Retro der Woche 22/2022

Heute geht das Treffen der Märchenschachfreunde in Andernach schon wieder zu Ende. Da möchte ich euch wie schon in der letzten Woche wieder eine Märchenschach-Beweispartie zeigen – und irgendwie komme ich natürlich an der Bedingung Andernachschach nicht vorbei, die, wen wundert es, bei einem dieser Treffen vorgestellt und sofort kompositorisch ausprobiert wurde.

Die Bedingung ist sehr einfach erklärt: „Nichtkönigliche Steine wechseln, wenn sie einen gegnerischen Stein schlagen, als Teil des Zuges die Farbe.“ – so ist sie im Schwalbe-Lexikon definiert.

Auch der Autor dieser Aufgabe war in diesem Jahr wieder in Andernach!

Dirk Borst
feenschach 1997, Preis
Beweispartie in 21 Zügen, Andernachschach (16+12)

 

Zunächst einmal bemerken wir: Orthodox kann die Stellung nicht in 21 Zügen, nicht in einer ungeraden Zahl von Zügen erspielt werden, da Weiß eine gerade Zahl von Zügen spielen müsste, um die Partieanfangsstellung wiederherstellen zu können.

Wir sehen, dass bei Schwarz vier Bauern fehlen – also schlug wegen der Märchenbedingung Schwarz (!) vier Mal mit Bauern. Da ist aber erst einmal nichts sichtbar!

Wenn uns sonst nichts einfällt, wenn etwa die Schlagbilanz anhand der Bauernstruktur keine Hinweise gibt, dann zählen wir einfach die schwarzen sichtbaren Züge. Da sehen wir 3+2+3+2+3+1=14 – damit sind noch sieben Züge frei! Das ist sehr viel, aber vielleicht hilft uns das doch weiter? Dazu stellen wir uns die Frage, wie denn die weiße Bauernphalanx wieder geschlossen werden konnte, wenn doch gleich vier Bauern durch Schlagen weiß wurden – und was haben sie geschlagen?

Weiß muss mindestens einen Bauern gezogen haben, denn es können ja nicht nur die Springer geschlagen und dann durch entstandene Bauern per Umwandlung ersetzt werden. Wie kann nun die Reihe wieder geschlossen werden, wenn ein Bauer gezogen hat? Auf dessen Ursprungsfeld muss ein weißer Stein von einem Bauern geschlagen werden. Der braucht bis dorthin vier Züge – und damit ist klar: Weiß konnte nur einen Bauern aufziehen, damit bleiben für die drei weiteren Schläge schwarzer Bauern nur noch drei Züge – sie müssen also jeweils auf die sechste Reihe geschlagen haben.

Und diese neu entstandenen weißen Bauern stehen dann ja schon auf der sechsten Reihe, können sich dann also schnell umwandeln, dann den weißen Originalstein auf dessen Ursprungsfeld ersetzen (also wegen der weißen Homebase Pronkin-Thema) oder sich anschließend schlagen lassen (Ceriani-Frolkin).

Vielleicht dämmert da bei euch schon ein weiteres spezielles Thema? Wenn, dann liegt ihr gar nicht so verkehrt!

Nach den Vorüberlegungen und mit dieser Vorahnung lässt sich das Stück vielleicht sogar lösen? Versucht es doch einfach!

Lösung

1. d4 c5 2. d5 c4 3. d6 c3 4. Dd5 Da5 5. Dc6 dxc6[=wB] 6. c7 Lg4 7. c8=S e6 8. Se7 Df5 9. Sg6 hxg6[=wB] 10. d7+ Ke7 11. d8=L+ Kd6 12. Ldg5 Se7 13. Lh6 gxh6[=wB] 14. g7 Sg6 15. g8=D Le7 16. Dd8+ Ke5 17. Dd1 Tc8 18. h7 Tc4 19. h8=T Sc6 20. Td8 Tc8 21. Td2 cxd2[=wB]

Weiße Allumwandlung mit drei Ceriani-Frolkin-Schlägen und dem Damen-Pronkin. Ein sehr attraktives Stück, finde ich!

2 thoughts on “Retro der Woche 22/2022

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