The Problemist March 2021

Vor ein paar Tagen habe ich die elektronische März-Ausgabe von The Problemist erhalten; das Papier ist noch auf dem Postweg. Wie (fast) immer finden wir drei Urdrucke zum Lösen sowie die stets interessante Rubrik “Proof Games and Retros”, in der Bernd Gräfrath die drei Preisträger des Beweispartie-Turniers von StrateGems 2019 vorstellt.

Zusätzlich gibt es in dieser Ausgabe für uns Retrofreunde einen sehr lesenswerten Beitrag von Mark Ridley: “ORBIT 2010 Retros — a Personal Selection”, in dem er sieben Retros aus diesem Jahrgang der Zeitschrift vorstellt, die im Jahre 2014 ihr Erscheinen eingestellt hat. Mark hat sich gerade diesen Jahrgang ausgesucht, da zu ihm kein Preisbericht erschienen ist.

Auf diesen Beitrag werde ich ein Stück im nächsten Retro der Woche vorstellen.

Lesestoff

Auf der Website der Schwalbe ist in den letzten Tagen sehr interessanter Lesestoff eingestellt worden:

Viel Spaß beim Schmökern!

Manfred Rittirsch 60

Heute gehen ganz herzliche Glückwünsche nach Niederbayern, in den Landkreis Landshut, nach Buch am Erlbach, wo heute — für den, der ihn persönlich kennt, ist das kaum zu glauben! — Manfred Rittirsch sein sechstes Lebensjahrzehnt vollendet. Manfred ist ein unglaublich vielseitiger Komponist, großartiger, phantasievoller Konstrukteur, immer den künstlerischen Aspekt des Problemschachs betonend; er kommt bisher (WCCI und Album 2016–2018 sind noch nicht berücksichtigt) auf 56 Albumpunkte; der Großmeister-Titel ist sicher nur noch eine Frage der Zeit.

Ebenso ist er ein hervorragender Löser, Interpretierer und Kommentator, der gleichzeitig über riesige Literaturkenntnisse verfügt. Wer einmal seine ausführlichen Urdruck-Kommentare oder einen Preisbericht von ihm gesehen hat, weiß, was ich damit meine.

Nicht nur als Löser, auch als Komponist wendet er sich gelegentlich Retros zu. Einen großen Erfolg möchte ich euch hier zeigen. Mit Kenntnis der Quelle ahnt ihr vielleicht bereits das Thema — und dann ist es nicht mehr ganz schwer! Die Lösung folgt wieder in etwa einer Woche hier.

Manfred Rittirsch
Rehm-70 Turnier, Gruppe B 2014, 1. Preis
Beweispartie in 11,5 Zügen (14+15)

 

Für dein neues Lebensjahr(zehnt), lieber Manfred, wünsche ich dir persönlich und sicher auch im Namen aller Leser hier alles denkbar Gute, weiterhin viel Freude an und Erfolg bei unserem Lieblingshobby! Und heute lass dich toll feiern!

Lösung

Darstellung des “Rehm-Themas” (vollständige “Umgehung eines Steins”, hier La3-c3 um Lb4 herum, dann ziehen beide Themasteine noch auf der Themalinie) — damit dann beide dort geschlagen werden. Unglaublich elegante und (zeit)ökonomische Darstellung.

Achte Auflage

Noch im Januar ist die achte Auflage des Handbook of Chess Composition erschienen. Wieder hat Hannu Harkola alles Wissenswerte über die “offizielle Seite” des Problemschachs, wie es von der WFCC vertreten wird, zusammengetragen: über deren Treffen, Mitglieder und Vorsitzenden, über die offiziellen Regeln und Statuten, den Codex, die Normen für offizielle Titel, alle Titelträger und WFCC Turniere. Das ist natürlich nicht als Bettlektüre gedacht, aber bei irgendwelchen Fragen zu Regeln oder Titeln findet sich hier im Zweifelsfall die Antwort.

Ich habe aus Spaß die internationalen Preisrichter für Retros gezählt: Das sind 17 (und es fehlen natürlich prominente Namen wir z.B. Andrej Frolkin: die Titel werden ja nicht automatisch, sondern nur auf Antrag der nationalen Problemvereingungen und gebührenpflichtig verliehen), und von denen kommen allein sechs aus Deutschland. Bekommt ihr die ohne nachzuschlagen zusammen?

Problemschach-Lexika Bibliographie

In Die Schwalbe 302 (April 2020), S. 490–493, hatte ich anlässlich des 50. Todestages von Werner Sidler, dem Verfasser von problemschach aus dem Jahr 1968 einen Artikel über Problemschach-Lexika veröffentlicht, der auf der Schwalbe-Seite zum Download bereit steht.

Nun habe ich, aufbauend auf diesem Artikel, eine kommentierte Bibliographie von Problemschach-Lexika erstellt. Rückmeldungen mit Korrekturen oder Ergänzungen bitte direkt an mich. Ich kann bei Interesse auch die genutzte Datenbank (BibTeX-Format) zur Verfügung stellen.

