Retro der Woche 09/2015

Am heutigen Sonntag gehen herzliche Geburtstag-Glückwünsche nach Meisenheim am Glan, sie gelten Werner Keym. Lieber Werner, auch im Namen aller Leser dieses Blogs wünsche ich dir für dein neues Lebensjahr alles Gute!

Natürlich bietet es sich an, hier eine Aufgabe des Jubilars zu bringen — das mache ich aber heute nicht, denn bereits in der letzten Woche hatte ich hier eine tolle Aufgabe von Werner, die den ersten Preis im Schwalbe-Informalturnier 2008 erhalten hat, vorgestellt.

Statt dessen stelle ich eine Aufgabe vor, die sehr eng mit Werner Keym verbunden ist: Nicht nur wegen der Widmung.

Kostas Prentos & Andrej Frolkin
Die Schwalbe 2006, 1. Preis, Werner Keym gewidmet
Beweispartie in 26 Zügen (10+14)

 

Sofort fällt im Diagramm das Doppelschach gegen den weißen König auf: Das kann nur durch zurück d4:e3ep++ e2-e4, L–f5+ aufgehoben werden — damit haben wir schon mal die noch erforderliche Zügezahl für unsere Lösung verkürzt.

Damit sind auch zumindest vier Schläge durch schwarze Bauern nachgewiesen und nicht nur drei, wie man bei einem flüchtigen Blick aufs Diagramm meinen könnte. Andererseits fehlen neben [Be2] noch vier andere weiße Bauern, die nicht alle von ihren schwarzen Kollegen geschlagen werden konnten — es muss also weiße Umwandlungen gegeben haben.

Aber auch Schwarz muss umgewandelt haben: Das komplette schwarze Offizierskorps steht auf dem Brett, doch auch Schwarz muss umgewandelt haben. „Stimmt nicht!“ könnte man meinen, denn [Ba7] hätte sich ja gemäß der Schlagbilanz nach c3 durchfressen können, um sich dort schlagen zu lassen. Das aber klappt wegen der Zügezahl nicht, denn das würde bedeuten, dass Weiß [Ba2f2g2h2] hätte umwandeln müssen, weil sie dann allesamt nicht von schwarzen Bauern geschlagen worden sein können, andere Schläger aber nicht mehr zur Verfügung stehen.

Dann aber bleiben von den 25 verbleibenden Züge und den vier im Diagramm sichtbaren für Weiß noch 21 Züge übrig, also nur ein einziger, um seine vier Umwandlungsfiguren (oder die Originalsteine) loszuwerden. Das kann nicht klappen.

Weiß hingegen hat nur noch einen Schlag frei und muss damit entweder [Ba7] oder [Bg7] geschlagen haben. Da spricht eine Menge dafür, dass Weiß [Bh2]xg gespielt hat, um umzuwandeln — wie sonst hätte [Bh2] verschwinden sollen?

Andererseits können auch [Ba2] und [Ba7] nicht direkt aneinander vorbei gezogen haben, also muss einer der beiden durch einen Offizier geschlagen worden sein. Und wegen der Schlagbilanz und den Überlegungen zum [Bh2] muss dies [Ba2] gewesen sein, so dass sich [Ba7] umwandeln musste.

Nun wird es Zeit, die schwarzen sichtbaren Züge zu zählen: 2+0+2+7+1+7=19; dabei haben wir schon berücksichtigt, dass [sLc8] wegen des Schachgebots im 25. Zug mindestens vier Züge gebraucht hat, um nach f5 zu gelangen. Ferner kann [Ke8] nur mittels Rochade in zwei Zügen sein Zielfeld h7 erreicht haben. Damit bleiben noch genau schwarze sieben Züge für die Beseitigung des [Ba2], der Umwandlung des [Ba7] und des Verschwinden eines schwarzen Steins auf c3.

Das kann nur funktionieren, wenn [Ba2] vom [Lc8] geschlagen wird, das ist der einzige Stein, für den ein Weg über die a-Linie nur einen zusätzlichen Zug kostet. Ferner muss sich [Ba7] auf b1 in einen Springer umgewandelt haben, um sich dann einzügig auf c3 zu opfern — und damit sind alle schwarzen Züge erschöpft.

Damit wissen wir auch schon, dass der zweite fehlende schwarze Stein [Bg7] war, der zu Hause geschlagen wurde — und dass [Bf2g2h2] allesamt umwandeln mussten. Neben den vier im Diagramm sichtbaren weißen Züge und 26.e2-e4 bleiben also noch 21 weiße Züge übrig — davon sind 15 Bauernzüge. In sechs Zügen müssen also die umgewandelten Steine verschwinden bzw. müssen sie fehlende weiße Original-Offiziere ersetzen. Letzteres kann nicht klappen, und aufgrund der schwarzen Bauernkonstellation ist auch einzügiges aktives Einstellen eines Umwandlungssteins nicht möglich.

Ein direkter Schlag auf dem Umwandlungsfeld kann mangels schwarzer Züge nach g8 oder f8 auch nicht erfolgt sein — also müssen hier drei weiße Ceriani-Frolkin-Umwandlungen erfolgt sein.

Nach diesen Vorüberlegungen sollte es nicht mehr allzu schwer sein, die Lösung zu finden:

1.h4 a5 2.h5 a4 3.h6 a3 4.hxg7 h5 5.g4 Sh6 6.g8=L Lg7 7.g5 Ld4 8.g6 f6 9.Ld5 Lc5 10.Lc6 OO 11.g7 Kh7 12.g8=T bxc6 13.Tg5 La6 14.Te5 fxe5 15.f4 Tf6 16.f5 Td6 17.f6 Lc4 18.f7 Lxa2 19.f8=D Le6 20.Df3 a2 21.Dd5 axb1=S 22.Ta2 Sc3 23.dxc3 cxd5 24.Kd2 d4 25.Kd3 Lf5+ 26.e4 dxe3ep++.

Allumwandlung zusammen mit e.p.-Schlag und Rochade sowie (bei Umwandlung in Beweispartien automatisch vorhandenem) Excelsior-Marsch: Der „Keym-Task“, da Werner Keym dazu ein Thematurnier für Vorwärtsaufgaben in Die Schwalbe angeregt und ausgerichtet hatte, erstmals in einer eindeutigen Beweispartie dargestellt — das erklärt auch die Widmung für unseren heutigen Jubilar.

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