Retro der Woche 21/2025

Vor ein paar Tagen habe ich mal wieder in den Retro-Preisbericht der Schwalbe für das Jahr 2002 geschaut, den ich vor genau 20 Jahren veröffentlicht hatte. Zwei der drei Preise (2. Preis von Rustam Ubaidullajew und 3. Preis von Alexander Zolotarew) hatte ich hier bereits in den Retros der Woche 38/2013 und 45/2013 vorgestellt; der klar erste Preis von René J. Millour erscheint mir immer noch ein wenig zu komplex für diese Rubrik.

Aber auch die drei ehrenden Erwähnungen erscheinen mir 20 Jahre später noch einen genaueren Blick wert; die werde ich also heute und an den nächsten zwei Sonntagen hier vorstellen. Schön auch, dass sie unterschiedliche Retro-Bereiche umfassen.

Andrij Frolkin & Andrej Kornilow
Die Schwalbe 2002, 3. ehrende Erwähnung (Verbesserung)
Löse die Stellung auf! (13+13)

 

Der Ukrainer Frolkin und der Russe Kornilow haben sehr viel zusammen gearbeitet, hervorragende Gemeinschaftsaufgaben, überwiegend klassische Retros, veröffentlicht. Das hier vorliegende Stück ist die Verbesserung der ursprünglich ausgezeichneten Fassung, die anschließend Thierry Le Gleuher gekocht hatte.

Der erste Blick auf die Stellung verrät schon, dass Weiß mit der Rücknahme beginnen muss, da Schwarz im Schach steht, und das kann nur durch den Abzug des wSpringers nach h8 entstanden sein.

Ebenso sieht man sehr schnell, dass die drei fehlenden weißen Steine (die Läufer und ein Springer) von schwarzen Bauern geschlagen wurden (bxc, hxg und gxf).

Und genaues Hinschauen zeigt, dass nach der Rücknahme des Schachgebots beide Seiten über nur wenige Rücknahmemöglichkeiten verfügen, dass “Retropatt” als Damoklesschwert über beider Häupter schwebt.

Wie können denn nun ohne Retropatt-Gefahr Züge zurückgenommen werden? Dazu muss sicherlich entschlagen werden. Dafür kommt im Nordost-Käfig der Entschlag eines schwarzen Turmes in Frage – die Dame wäre zu stark, um sich dort bewegen zu können. Und auch Schwarz kann einen fehlenden weißen Stein sofort mittels b5xXc4 entschlagen – was wäre da eurer Meinung “erste Wahl” für einen Lösungsversuch: Läufer oder Springer?

Und dann fragen wir uns schon einmal, wie denn der Nordost-Käfig überhaupt aufgelöst werden kann? wKf8 kommt ja am eingeklemmten sTe7 nicht vorbei und kann auch nach Süden nicht ausweichen. Also müssen wir einen Schachschutz auf f8 für den König dann auf g8 bauen, sodass Schwarz dann Te8-e7 und anschließend e7-e6 zurücknehmen kann, damit zunächst wTf6 gen Westen ausweichen und damit Bewegungsspielraum im Nordosten entsteht.

Und die Frage, wann ein schwarzer Turm entschlagen werden sollte – sofort oder erst etwas später – hängt wie zu erwarten mit Zugnot zusammen, so viel sei verraten: Bei der falschen Entscheidung fehlt Schwarz im späteren Auflöse-Verlauf ein Tempo.

Sicher seid ihr nun begierig, die Auflösung selbst zu versuchen – und dabei könnt ihr ja schon die Stelle ausfindig machen, wo das Tempo bei falschem Beginn fehlen würde …

Lösung

1.Sg6-h8+! b5xSc4 2.S∼xTg6 Tg7-g6 3.Sg6-∼+ Th7-g7 4.a5-a6 T∼-h7 5. … 8.Sa6-c4 T∼ 9.Sc5xBa6 Th7-∼ 10. … 13.Sg7-c5 Th7-h8 (Hier muss nun der Turm h8 freigemacht haben!) 14.Dh8-g8 a7-a6 15.Kg8-f8 b6-b5 16.Sf8xDg6 (Da ist der Schachschutz) Te8-e7 17.h2-h3 e7-e6 usw. [1.Sg6:Th8+?].

Ein spannendes Rangierspiel mit präziser Taktung im bekannten und von beiden gern bearbeiteten wKf8-wDg8-sKh6-Schema, das man natürlich fast beliebig umfärben, drehen und spiegeln kann. Hierzu kann ich immer noch den Artikel The Pursuit of a Retrocage (feenschach, Heft 175, Januar-März 2009, S. 1 bis 20 mit 72 Beispielen) der beiden empfehlen!

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