Retro der Woche 42/2020

Klassische Retros sind in den letzten Jahren in den Urdruckteilen der Problemzeitschriften leider ziemlich rar geworden, wie ich auch in der Schwalbe immer wieder feststellen muss. Um so erfreulicher finde ich, dass sich Gerald Ettl in der letzten Zeit intensiv mit klassischen Auflöse-Aufgaben beschäftigt und mit seinen Urdrucken besonders feenschach beglückt. Allerdings, ich gebe es zu, würde ich mich auch welche für Die Schwalbe freuen…

Einen dieser feenschach-Urdrucke aus dem letzten Jahr möchte ich heute vorstellen:

Gerald Ettl
feenschach 2019
Letzte 32 Einzelzüge? (14+14)

 

 

 

 

Sofort fallen im Diagramm zwei Umwandlungssteine auf: Weiß verfügt über drei Springer, und sLa1 muss natürlich umgewandelt haben und entstand schlagfrei aus [Ba7], da die beiden fehlenden weißen Steine mittels cxb und exf verschwanden.

Damit ist der erste Rückzug schon klar: Der weiße König steht im Schach, also muss Schwarz mit der Rücknahme und Aufhebung des Schachgebots beginnen. Dabei kann er nicht entschlagen, da ja die beiden Schlagfälle von Schwarz durch seine Bauern durchgeführt wurden.

Aber viel wichtiger ist ja die Frage, wie der Ost-Käfig aufgelöst werden kann? Der kann nur durch Kg4-h4 aufgelöst werden – das aber bedarf umfangreicher Vorbereitung.

Natürlich muss g2-g4 vorher zurückgenommen werden, und Weiß muss in der Lage sein, f2-f3 zurückzunehmen. Dafür muss Schwarz e3xf2 zurücknehmen (und was dabei entschlagen?), dafür muss Weiß e2-e4 zurücknehmen. Vorher allerdings muss [Lf1] nach Hause – der muss dazu auf b5 entschlagen werden, da sLh7 hoffnungslos im Käfig gefangen ist.

Der ist also eine Umwandlungsfigur, muss aus dem [Ba2] auf a8 oder c8 entstanden sein; dabei hat er die beiden fehlenden schwarzen Springer geschlagen. Deswegen ist auch z.B. e2xSf3 nicht möglich.

Damit ist auch klar, dass einer der weißen Springer auf c8 aus [Bc2] schlagfrei entstanden ist. Und das sind all die Informationen, die wir dem Diagramm bereits entnehmen können; jetzt könnt ihr, wenn ihr mögt, die Auflösung selbst versuchen…

Lösung

R 1.– Le8-f7+ 2.Sc4-a3 b5-b4 3.Ta8-a2 a2-a1=L 4.d5-d6 a3-a2 5.Sd6-c4 a4-a3 6.Sc8-d6 a5-a4 7.c7-c8=S a6-a5 8.c6-c7 a7-a6 9.c5-c6 c6×Lb5 10.Lf1-b5 c7-c6 11.e2-e4 e3×Tf2 12.Dg1-g2 e4- e3 13.Tg2-f2 e5-e4 14.De3-g1 e6-e5 15.Tg1-g2 e7- e6 16.g2-g4 Kg4-h4 17.f2-f3+ etc.

Und nun ist das weitere Rückspiel nicht mehr schwer, verlangt aber immer noch Sorgfalt: wLh7 muss sich auf a8 oder c8 entwandeln (a6xSb7xSa/c8=L), wTa8 muss ebenso wie wKg8 noch über den Königsflügel entkommen.

Besonders gefallen mir an dieser Aufgabe kleine Feinheiten, die man nicht unbedingt erwartet, wie z.B. die Bahnung des wTa2 für den Excelsior des [Ba7], und die Dualvermeidung 14.De3-g1 (Dd4-g1??): Sie geben solchen Stücken zusätzliche Würze!

4 thoughts on “Retro der Woche 42/2020

  1. Da hatte ich auch schon mal dran gedacht, aber keine intelligentere Lösung als “rückwärts spielen” gefunden. Und das klappt natürlich auch nur für orthodoxe Auflöseaufgaben (bzw. “Letzte n Züge?”), bei Verteidigungsrückzügern funktioniert dies nicht, ebenso wenig natürlich bei Märchenbedingungen.

    Wir bräuchten halt doch eine R-FEN (Retro-Forsyth-Edwards-Notation)…

  2. Thank you very much for all these posts! Perhaps, with this classical retros, an animated solution could be of help too, even if it had to be replayed backwards from the end.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.