Retro der Woche 40/2021

Darauf kann man sich verlassen: Dass pünktlich zum Quartalswechsel die neue Ausgabe von StrateGems im Briefkasten liegt, so auch in der letzten Woche.

In diesem Heft findet man eine Fortsetzung der Serie Notable Composers mit einem Beitrag über Mario Parrinello, Kardiologe und Allgemeinmediziner, Kompositionsgroßmeister seit 2012. Besonders bekannt ist Mario als Hilfsmatt- und Märchenschachkomponist; in diesem Artikel werden zwölf solche Aufgaben vorgestellt und wie immer ausführlich kommentiert — sehr lesenswert!

Hier interessieren wir uns natürlich noch mehr für seine gar nicht so seltenen Ausflüge in den Bereich der Beweispartien: die PDB umfasst 33 solcher Aufgaben, WinChloe gar 58. Meist sind es nicht allzu lange, sehr pointierte Aufgaben; so auch unser heutiges Beispiel.

Mario Parrinello
StrateGems 2002, 1. Lob
Beweispartie in 14 Zügen (15+13)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Inventur: Bei Weiß fehlt nur ein Springer, bei Schwarz ebenfalls ein Springer sowie der schwarzfeldrige Läufer und ein Bauer. Die fehlenden schwarzen Steine sind durch Bauernschläge vollständig erklärt, die Frage ist nur, wie der weiße Springer starb.

Auf den ersten Blick könnte er auf e6 geschlagen worden sein, ferner schlug Weiß mit f6xBe7 den Bauern; die beiden schwarzen Offiziere opferten sich dann auf a3 bzw. c3. Funktioniert das aber auch noch auf den zweiten Blick?

Nein, sicherlich nicht, denn dann hätte [Lf8] sein Startfeld nie verlassen können! Also kommt sBe6 von e7, und [Bf7] muss sich umgewandelt haben, um sich dann schlagen zu lassen oder einen geschlagenen Offizier zu ersetzen. Wegen des eingemauerten [Lf1] muss er zur Umwandlung auch geschlagen haben — und zwar den fehlenden weißen Springer auf e1 oder auf g1.

Und wenn wir nun versuchen, die sichtbaren Züge zu zählen, so bleiben einige frei: Bei Weiß sehen wir 1+2+0+2+0+6=11 Züge — drei sind noch offen. Bei Schwarz sehen wir nur zwei Bauernzüge; wir wissen aber von den Opfer-Notwendigkiten, wissen also vom Excelsior des [Bf7]. Aber mit sieben Zügen sind immer noch genau so viele frei. Versuchen wir nun, „zugsparsam“ die fehlenden schwarzen Steine loszuwerden, so sehen wir einen Zug (Lf8-a3) das Läufers, zwei des Springers, nämlich Sb8-c6-e7, sowie zwei des schwarzen Umwandlungssteins (Dg1-e3/d4-c3) — bleiben noch zwei schwarze Züge übrig.

Wenn wir das betrachten, dann fällt wSg1 ganz besonders auf: Haben wir den nicht gerade virtuell geschlagen? Dann wäre das eigentlich der originale [Sb1] — und das würde auch die noch offenen drei weißen Züge erklären.

Was aber ist mit den beiden noch offenen schwarzen Zügen? Dass die nicht irgendein beliebiges Pendel bilden können, ist ja klar, denn das wäre einfach nebenlösig. Aber so sind die ganz trickreich eingesetzt — das wollt ihr sicher selbst herausbekommen?!

Lösung


Sehr hübsch, wie ich finde, mit überraschendem Schlussspiel bei Schwarz, insgesamt also gleich zwei “Impostor-Springer” (stehen auf dem “falschen” Partieanfangsfeld) — das ist sicher auch als Werbung im Schachklub für schon etwas Fortgeschrittene geeignet?!

One thought on “Retro der Woche 40/2021

  1. At first sight it is surprising that you must ‘waste’ 3.0 moves to get [Sb1] to g1 and [Sb8] to g8.
    Of course, Euclide 1.01 is not fooled and solves instantly.

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