Retro der Woche 42/2025

Bis ins Jahr 1921 reicht die Schweizer Tradition zurück, in Anthologien ausgewählte Schachprobleme der Eidgenossenschaft zu veröffentlichen („Alpine Chess“ von Moritz Henneberger, Band 27 der „Christmas-Series“ von Alain C. White). In diesem Jahr erschien „KunstschaCHliche Glanzstücke“ für die Jahre 2011 bis 2020.

Der Band enthält vier Beweispartien von Reto Aschnwanden; es passt sehr gut, dass ich davon hier bereits drei vorgestellt habe: Retros der Woche 34/2021, 1/2022 und, gemeinsam mit Michel Caillaud, 17/2022.

Die vierte bringe ich heute, an Retos Geburtstag — verbunden mit herzlichen Glückwünschen!

Reto Aschwanden
Probleemblad 2019
Beweispartie in 18,5 Zügen (13+14)

 
Es fehlen nur Bauern im Diagramm: bei Weiß die von a, d und e, bei Schwarz die von c und f; irgendwelche Bauernschläge sind nicht erkennbar. Bei Weiß sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge schnell fertig, bei Schwarz müssen wir etwas genauer hinschauen. Hier sehen wir 1+2+4+3+3+5=18 Züge — also alle. Und das funktioniert nur mit der schwarzen langen Rochade, sonst würde ein Zug mehr benötigt.

Daraus können wir mehrere Schlüsse ziehen: Zunächst, dass die fehlenden schwarzen Bauern zuhause geschlagen wurden, und dann auch, dass es nicht so leicht ist, speziell die beiden weißen Zentrumsbauern los zu werden.


Deren Schlagen z.B. durch exd6xe5, dann d5 geht nicht, da Schwarz hierfür einen zusätzlichen Zug benötigte. Weiß kann auch nicht „hinter“ die Bauern geschlagen haben (um sich dann z.B. von Ld6 schlagen zu lassen, da hierfür die Schlagobjekte fehlen. Also müssen sie die beiden fehlenden schwarzen Bauern geschlagen haben. Anschließend können sie aber nicht auf c7 oder f7 geschlagen worden sein — also müssen sie umgewandelt haben.

Was ist damit passiert? Das wollt, sollt ihr sicherlich selbst herausbekommen. Und dann werdet ihr merken, dass die Motivation der weiteren Züge höchst subtil ist — wie man das von Reto auch nicht anders kennt! Viel Spaß also damit!

Lösung


„Diese subtile Art von Pronkin ist sehr selten und ein Indikator für die konstruktiven Schwierigkeiten.“ schreibt der Autor. Das ist sicher auch der Grund, warum man diese Darstellungen sehr selten sieht und es (deshalb?) dafür keinen eigenen Namen gibt — also analog zum Prentos als Spezialfall des Ceriani-Frolkin.

4 thoughts on “Retro der Woche 42/2025

  1. Another brilliant PG by Reto. It’s always a joy to see problems like this. As for the attempts to give a name, I would point to the theme of Champagne 2000: https://www.phenix-echecs.fr/telechargement/resultats_de_concours/Champagne_2020_award.pdf

    The requirement of the tourney was: An original (i.e. not promoted) piece is captured “in the air” for whatever reason. A prominent example of this theme was Reto’s 1st Prize from StrateGems 2004 (quoted by Silvio). Like “helpmate analyzer” that recognizes the themes of specific tourneys by the name of the tourney (e.g. Sabra 2025), why not call this “in the air” sacrifice, Champagne 2020? Here, it is combined with 2 Pronkin Bishops.

  2. Danke Thomas für die Glückwünsche und für’s Nachdrucken dieser Aufgabe! In dieser thematischen Ecke müsste es noch mehr zu entdecken geben, wenn auch bestimmt schwierig zu finden. Jede Doppelsetzung ist sicher sehenswert (sofern thematisch schlagfrei, was ich sowieso immer voraussetze). Die Kombination “2xPrentos+1xPronkin à la Prentos” gibt es immerhin schon 1x mit Läufern: RA Probleemblad 2024, 4kb1r/7n/5p2/p2pp2n/6bp/6pq/1P2PPPr/RNBQKBNR, 41. Geht das auch mit Türmen? Ich war bislang erfolglos…

  3. Ich kann Thomas nur zustimmen: brilliante Technik. Prentos ist schon schwierig, diese Pronkins nach Prentos-Art definitiv nochmal anspruchsvoller. Ich kenne auch nur eine einzige weitere Doppelsetzung in orthodoxen BPs – https://pdb.dieschwalbe.de/P1013034, die (natürlich) auch von Reto stammt.
    Mit 2+3.5+3 Punkten im FIDE-Album. Ich hätte heute genauso wie damals bewertet. Die Motivation der Pronkins ist sehr tiefgehend. Nach den Umwandlungen müssen die Steine irgendwohin. Die schwarzen Züge sind so geschickt gewählt, dass ein Schlag der Umwandlungssteine nicht mehr möglich ist, weil die potenziellen schwarzen Steine im Wesentlichen schon auf den entsprechenden Feldern stehen. Dazu verhindert der schwarze König andere Umwandlungen. Also müssen sie auf dem Brett bleiben und daher im Vorfeld Originalsteine verschwinden. Grandios.

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