Retro der Woche 04/2017

Traditionell veranstalten die französischen Problemfreunde im Rahmen ihres Pfingst-Treffens auch ein Retro-Lösungsturnier; die Urdrucke nehmen am phénix Informalturnier teil. Im Jahr 2005 belegten zwei dieser Urdrucke die ersten beiden Plätze des Informalturniers! Heute stelle ich das Preisproblem vor, in einer der kommenden Wochen auch die erste ehrende Erwähnung.

Michel Caillaud
Messigny 2005 Preis phénix 2005
Hilfsmatt in 2 Zügen (11+12)

 

Die möglichen Lösungen des Hilfsmatts (Schwarz zieht an und hilft dem Weißen beim Matt des schwarzen Königs in der geforderten Zügezahl) sind schnell gefunden; in beiden rochiert Schwarz. Also 1.OOO Sc5 2.Lb8 Sxe7# und 1.OO Sg5 2.Sh8 Se7#.

In einem Retro-Lösungsturnier ist das natürlich nicht alles; da ist schon klar, dass es um die (Il-) Legalität der Rochaden geht. Dass nicht beide Rochaden zulässig sein können, sieht man nach den ersten Schritten der Stellungsanalyse.

Schauen wir zunächst nach der Schlagbilanz: Wir sehen drei weiße Bauernschläge (axb3, exf3, fxg3); außerdem wurde der sLf8 zuhause geschlagen. Damit sind alle fehlenden schwarzen Steine erklärt.

Damit wissen wir auch, dass sLa7 ein Umwandlungsläufer ist. Damit er nach draußen kommen kann, kann sBd5 nicht von b7 kommen: Dann käme sBb6 von a7, und das würde sLa7 auf immer und ewig einklemmen. Also ist sBd5 der [Bf7] (zwei Schlagfälle). Die anderen drei Schläge muss [Bh7] ausgeführt haben, um in den sLa7 umzuwandeln.

Letzteres kann [Ba7] nicht getan haben: er müsste dazu vier Schläge ausführen, um auf c1 oder e1 umzuwandeln, dafür aber reichen die schwarzen Schläge nicht aus. Allerdings muss er schon, um vom Brett verschwinden zu können, schlagfrei auf a1 umgewandelt haben.

Um die Stellung nun aufzulösen, muss Weiß zunächst [Dd8] und [Lc8] entschlagen, damit sie nach Hause zurückkehren können, bevor sich dann (nach b7-b6) sLa7 entwandeln kann. Damit sehen wir schon, dass die beiden Entschläge nicht auf g3 und f3 erfolgen konnten, denn dann könnte sich sLa7 nicht mehr entwandeln. Also wurde [Lc8] auf b3 entschlagen, [Dd8] auf g3.

Das wiederum bedeutet, dass bereits vorher [Ba7] auf a1 entwandelt haben muss und mindestens bis a3 zurückgegangen ist. Und dieser entwandelte Stein muss [Ta8] oder [Th8] sein, andere stehen nicht zur Verfügung, da ein Springer a1 nicht hätte verlassen können.

Also eine Lösung für das Hilfsmatt: ist Ta8 der UW-Turm, dann die Lösung mit kurzer Rochade, ist Th8 hingegen der UW-Turm, dann die mit langer Rochade?

Das ist richtig – aber nur die halbe Wahrheit, denn wir können bestimmen, welcher Turm umgewandelt hat (natürlich immer unter Berücksichtigung, dass der andere sich nicht bewegt hat wegen des Rochaderechts)!

Nehmen wir an, Th8 sei der Umwandlungs-Turm. Dann haben wir etwa folgende Rücknahme-Zugfolge: f2xDg3, Dg3-d8, Th8-a1, a2-a1=T, a3-a2, a2xLb3, Lb3-c8, b7-b6, La7-e1, e2-e1=L, e3-e2. Nun kann Weiß erst e2xTf3 zurücknehmen, wenn all seine Türme und Läufer sowie seine Dame entschlagen worden sind, weil mit diesem Entschlag ja sonst noch nicht heimgekehrte weiße Langschritter für immer und ewig ausgesperrt blieben.

Dies geschieht durch die fünf schwarzen Bauernschläge, und danach steht sBd5 wieder auf f7 und sBe3 auf h6 (oder h7). Nun aber kann der auf f3 zu entschlagende Turm nicht mehr heim – illegale Stellung!

Also ist Ta8 der Umwandlungsturm, denn Schwarz kann den a-Bauern ja irgendwo zwischen a3 und a5 parken, bis dann nach exTf3 dieser Turm wieder nach a8 zurückgekehrt ist.

Und damit haben wir genau eine Lösung unseres Hilfsmatts:

Nicht 1.OOO? Sc5 2.Lb8 Sxe7#, sondern 1.OO Sg5 2.Sh8 Se7#.

Besonders trickreich für ein Lösungsturnier ist natürlich die „zweistufige“ Retro-Argumentation: Mancher mag zufrieden gewesen sein zu zeigen, dass einer der beiden sT durch Umwandlung entstanden sein muss. Dann noch weiter zu forschen, ob vielleicht genau der UW-Turm bestimmt werden könne, ist dann gerade unter dem Zeitdruck nicht selbstverständlich.

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