Retro der Woche 38/2025

14.9.25: Diagrammfehler korrigiert! Dank an Silvio Baier für den Hinweis.

Als der ursprünglich vorgesehene Preisrichter für das Retro-Informalturnier 2019-2020 von The Problemist aus gesundheitlichen Gründen dieses Amt zurückgeben musste, fragt Redakteur Richard Dunn bei Hans Gruber nach, ob er das Richten übernehmen könne? Dem filel sofort ein, dass ein Dreierteam schon viele Turniere gemeinsam gerichtet und immer Freude dabei gehabt hatte — und so fragte er gleich bei Ulrich Ring und mir nach,, ob dieses Dreigestirn wieder gemeinsam richten solle?

Und wir waren sofort dabei; unser Bericht ist nun im Septemberheft erschienen.

37 Aufgaben nehmen am Turnier teil: 13 orthodoxe und 14 Märchen-Beweispartien sowie 10 weitere Retros. Schauen wir uns den ersten Preis an:

Michel Caillaud
The Problemist 2019, 1. Preis 2019-2020
Beweispartie in 28 Zügen (13+12)

 
Die Linien a bis c sind komplett bauernfrei, andererseits zeigt bereits die Bauernkonstellation auf der g- und der h-Linie, dass verschiedene Umwandlungen geschehen sein müssen, denn es fehlen im Diagramm ausschließlich Bauern — und die können eben dort nicht geschlagen worden sein.

Solche Aufgaben sind normalerweise extrem schwer zu lösen (und so dürfte es auch hier sein), gerade wenn so viele Züge noch frei sind. Dennoch ist das Zählen der sichtbaren Züge auch hier hilfreich: Bei Weiß sehen wir 3+1+1+6+2+2=15 Züge — das zeigt, dass maximal (und auch minimal (siehe sBh5!) zwei weiße Umwandlungen geschehen konnten. Übrigens ändert sich an der Summe auch nichts, wenn wir von weißer langer Rochade ausgehen: Dann haben wir 2+2 sichtbare Königs- und Turmzüge anstatt 3+1.


Ein weißer Bauer wurde also geschlagen, ohne dass er umgewandelt hat — das aber zu erkennen, welcher das sein könnte und wo er dann geschlagen wurde, ist sicher nicht leicht — vor allen Dingen, wo das Zählen der sichtbaren schwarzen Züge (0+0+1+1+1+3=6) Theoretisch sogar die Umwandlung aller vier fehlenden Bauern zuließe.

Ein wenig „spoilernd“ will ich verraten, dass es „nur“ drei Umwandlungen bei Schwarz sind; vielleicht wollt ihr mit diesem Wissen zumindest versuchen, mögliche schwarze Strategien zu finden und herauszuarbeiten, falls ihr nicht komplett lösen wollt?

Lösung


An dieser Stelle will ich unsere inhaltliche Zusammenfassung direkt zitieren (Heft September 2025, S. 200):

„A total of five promotions is presented, two white ones (on the squares a8 and f8) and three black ones (on the squares c1 and twice b1). The white knight f8 and the first black queen b1 are Ceriani-Frolkin pieces; they are captured. The black bishop c1 and the second black queen b1 are Pronkin pieces, replacing the original pieces f8 and d8 which were previously sacrificed (the bishop having not moved). The nature of the fifth promoted piece, the rook a8, is a bit unclear. It is not a pure Pronkin, because it does not replace an original rook on its position in the initial game array (the [wRa1] is still on the board, on square b1), but the other original rook, [wRh1]. It is not a phoenix either, because the [wRh1] is captured only after the promotion. Is there a name for this piece? Anyhow, our database search revealed only a few proofgames with at least two Pronkin pieces and at least two Ceriani-Frolkin pieces plus a fifth additional thematic promotion: always a third Ceriani-Frolkin piece. This attempt to present a third Pronkin promotion is a first. The technique is excellent, as the Ceriani-Frolkin knight proves in an exemplary manner. The promoting pawn captures the original [bBf8] which is replaced by a Pronkin bishop; the knight then immediately moves onto the square where it is later captured, staying there untouched for an unbelievably long time – more than 20 moves! Michel Caillaud at his best!“

4 thoughts on “Retro der Woche 38/2025

  1. Interessant, das es orthodoxe Beweispartien mit 3x Pronkin und 2x Ceriani-Frolkin noch nicht zu geben scheint. Da sollte doch etwas machbar sein….
    Ich habe zwar obige BP nicht selbst gelöst, halte sie jedoch für lösbar. Die Argumentation des zweiten Abschnitts könnte man vielleicht wie folgt fortführen: Es bleiben 13 freie weiße Züge. 2 Umwandlungen braucht 10 Züge, um nach h5 zu gelangen, braucht man 2 (entweder direkt vom UW-Feld oder eben mit Th1-h5 und a8=T-a1 oder auch mit Th1-h5, b8=T-b1 und dann 3 Zügen des wK), also muss der eine UW-Stein in einem Zug nach g6 gelangen. Das funktioniert nur mit c:d:Be7:f8, wobei auf der d-Linie und f8 Offiziere stehen müssen. Zusammen mit dem Doppelbauern auf der g-Linie sind dann 3 schwarze Umwandlungen nötig. Neben den 6 sichtbaren im Diagramm und 15 Zügen der Bauern zu den Umwandlungsfeldern bleiben 7 Züge übrig. Opfer auf g3 benötigt 2 Züge, ein L-Pronkin nach f8 weitere 2 und dann muss noch ein Stein auf der d-Linie geopfert werden = nochmal mindestens 2 Züge. Damit sind fast alle erklärt. Lf8-Pronkin geschah wohl durch Umwandlung auf c1 (nach weißem c:d). Dann ist es noch etwas Probieren, was mir machbar erscheint. Stelvio analysiert dann auch nur 6 Strategien.

    • Die überschaubare Anzahl Strategien bei Stelvio ist ein gutes Indiz für die Lösbarkeit – allerdings ist es mir auch schon passiert, dass Stelvio Strategien verworfen hat, die ich als Löser nicht als unmöglich erkannt hatte (ich dachte dann, da wäre ein Bug). Nur nach längerem Debugging wurde mir klar, dass Stelvio eine korrekte Beweisführung für die Unmöglichkeit der Strategie erkannt hatte (der einen Seite mussten zwingend die spielbaren Züge nach etwa 10 Zügen ausgehen)

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