Yoav Ben-Zvi †

Und noch eine traurige Nachricht: Wie mir sein Sohn mitteilte, ist Yoav Ben-Zvi am Silvestertag 2020 im Alter von 63 Jahren (* 3.6.1957) in seiner Geburtsstadt Jerusalem verstorben. Er hinterlässt Frau und je einen Sohn und eine Tochter; meine herzliche Anteilnahme gilt seiner Familie.

Schon als junger Mann gründete er mit zwei Partnern ein Hightech-Unternehmen, von denen sie sich 2012 trennten. Dies war für ihn der Übergang zum Ruhestand, wo er seine alte Liebe zum Problemschach wiederentdeckte; seit 2012 war er auch Schwalbe-Mitglied.

Yoav war ein vielseitiger Komponist, seine Vorliebe galt allerdings der Retroanalyse, und hier folgte er bewusst nicht irgendwelchen Modethemen, sondern er präsentierte stets klassischen Inhalt mit strategischem Tiefgang in eleganter Form; seine Vorliebe galt allen Arten von Linienspiel, häufig verbunden mit orginellen Fragestellungen in den Forderungen.

Zu seinem Gedenken zeige ich eine sehr kurze, leicht zu lösende, aber sehr hübsche Beweispartie, die euch zum Lösen anregen sollte, daher verrate ich auch nichts zum Inhalt.

Yoav Ben-Zvi
The Problemist 2012, 5. Lob
Beweispartie in 10,5 Zügen (13+16)

 

Im Südwesten deutet sich bestimmt schon der Inhalt an?

 

Lösung

Yoav kommentierte selbst in der PDB:

The moves WRa1-a5 (crossing a4 for WQ) and BBc2-g6 (crossing f5 for BQ) are “Turton” clear-ances. The move Qd1-a4 (crossing b3 for WB) must precede WBd5-b3 so it is a third Turton (called a “Loyd-Turton” because the clearance is by the stronger piece). The first 2 moves of WPa2 (crossing a4 for the WQ) are an additional Turton. In all these cases the occupation of the critical square is delayed. The moves WQa4-a1 (crossing a2 for WR), BQf5xb1 (crossing c2 for BB) and WPa2-a4-a5-a6 (crossing a5 for WR) are impure “Bristol” clearances. The move WBb3-d1 (cross-ing c2 for BB) is “Anti-Critical”. The move BBg6-c2 is a Switchback. The Try 5.WBf1-h3? is refuted because of Anti-Bristol effect of WBh3-e6.

2021

Allen Retrofreunden wünsche ich
ein gutes neues Jahr 2021!

Beinahe schon traditionell schauen wir am Neujahrstag 100 Jahre zurück: Die PDB weist für dieses Jahr genau 16 Retros auf, immerhin ein Drittel mehr als noch für das Jahr 1920. Allerdings tauchen im Jahr 1921 elf Autoren auf, von denen nur ein einziger für mehr als eine Aufgabe steht — und das ist nicht weiter überraschend Thomas Rayner Dawson.

Von ihm heute ein etwas komplexeres Stück, bei dem es natürlich nicht nur um die Vorwärtsforderung geht! Viel Freude beim Lösen des vielleicht ersten Retros im neuen Jahr — und natürlich gibt es die Lösung wieder in einer Woche hier.

Thomas R. Dawson
The Times 1921
#2 (16+12)

 

 

 

Lösung

1.f5xe6ep+ Lxb8 2. Txf6#

Schwarz ist fast retropatt; als letzte Züge gehen nur R: 1.– e7-e5 2.Te5-e3+ Se3-g4+ 3.g4xLf5+ Ld7-f5 etc. Hünsche Folge von Kreuzschachs

Und wieso geht nicht R: 1.– e7-e6? Weil dann 2.Te5-e3+ Se3-g4+ 3.Bg4xSf5+?? illegal wäre, da Schwarz seinen dritten Springer nicht entwandeln könnte.

Günther Weeth †

Von Werner Keym erhielt ich die traurige Nachricht, dass Günther Weeth am Montag (28.12.2020) nach längerer Krankheit verstorben ist. Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging, hoffte aber, dass sich sein Gesundheitszustand stabilisieren würde. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau Gudrun, die ihn oft zum Beispiel nach Andernach begleitet hat, und seiner ganzen Familie.

Erst anlässlich seines 85. Geburtstages am 13. August diesen Jahres war ich noch auf seine Leistungen und Erfolge als Problemist eingegangen. Als starker Löser und pensionierter Lehrer lag ihm immer daran, seine Lieblings- und Spezialgebiete etwa in der Retroanalyse (Verteidigungsrückzüger mit der Anticirce-Bedingung) nicht nur kompositorisch (und erfolgreich!) zu bearbeiten, sondern in vielen Vorträgen und Aufsätzen zu erklären und popularisieren. Hier hatte er auch viele, sich oft als fruchtbar erwiesene Ideen wie etwa die Nutzung der Høeg-Version des VRZ zusammen mit Anticirce, in der letzten Zeit besonders die Verbindung von Anticirce und Circe im VRZ. Hierzu will ich auf seinen Artikel im Dezemberheft der Schwalbe (“Anticirce plus Circe im Verteidigungsrückzüger”, 306-2 Die Schwalbe XII/2020, S. 821–824) verweisen.

In der nächsten Zeit werde ich hier im Blog noch auf die Kompositionsleistungen von Günther zurückkommen.