Retro der Woche 37/2012

Während der olympischen Spiele in London, nun auch während der Paralympics werden wir im Internet höchst aktuell durch Eilmeldungen über Medaillen deutscher Athleten informiert. Aber gerade zu dieser Zeit gab es Olympiamedaillen zu vermelden, über die in den Medien überhaupt nicht, geschweige denn so herausragend berichtet wurde: Zwei goldene und eine silberne Medaille gingen beim Olympia-Kompositionsturnier an deutsche Autoren! In der Selbstmatt-Abteilung belegte Torsten Linß den zweiten Platz, bei den Mehrzügern gewann Marcel Tribowski die Goldmedaille ebenso wie Silvio Baier bei den Retros.

Das zuletzt genannte Siegerstück möchte ich hier vorstellen:

Silvio Baier
FIDE Olympiaturnier, 1. Platz (Goldmedaille)
Beweispartie in 21,0 Zügen (13+13)

Bei Schwarz und Weiß fehlen jeweils drei Bauern, und die schwarze Bauernsäule auf der b-Linie zeigt, dass nicht alle direkt geschlagen worden sein können: Zumindest zwei weiße müssen umgewandelt haben, damit auf der b-Linie weiße Offiziere geschlagen werden konnten.

Und damit sind auch schon alle weißen Züge prinzipiell bestimmt: Im Diagramm sehen wir neun erforderliche weiße Züge, dazu noch zehn Bauernzüge für die Umwandlungen, so dass nur noch jeweils ein Zug bleibt, einen Stein zum Schlag auf die b-Linie zu bekommen (9+10+2=21).

Dies legt die Vermutung nahe, dass die Umwandlungen auf f8 erfolgten: Nur von dort kann ein Umwandlungsstein in einem Zug die b-Linie (konkret: b4) erreichen.

Daraus können wir weitere Schlüsse ziehen:

  • Der dritte fehlende weiße Bauer wurde auf seinem Ursprungsfeld geschlagen, da für ihn kein Zug mehr frei ist.
  • Die Umwandlungen auf f8 müssen mit Schlag geschehen sein (auf f7 steht noch der Bauer).
  • Da auch Schwarz im Diagramm über einen vollständigen Satz seiner Offiziere verfügt, müssen wegen der Schläge auf f8 auch zwei schwarze Umwandlungen erfolgt sein.

Damit sind dann auch die schwarzen Züge prinzipiell bestimmt: sieben sind im Diagramm zu sehen, dazu dann zehn der umwandelnden Bauern und jeweils zwei nach f8, also 7+10+4=21.

Dies legt den Schluss nahe, dass die weißen e- und f-Bauern umwandeln (f6xe7xf8=X, e7xf8=Y) und dass die schwarzen Kollegen den Weg über g1 nehmen (hxg2-g1=x und g7-g1=y).
X und Y können wegen der Stellung des sK nur Läufer sein, und ebenfalls für x und y kommen nur Läufer in Frage, da auch hier Damen störend Schach bieten würden.

Damit haben wir das Thema des Problems schon abgeleitet, ohne einen konkreten Zug ausgeführt zu haben: Zwei weiße Ceriani-Frolkin-Umwandlungen in Läufer, auf dem gleichen Feld, zwei schwarze Pronkin-Umwandlungen ebenfalls in Läufer, ebenfalls auf dem gleichen Feld.

Die konkrete Zugfolge zu finden sollte nun nicht mehr schwer zu finden sein:

1.f4 h5 2.f5 h4 3.f6 h3 4.fxe7 hxg2 5.exf8=L Th3 6.Lb4 Ta3 7.h4 a5 8.h5 axb4 9.Th4 b3 10.Ta4 g5 11.e4 g4 12.Lc4 g3 13.Se2 g1=L 14.e5 Lc5 15.e6 Lf8 16.e7 g2 17.exf8=L g1=L 18.Lb4 Lc5 19.Ta7 Lf8 20.Kf2 c5 21.Ke3 cxb4.

Übrigens findet ihr  alle Preisberichte des Olympia-Turniers 2012 im Internet (die Berichte sind in Englisch oder Russisch verfasst).

Zum Seitenanfang

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.