Retro der Woche 05/2018

Nachdem ich in der letzten Woche hier die einzige orthodoxe Beweispartie aus den beiden feenschach Retropreisberichten der Jahre 2014 und 2015 besprochen hatte, möchte ich heute eine der dort ausgezeichneten drei klassischen Retros vorstellen.

Andrej Frolkin
feenschach 2015, 3. Preis
Löse auf (11+15)

 

Weiß hat offensichtlich nur einmal geschlagen, und zwar wegen des Doppelbauern entweder cxd7 oder exd7.

Bei Weiß fehlen fünf Steine: Auf der linken Bretthälfte hat Schwarz offensichtlich b5xa4 sowie exd geschlagen. Auf der rechten Bretthälfte musste Schwarz [Bf2] und [Bg2] schlagfrei durchlassen, sodass [Bf7] und [Bg7] überkreuz geschlagen haben.

Nun haben wir nur das Schicksal der beiden h-Bauern noch offen:

Entweder hat Schwarz [Bh2] auf der h-Linie geschlagen und dann [Bh7] auf h1 umgewandelt, oder Schwarz spielte Bh7xg-g1=X und Weiß wandelte schlagfrei auf h8 um.

Damit sind alle Schlagfälle erklärt.

Da der schwarze König im Schach steht, ist auch der erste Rücknahmezug schon klar: R 1.Dg8-e8+, denn die Dame kann, wie wir bereits gesehen haben, nicht entschlagen.

Der nahe liegende Versuch, den Nordwesten durch Aufbau von Schachschutz durch den schwarzen Springer (1.– Sb8-a6 2.d2-d3 Tc8-c7) scheitert an weißem Retropatt.

Das heißt also: Die schwarzen Springer müssen sich zurückziehen, um dem weißen König gegen das Retropatt Pendelzüge mit dem König zu erlauben.

Und nun ahnt ihr vielleicht schon, was dann weiter passiert? Einer der Springer muss sich entwandeln und als Bauer zurückziehen, um dann den [Bh2] zu entschlagen, der dann zusammen mit Bd3 ein paar Wartezüge hat, wenn der Käfig im Nordwesten geöffnet wird. Damit ist uch klar, dass wir die erste der beiden Alternativen für den Verbleib der beiden h-Bauern nehmen müssen, das wir [Bh2] bereits benötigen, wenn der Norden noch für eine Entwandlung des [Bh2] verschlossen ist.

Spannend ist nun vor allen Dingen die Frage, bis wohin [Bh7] nach der Entwandlung zurückzieht, bzw. wo [Bh2] entschlagen wird, denn weder Bauern noch Springer können je bekanntlich ein Tempo verlieren.

Versuchen wir also nun, unseren Plan umzusetzen:

R 1. Dg8-e8+ Sa2/c2-b4! 2.Kb8-a8 Sb4-a6+ 3.Ka8-b8 … 6.Kb8-a8 Sh1-g3 7.Ka8-b8 h2-h1=S … 10.Kb8-a8 h5-h4 und nicht weiter zurück! 11.Ka8-b8 Sc2-b4 … 14.Kb8-a8 Sh4-g2/f3 15.Sg2/f3xBh4 … 19.Ka8-b8 Sa6-b4 20. d2-d3 Sb8-a6 21.h3-h4 Tc8-c7 22.h2-h3 Lc7-b6 23.b6-b7 h6-h5 24.b5-b6 etc.

Und warum kann Schwarz seinen Bauern nicht bis h6 zurückziehen, um den weißen Bauern dann auf h5 zu entschlagen? Das bringt doch Weiß ein zusätzliches Tempo! Richtig, allerdings braucht Schwarz dann für diesen Entschlag zwei Züge mehr als den auf h4 — und das reicht dann nicht mehr, und entweder wird Weiß oder Schwarz retropatt — probiert es aus!

Eine bemerkenswerte Auflösung, die man gar logisch-neudeutsch interpretieren kann: Der Hauptplan scheitert an Retropatt, das muss durch einen Vorplan erst verhindert werden, erst dann kann der Hauptplan umgesetzt werden.

Aber auch abgesehen von dieser theoretischen Überlegung eine schöne, nicht allzu schwer zu lösende Aufgabe, wie ich finde.

One thought on “Retro der Woche 05/2018

  1. I really enjoyed solving this fine retro. At first sight it is surprising that Black retracts his h-pawn to h5 only and uncaptures a white pawn on h4.
    The further retroplay is also quite interesting; White must retract cxd and unpromote on e8, and Black must retract e7xLd6.
    (tiny typo in retraction 15: Ka8-b8 is missing)

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