Retro der Woche 22/2016

Ziemlich unscheinbar kommt das Diagramm unseres heutigen „Retro der Woche“ im ersten Moment daher, und doch werden wir einige subtile Manöver bewundern können.

Satoshi Hashimoto
Probleemblad 2002, 2. Preis
Beweispartie in 19 Zügen (14+15)

 

Das Zählen der offensichtlichen weißen Züge bringt uns offensichtlich noch nicht weiter; nützlicher ist es, die sichtbaren, minimal erforderlichen schwarzen Züge zu zählen. Dort kommen wir auf 2+2+6+3+2+3=18; ein schwarzer Zug ist damit noch frei. Hierbei haben wir schon vorausgesetzt, dass Schwarz zunächst f5, dann exf6 spielt, denn anders würde es einen weiteren Zug erfordern.

Sagt uns dieser schwarze Doppelbauer auf der f-Linie etwas?

Bei Weiß fehlen genau zwei Steine, nämlich [Bd2] und [Be2]; beide können nicht direkt auf der f-Linie geschlagen worden sein. Also muss ein weißer Stein sich dort geopfert haben und dann durch Umwandlung wieder aufs Brett gekommen sein – Pronkin-Thema haben wir schon erkannt. Auch ist diese Reihenfolge erforderlich (erst Schlag, dann Umwandlung, denn anders herum wären die beiden Bauer nicht durchgekommen.

Beide müssen nämlich umgewandelt haben: Weder [Bd2] noch [Be2] konnten direkt geschlagen werden – und wenn wir noch berücksichtigen, dass für den fehlenden schwarzen Springer noch genau ein Zug übrigbleibt, wissen wir auch schon ein wenig, was passiert ist: exXf6, e2-e8=Y, d2-d6xSe7-e8=Z – und damit sind alle schwarzen Züge erklärt.

Wir wissen schon, dass wir einen weißen Pronkin-Stein auf dem Brett haben. Das muss die Dd1 sein, denn ein anderer Stein kann sich nicht auf f6 geopfert haben, um dann durch Umwandlung auf e8 ersetzt zu werden: Für Turm und Springer reicht die Zeit wegen der zweiten weißen Umwandlung nicht, und Läufer scheiden wegen der unterschiedlichen Feldfarbe von f6 und e8 aus.

Nun haben wir aber ein Problem: wenn e8=D erfolgt, steht [Ke8] bereits auf f7 oder g6 – f7 geht nicht, weil er dann wegen des Schachgebots nicht nach g6 käme. Also steht er bereits auf g6, aber dann brauchen wir ein Schild auf f7.

Wer könnte das bilden? Schwarze Steine scheiden aus, da sie keine Zeit für einen Abstecher nach f7 haben, weiße Steine von der ersten Reihe aus demselben Grund.

Also muss diesen Job der zweite weiße Umwandlungsbauer übernehmen. Läufer und Dame scheiden damit aus, bleiben noch Springer und Turm. Beide können in zwei Zügen von e8 nach f7 gelangen – aber sind beide in der Lage, sich dann in zwei Zügen auch noch aktiv zu opfern?

Mit diesen Hinweisen sollte es recht gut gelingen, die Lösung zu finden:

1.d4 f5 2.d5 Kf7 3.Dd4 Kg6 4.Df6+ exf6 5.c3 Lb4 6.d6 Se7 7.dxe7 Dg8 8.e8=T Dc4 9.Te7 Te8 10.Tf7 Te6 11.e4 Tc6 12.e5 d6 13.e6 Sd7 14.e7 Sb6 15.e8=D Ld7 16.De2 Te8 17.Tf8 Te3 18.Te8 Tg3 19.Dd1 Lxe8.

Neben dem Pronkin haben wir weiterhin also einen Umwandlungsturm, der nach einem schlagfreien Rundlauf auf sein Umwandlungsfeld zurückkehrt (Donati-Thema, wobei dafür ein Rundlauf nicht erforderlich ist — und ihr erinnert euch an das letzte Retro der Woche 21/2016?), um dort geschlagen zu werden!

Dabei ist der Rundlauf ausschließlich (man könnte auch sagen: „zweckrein“) motiviert durch den erforderlichen Schachschutz auf f7.

Wenn das kein subtiles Manöver ist, dann weiß ich es nicht…

3 thoughts on “Retro der Woche 22/2016

  1. A very very very good problem! One of the best! After 2 hours I was almost giving up when I finally got the idea of trying Bd2 as shield. But I did not see the Rundlauf at once. Very clever construction. If this was 2nd Prize, then what was 1st Prize?

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