Retro der Woche 39/2018

Traditionell hatte Michel Caillaud beim WCCC wieder sein „Champagner-Turnier“ ausgerichtet – in diesem Jahr war der Valladão-Task gefordert: In einer Aufgabe kommen alle drei „Sonderzüge“ (Rochade, Umwandlung und en passant Schlag) vor. Das Turnier hatte zwei Gruppen: Beweispartien und andere Retros.

In der letzten Woche hatte ich hier eine Aufgabe der „anderen Retros“ vorgestellt, heute kommt nun wie angekündigt eine Beweispartie.

Vidmantas Satkus
Champagner-Turnier 2018, Abteilung A, 1. Preis
Beweispartie in 23,5 Zügen (13+12)

 

Das Thema ist natürlich auch in Beweispartien nicht völlig neu (auf Vergleichsaufgaben kommen wir gleich noch zurück), und es war sicher schon im Vorfeld klar, dass eine einfache Darstellung des Themas hier keine Blumentöpfe in Form von Champagnerflaschen werde gewinnen können.

In der Diagrammstellung fällt natürlich sofort das Schachgebot gegen den schwarzen König auf, ansonsten ist sie nicht so leicht zu analysieren.

Zählt man die sichtbaren weißen Züge, so kommt man auf 2+1+3+2+5+8=21 – es sind also noch drei Züge frei. Dabei sind wir von einer weißen Rochade ausgegangen (nicht wegen des Themas, sondern weil dies die erforderlichen Züge des wK minimiert). Ferner braucht wSg8 immer fünf Züge – egal, ob er der Originalspringer von g1 ist oder er durch Umwandlung entstanden ist.

Ebenso sieht man schnell, dass wTb8 wohl in zwei Zügen von a1 dorthin gelangt sein kann, dass dafür aber [Sb1] den Platz frei gemacht haben muss. Alternativ wäre auch ein Weg etwa Ta1-a3-b3-b8 in drei Zügen möglich – oder auch, dann aber die weiße Zügezahl ausschöpfend, eine Bauernumwandlung auf b8.

Im letzten Falle müssten also alle fehlenden weißen Steine zuhause geschlagen worden sein.

Noch spannender ist die Frage nach dem Schachgebot gegen den schwarzen König: War es ein direktes Schachgebot des Le2, dann brauchte dieser nicht einen, sondern drei Züge – und dann stellt sich gleichzeitig die Frage, wie dann [Bb7] verschwunden sein soll, damit wTb8 in drei Zügen auf sein Zielfeld kommt?

Da fällt einem dann natürlich (gerade beim vorgegebenen Thema) ein e.p.-Schlag zum Schluss ein (23.c5+ b5 24.cxb6 e.p.+) – aber dann kann wTb8 nur dann in fünf Zügen dort hingelangt sein, wenn das ein Umwandlungsturm ist!

Dann fragt sich aber auch sofort, wenn denn der schwarze König nach a6 kommen konnte und damit auch die noch offene Frage nach dem wSg8. Damit sind die Fragen verbunden, wie denn die drei Bauern auf dem Königsflügel, wie die fehlenden weißen Steine (auf ihren Ausgangsfeldern) verschwunden sind.

Das ist nun alles immer noch recht knifflig und überraschend, obgleich wir den weißen Valladão mit OO, mit dem UW-Turm auf b8 und mit dem e.p.-Schlag bereits komplettiert haben.
1.b4 g5 2.b5 Lg7 3.b6 Lxa1 4.bxa7 Ld4 5.axb8=T Ta5 6.a4 La7 7.d4 g4 8.Lf4 g3 9.e3 gxh2 10.g4 hxg1=S 11.g5 Se2 12.g6 Sc1 13.Le2 Sh6 14.OO OO 15.Kh2 Kg7 16.Tg1 Kf6 17.g7 Ke6 18.g8=S Kd5 19.c4+ Kc6 20.d5+ Kb6 21.Dd4+ c5 22.dxc6e.p.+ Ka6 23.c5+ b5 24.cxb6e.p.+.

Wir sehen also zusätzlich noch die schwarze Rochade, noch zwei Umwandlungen (wobei mir besonders gut hxg1=S, Se2 und Sc1 gefällt) und noch einen weiteren e.p.-Schlag – in Summe also eine doppelte Darstellung des Valladão-Tasks!

Die ist nicht ganz neu, aber die beiden Stücke, die ich damit kenne (PDB P0000321 und als Version dazu P1106924) kommen beide nicht ohne sichtbare Umwandlungssteine aus wie hier, wo wir also gleichzeitig die dreifache Darstellung des Phoenix-Themas haben. Andererseits sind bei den beiden Vergleichsstücken die Valladãos jeweils beide „farbrein“, also ein weißer und ein schwarzer, während in unserer heutigen Aufgabe der zweite e.p-.Schlag ebenfalls weiß ist.

Wer baut also eine Beweispartie mit zwei farbreinen Valladãos ohne sichtbare Umwandlungssteine?

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