Retro der Woche 35/2016

Bereits im letzten Retro der Woche hatte ich ein Stück von Kostas Prentos vorgestellt – heute schon wieder? Nun, der Grund ist ganz einfach; Kostas feiert heute seinen 50. Geburtstag; ganz herzliche Glückwünsche an ihn.

Kostas wurde in Thessaloniki geboren, wo er auch Wirtschaftswissenschaften studierte. 2011 wanderte er in die USA aus. Er ist Retro-Sachbearbeiter von StrateGems und vielfache Titelträger: FIDE-Meister im Partieschach und der Schachkomposition, internationaler Lösemeister und internationaler (Retro-)Preisrichter.

Er hatte schon sehr jung angefangen zu komponieren, dann aber eine längere Pause eingelegt. Eine seiner frühen Beweispartien nach dieser Pause möchte ich heute vorstellen.

Kostas Prentos
StrateGems 2002, 1.-2. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 17 Zügen (15+13)

 

Betrachten wir zunächst einmal, welche Steine fehlen: Bei Weiß ist das die Dame, bei Schwarz der a- und f-Bauer sowie Lc8. Der Läufer ist natürlich besonders auffällig, da er zu Hause geschlagen werden musste.

Zählen wir die weißen Züge, so sehen wir im Diagramm 4+0+0+3+3=10 – auf den ersten Blick nicht sonderlich hilfreich, da ja noch sieben Züge frei sind. Dennoch können wir hieraus schon den Schluss ziehen, dass Lc8 von der weißen Dame, die, wie wir ja direkt sehen, anschließend auf d6 starb, geschlagen werden musste: Ein Springer hätte, um diesen Schlag auszuführen und wieder nach Hause zu springen, mindestens acht Züge benötigt; die aber stehen ihm nicht zur Verfügung.

Die weiße Dame konnte allerdings das Schlagen auf c8 und das eigene Opfer in sieben Zügen schaffen. Das ginge etwa auf folgende Weise: Dd1-a4(x)a7-a/b8xLc8-a8-a3/6-d6. Daraus können wir schon ein paar Schlussfolgerungen für das schwarze Spiel ziehen: sb8 muss gezogen haben, um die Dame in die schwarze Stellung hinein und auch wieder heraus zu lassen. Und auch Ta8 muss gezogen haben, denn zumindest das Verlassen der schwarzen Stellung musste über a8 erfolgen, ansonsten könnte die Dame nicht in sieben Zügen ihren kompletten Job erfüllen.

Weiter sehen wir schon, dass die Damen-Aktion im Lösungsverlauf relativ früh erfolgen muss, denn erst sBe7xDd6 öffnet den schwarzen Königsflügel, sodass Lf8 und Ke8 ziehen können.

Bei Schwarz ist das Zählen der erforderlichen Züge deutlich schwieriger als eben bei Weiß: Das liegt daran, dass Schwarz einige Freiheiten zu haben scheint.

Folgende Mindest-Züge können wir sehen: 3+2+2+2+5+2=16 oder, bei schwarzer Rochade, 2+2+3+2+5+2=16 – egal, beide Male bleibt ein schwarzer Zug noch frei. Beim Zählen habe ich schon berücksichtigt, dass sowohl Ta8 als auch Sb8 gezogen haben müssen.

Wann und wo kann Schwarz nun den noch freien Zug einschieben müssen? Das kann eigentlich nur ziemlich früh erfolgen, während die wD noch auf Raubtour im schwarzen Lager ist, bevor sie sich opfert und damit erst den schwarzen Königsflügel öffnet.

Wenn ihr nun versucht zu lösen, findet ihr sicher recht bald das „Tempoverlust-Manöver“ des Schwarzen?

1.c3 Sa6 2.Da4 Sc5 3.Dxa7 h5 4.Db8 Ta6 5.Dxc8 Tah6 6.Da8 Db8 7.Da6 Da7 8.Dd6 exd6 9.g4 Se7 10.Lg2 Sc6 11.Ld5 Le7 12.f3 OO 13.Kf2 Ta8 14.Ke3 Sb8 15.Kd4 Th8 16.Lxf7+ Kh7 17.Kd5 Ld8.

Ziemlich überraschend, dass Sb8 von g8 stammt, also ein Sibling ist (eine einfache Rückkehr Sb8-c6-b8 würde Konflikte mit zumindest einer der Damen herbeiführen) – und noch überraschender, dass die schwarzen Türme, nur um einen Zug zu verlieren, die Plätze tauschen mussten! Ein sehr hübsches Rätsel, wie ich finde!

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