Retro der Woche 10/2023

Die gerade erschienene März-Ausgabe des Problemist enthält einen ausführlichen Artikel zum Schweizer Markus Ott (30.01.1960–01.10.2021): Er war ein hervorragender Komponist, der besonders für seine Hilfsmatts und Märchenaufgaben bekannt ist.

In seinen „jungen Jahren“ hat er allerdings auch einige interessante Retros gebaut; ein klassisches Stück aus dieser Zeit möchte ich euch heute zeigen.

Markus Ott
feenschach 1982, 3. Lob
Erster Zug des weißen Turms? (5+11)

 

Anfang der 1980er Jahre wurden in feenschach möglichst ökonomische klassische Auflöse-Aufgaben untersucht, in denen nicht nach dem letzten, sondern nach dem ersten Zug eines Steins gesucht wurde. Eine Vielzahl interessanter Stücke ist dabei entstanden.

wKb8 konnte offenbar nur via g6, f7, e8 auf die achte Reihe gelangen, daher kann Schwarz die offensichtlichen möglichen Züge h7-h6 oder f7xXe6 noch nicht zurücknehmen. Die Rücknahme eines Königszuges würde in ein illegales Retroschach führen, sodass Schwarz nicht als letzter gezogen haben kann; also müssen wir mit der Rücknahme eines weißen Zuges beginnen.

Und da kommt „unser“ Turm gleich ins Spiel: Er kommt im letzten Zug von e8 und muss, damit Schwarz nun einen Zug zurücknehmen kann, auf c8 entschlagen. Läufer oder Springer würden nicht helfen, da sie das drohende schwarze Retropatt nicht aufheben könnten, also Dame oder Turm, womit der weiße König im Schach steht. Also muss auch Schwarz einen Entschlag auf c8 zurücknehmen: R 1.– D/Td8xTc8+ 2.Bf7xSe8=T Sf6-e8 und weiter zu Beispiel 3.g6xLf7 ~ 4.h5xXg6.

Nun wollen wir innehalten und kurz anschauen, welche Steine im Diagramm bei Schwarz fehlen: Das sind DTTLS, wobei [Th8] im Nordost-Käfig geschlagen wurde und damit für unsere Entschlag-Überlegungen außen vor bleiben kann. Die anderen vier fehlenden schwarzen Steine wurden auf c8, e8, f7 und wegen des wBg2 irgendwo auf der g-Linie entschlagen.

Damit ist dann klar, dass wBc7 mangels Schlagopfer nie geschlagen haben kann, dass wLa7 der Original-Läufer ist. Also müssen sBBc6 und d6 überkreuz geschlagen haben. Wir können nun den sK aus dem Nord-Käfig ziehen, wobei er einen weißen Springer entschlägt, um Weiß für immer alle Retropatt-Sorgen zu nehmen.

Aber was hat das alles mit der entscheidenden Frage zu tun, ob der erste Zug des weißen Turms nun Te8xTc8 oder Te8xDc8 war? Vielleicht wollt ihr das nun selbst untersuchen?

Lösung

Bei R 1.Te8xDc8 können der sK und die neu entstandenen schwarzen Figuren den Käfig verlassen. Der wT wartet auf d7, während der wK flieht, und zieht dann nach b8. Der sL kehrt nach c8 zurück, wonach d7xc6 den wBc7 freigibt, wonach der sS sein Standfeld a8 verlassen kann, sodass wT über die a-Linie frei kommt, Schwarz dann a7xb6 zurücknehmen kann — nun ist der Rest einfach.

R 1.Te8xTc8 scheitert, weil der wK den Käfig nicht verlassen kann, ohne den sT zu entschlagen, während Te8xDc8 Dd8xSc8 unmöglich ist, weil der S nicht wegziehen kann, bevor d7xc6 zurückgenommen wurde, was bedeutet, dass der sL nicht nach c8 zurückkehren kann.

One thought on “Retro der Woche 10/2023

Schreibe einen Kommentar zu Henrik Juel Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.