Retro der Woche 01/2026

Eine der erst einmal harmlos klingenden Märchenbedingungen ist „Punktspiegelung“. Im Jahr 2020 hatte ich die Freude und Ehre, das mpk-Märchenturnier mit dieser Bedingung richten zu dürfen. Bekannt wurde sie 2019 durch das WCCC Sake Turnier und ist prinzipiell recht einfach erklärt, siehe Schwalbe-Lexikon: „Stehen zwei Steine (beliebiger Farbe, Könige eingeschlossen) auf Feldern, die punktsymmetrisch bezüglich der Brettmittelpunkts zueinander sind (z.B. a1-h8, b3-g6), tauschen sie ihre Zug-, Schlag- und Wirkkräfte (behalten aber die Farbe, die Bauernzugrichtung und evtl. königliche Eigenschaften bei).“

Darüber hinaus sind nur ein paar Details zu klären, die der hohen Dynamik dieser Bedingung geschuldet sind: „Ein Bauer auf der ersten Reihe kann nicht selbstständig ziehen, sein korrespondierender Stein auf der achten Reihe daher auch nicht. Die Rochade ist nur mit nicht-gespiegelten Figuren (König, Turm) möglich. Nur nicht-gespiegelte Bauern können en passant schlagen.“

Jochen Schröder
Die Schwalbe 2025
Beweispartie in 10 Zügen, Punktspiegelung (15+15)

 
Diese Aufgabe erschien, durch einen Kommentar von Silvio Baier angeregt, im Lösungsteil des Oktoberheftes gleich mit Lösung.

Wenn man sich ein wenig in die Bedingung hineingedacht hat, merkt man rasch, dass sLa5 kein Umwandlungsläufer sein muss — ebenso wenig der wTh7, der orthodox seinen Südost-Käfig nicht hätte verlassen können. Da muss also heftig „punktgespiegelt“ werden, was auch das Zählen erforderlicher Züge nicht gerade erleichtert.

Überlegen wir uns doch zunächst einmal, wie die genannten Steine ihre Diagrammfelder haben erreichen können:


Relativ einfach kann man von der konkreten Diagrammstellung noch auf den Weg des schwarzen Läufers kommen: mit wBh3 via Lc8-a6-a5. Und der weiße Turm muss vor seine Bauern kommen — das kann er am schnellsten via g1 und sSa6: dann Tg1-h3.

Vielleicht fragt ihr euch nun, wie sTc4 und sSg6 ihre Zielfelder erreicht haben? Zumindest für den Springer haben wir es ja bereits quasi geklärt.

Und sicherlich wollt ihr dann auch noch die restlichen paar Züge herausbekommen?

Lösung

1.Sh3 a6 2.Tg1 ab4 (Ba6-Sh3) 3.Sg5 Txa2 4.Th3 Sa6 5.g3 Sg6 (Sa6-Th3) 6.Txh7 Ta4 7.Lh3 Tc4 (Ta6-Lh3) 8.Lg4 b5 9.h3 La6 10. Kf1 La5 (La6-Bh3)

Vierfacher Zyklus über die Themenfelder a6 und h3 (sB-wS; sS-wT; sT-wL, sL-wB) — dieser Zyklus war die Anregung von Silvio gewesen.

Neben diesen thematischen Zügen gibt es noch eine Menge Punktspiegelung-bedingter Feinheiten zu be(tr)achten: Dass 1.Sf3?? nicht funktioniert, ist sicher schnell zu sehen, aber warum kann man z.B. nicht die 9. und 10. weißen Züge tauschen?

In dieser Bedingung steckt noch viel Potenzial, habe ich den Eindruck!

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