze Bauer auf der c-Linie, original oder von a oder b stammend, wird dann auf c3 oder c4 geschlagen.

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Per Olin 70

Heute gehen herzliche Glückwünsche an Per Olin aus Espoo, der zweitgrößten Stadt Finnlands direkt westlich von Helsinki. Dort feiert Per heute seinen 70 Geburtstag. Alles Gute für dein neues Lebensjahrzehnt, und heute wünsche ich dir schönes Feiern!

Per hat sehr schöne Beweispartien gebaut (siehe beispielsweise die, die ich zu seinem 65. Geburtstag hier gezeigt hatte), und er hat sich intensiv mit A-nach-B-Schach beschäftigt, besonders aber mit Schach-960 und dort gerade bei Beweispartien sehr interessante Aufgaben komponiert, in denen nicht nur die Zugfolge, sondern auch die Partieanfangsstellung zu finden sind.

Zum Selbstlösen „zwischendurch“ möchte ich euch heute aber ein anderes, nicht so schweres Stück zeigen, das allein schon mit seiner bemerkenswerten Forderung „Hilfsmatt in 2 1/3 Zügen“ auffällt. Was um alles in der Welt hat das denn zu bedeuten? Und wo ist der weiße König geblieben?

Per Olin
MatPlus.Net Forum 19.4.2018
H#2 1/3, b) sKc3>f3 Schach-960 (1+7)

 

Aber vielleicht kennt ihr ja die Empfehlung der FIDE zur Durchführung der Rochade im Schach-960: Den König vom Brett nehmen, den Rochadeturm auf sein Zielfeld stellen, den König auf seinem Rochadefeld wieder einfügen.

Wie immer gibt es in etwa einer Woche hier die Lösung!

Lösung

Der “drittel Zug” entspricht 2/3 des weißen Halbzuges, also dem Versetzen des Turms und Wiedereinsetzen des Königs.

a) 1.– Td1,+wKc1 2.Kb3 Kb1 3.f3 Txd3#
b) 1.– Tf1,+wKg1 2.Ke3 Kg2 3.Sd2 Te1# (Rückkehr)

Eine lustige Sache!

Retro der Woche 25/2021

Gestern hatte ich an den 25. Schach-960 Geburtstag erinnert; dieses Thema zu vertiefen kann ich gut mit der schon angekündigten Vorstellung von Aufgaben aus dem Probleemblad 2017-2018 Preisbericht verbinden.

Per Olin
Probleemblad 2018, 2. ehr. Erw. 2017–2018
Beweispartie in 14,5 Zügen, Schach-960 (16+16)

 

Um die weißen und schwarzen Türme auf ihre Positionen im Diagramm zu bringen, müssen die Parteien entweder rochiert oder die Könige nach f2 und f7 gebracht haben, um die Türme jeweils durchzulassen. Die Rochade ist hier der schnellere Weg. Die Läufer standen in der Anfangsstellung jeweils auf „östlichen“ Feldern (anderenfallls wären sie noch eingesperrt). Wenn die schwarze Dame zwei Züge macht, beginnt sie ebenfalls auf einem der vier Felder e8-h8; von den entsprechenden Feldern e1-h1 kann die weiße Dame in einem oder zwei Zügen das Feld b6 erreichen. Das Minimum an Springerzügen bekommen wir, wenn die Springer auf d und e beginnen: drei weiße und zwei schwarze Züge.

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25 Jahre Schach-960

Heute vor 25 Jahren, am 19. Juni 1996, stellte Exweltmeister Bobby Fischer (9.3.1943–17.1.2008) auf einer Pressekonferenz im argentinischen Buenos Aires seine Idee vor, mit der er die Kreativität im Partieschach und das Talent der Spieler wieder mehr in den Vordergrund stellen und das „Auswendiglernen“ von Eröffnungen zurückdrängen wollte: Fischerandomchess, heute eher unter Schach-960 bzw. Chess960 bekannt.

Ohne die grundlegenden Regeln des Schachspiels zu ändern, schlug er vor, die Partieanfangsstellung vor Beginn einer Partie auszulosen, wobei Schwarz und Weiß ihre Figuren gespiegelt an der Mittelwaagerechten des Bretts aufstellen. Die Randbedingungen beim Losen sind, dass die beiden Läufer auf ungleichfarbigen Feldern stehen und der König irgendwo zwischen den Türmen. Die normalen Schachregeln gelten weiter; die Rochade wird auch noch den normalen Regeln durchgeführt und endet mit der aus dem Normalschach bekannten Stellungen (Kg1,Tf1 oder Kc8,Td8). Die Regeln für Schach-960 sind seit 2009 Bestandteil der offiziellen FIDE Schachregeln, 2019 setzte sich bei der ersten FIDE-Weltmeisterschaft im Schach-960 Wesley So gegen Magnus Carlsen durch.

Wie der Name vermuten lässt, ergeben sich durch das Auslosen 960 verschiedene Partieanfangsstellungen; klassisches Auswendiglernen von Eröffnung hilft hier also nicht viel weiter.

Auch für das Problemschach, speziell für die Retroanalyse bietet Schach-960 viele reizvolle Möglichkeiten, die sich aus der Ableitung der Anfangsstellung, aber auch durch Rochade-Besonderheiten ergeben: Während im Normalschach die Rücknahme einer Rochade zu genau definierten Königs- und Turmpositionen führt, ist das beim Schach-960 nicht der Fall: Die Rochade hätte potenziell aus verschiedenen Anfangsstellungen heraus geschehen können.

Zum Mitfeiern „für zwischendurch“ stelle ich euch ein frühes, nicht allzu schweres Schach-960 Retro vor, zu dem ich selbst durch eine kleine Korrektur nach 16 Jahren beitragen konnte.

Bernd Gräfrath
König & Turm 2002; Korrektur Th. Brand 2018
-1w, dann #2, zwei Lösungen Schach-960 (4+1)

 

Wie immer gibt es in etwa einer Woche hier die Lösung!

 

Lösung

I: R 1.Td4-d1 & vor: 1.O-O Kh3 2.Tf3#
II: R O-O-O (Kf1,Td1) & vor: 1.Td4 Kf3 2.Th3#

Vertauschung der Funktion von Rücknahme- und erstem Vorwärtszug. Und warum ist die Rochade-Rücknahme in II eindeutig?