Bis ins Jahr 1921 reicht die Schweizer Tradition zurück, in Anthologien ausgewählte Schachprobleme der Eidgenossenschaft zu veröffentlichen („Alpine Chess“ von Moritz Henneberger, Band 27 der „Christmas-Series“ von Alain C. White). In diesem Jahr erschien „KunstschaCHliche Glanzstücke“ für die Jahre 2011 bis 2020.
Der Band enthält vier Beweispartien von Reto Aschnwanden; es passt sehr gut, dass ich davon hier bereits drei vorgestellt habe: Retros der Woche 34/2021, 1/2022 und, gemeinsam mit Michel Caillaud, 17/2022.
Die vierte bringe ich heute, an Retos Geburtstag — verbunden mit herzlichen Glückwünschen!
Probleemblad 2019
Beweispartie in 18,5 Zügen (13+14)
Es fehlen nur Bauern im Diagramm: bei Weiß die von a, d und e, bei Schwarz die von c und f; irgendwelche Bauernschläge sind nicht erkennbar. Bei Weiß sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge schnell fertig, bei Schwarz müssen wir etwas genauer hinschauen. Hier sehen wir 1+2+4+3+3+5=18 Züge — also alle. Und das funktioniert nur mit der schwarzen langen Rochade, sonst würde ein Zug mehr benötigt.
Daraus können wir mehrere Schlüsse ziehen: Zunächst, dass die fehlenden schwarzen Bauern zuhause geschlagen wurden, und dann auch, dass es nicht so leicht ist, speziell die beiden weißen Zentrumsbauern los zu werden.
Deren Schlagen z.B. durch exd6xe5, dann d5 geht nicht, da Schwarz hierfür einen zusätzlichen Zug benötigte. Weiß kann auch nicht „hinter“ die Bauern geschlagen haben (um sich dann z.B. von Ld6 schlagen zu lassen, da hierfür die Schlagobjekte fehlen. Also müssen sie die beiden fehlenden schwarzen Bauern geschlagen haben. Anschließend können sie aber nicht auf c7 oder f7 geschlagen worden sein — also müssen sie umgewandelt haben.
Was ist damit passiert? Das wollt, sollt ihr sicherlich selbst herausbekommen. Und dann werdet ihr merken, dass die Motivation der weiteren Züge höchst subtil ist — wie man das von Reto auch nicht anders kennt! Viel Spaß also damit!
„Diese subtile Art von Pronkin ist sehr selten und ein Indikator für die konstruktiven Schwierigkeiten.“ schreibt der Autor. Das ist sicher auch der Grund, warum man diese Darstellungen sehr selten sieht und es (deshalb?) dafür keinen eigenen Namen gibt — also analog zum Prentos als Spezialfall des Ceriani-Frolkin.